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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf G. Hilscher
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Mit virtuellen
Phänomenen durchaus vertraut, war er als einziger der Patres nicht überrascht
gewesen, als der Avatar buchstäblich aus dem Nichts aufgetaucht war, und sich
wie ein Geschöpf aus Fleisch und Blut zu ihnen gesellt hatte. Zweifellos
handelte es sich um eine immaterielle Projektion von allerdings so
beeindruckender Qualität, dass sich Pater Benedict noch Stunden nach der
Zusammenkunft den Kopf darüber zermartert hatte, wie die Exosphere -Entitäten
dies bewerkstelligt hatten.
     
     
    Der
virtuelle Neuankömmling trug einen himmelblauen Maßanzug zum weißen Hemd, eine
ebenfalls himmelblaue Fliege und eine verspiegelte Sonnenbrille, was ihm die
wenig Vertrauen erweckende Aura eines Bar- oder Casino-Besitzers verlieh. Dazu
passend klang die Stimme, mit der er sich als Pete Rose vorstellte, wie die
eines auf Schurkenrollen spezialisierten HV-Serien-Darstellers.
    Alles
an ihm wirkte wie der komplette Gegenentwurf zum Habitus seiner Gastgeber: die
dandyhafte Kleidung, die Spiegelbrille, die keinerlei Blickkontakt zuließ, und
die Schauspielerstimme. Dennoch hätten die Patres seine äußere Erscheinung als
geschmacklosen Scherz abtun können, wenn die Botschaft nicht so offensichtlich
gewesen wäre: Eure Traditionen, eure Lebensweise und erst recht euer Glaube
sind uns gleichgültig. Von jetzt an bestimmen wir die Regeln …
    „Euer
Gott ist seiner Wege gegangen“, hatte der Himmelblaue folgerichtig anstelle
einer Begrüßung verkündet und herausfordernd in die Runde geschaut. Benedict
hatte die Zurückhaltung der Patres bewundert, die keinerlei Regung zeigten und
es ihrem Abt überließen, auf die Provokation zu reagieren.
    „Das,
lieber Herr Rose, dürfte sich Ihrer Beurteilung entziehen“, hatte Abt Anselm
mit seiner leisen, kultivierten Stimme geantwortet. „Was Sie aber nicht davon
abhalten sollte, uns Ihr Anliegen vorzutragen.“
    „Wir
haben kein Anliegen an euch“, versetzte der Besucher kühl. „Und wir
neigen auch nicht dazu, leichtfertige Behauptungen aufzustellen. Unsere
Recherchen haben zweifelsfrei ergeben, dass euer Schöpfer, dessen vormalige
Existenz wir weder ausschließen noch bestätigen können, seit mehreren Tausend
Standardjahren keinerlei aktiven Einfluss auf diesen Teil des Universums und
die Geschicke der Menschheit genommen hat. Anderslautende Berichte beruhen im
besten Fall auf Irrtümern und Missverständnissen. Das ist im Übrigen kein
Vorwurf an wen auch immer, sondern eine aus unserer Sicht überfällige
Richtigstellung.“
    Die
Mienen der Patres blieben auch angesichts dieses neuerlichen Affronts
undurchdringlich, einzig Abt Anselm gestattete sich ein nachsichtiges Lächeln,
bevor er antwortete: „Das scheint mir eine arg materialistische Sicht der Dinge
zu sein, die zudem einige der wichtigsten Aspekte unseres Glaubens ignoriert.
Ihre Ausführungen, lieber Herr Rose, werden uns also ebenso wenig überzeugen,
wie wir uns Hoffnungen machen dürfen, Sie im Sinne der Grundsätze unseres Ordens
zu bekehren. Deshalb möchte ich vorschlagen, dass wir uns nunmehr dem eigentlichen
Anlass dieser Zusammenkunft zuwenden.“
     „Wie
Ihr wünscht, Euer Gnaden.“ Der Himmelblaue bedachte die Runde mit einem
strahlenden Lächeln, das perlweiße, etwas zu regelmäßige Zähne offenbarte.
„Lassen wir also die Historie einstweilen außen vor und widmen uns dem
Zukünftigen. Auf das Wesentliche reduziert lautet unser Angebot wie folgt: Wir
geben den Menschen einen Gott, dessen Präsenz und Wirken sich auf das Jenseitige
beschränken, mit einem einzigen, aber entscheidenden Unterschied zu den
religiösen Angeboten aller Zeiten, dass unser Jenseits keine Fiktion
sein wird.“
    „Das
ist kein geringer Anspruch, Herr Rose“, erwiderte der Abt mit einem gezwungenen
Lächeln. Abt Anselm war ein kluger, seine Worte sorgsam abwägender Mann, aber
Benedict konnte sehen, welche Überwindung ihn die Antwort kostete. „Und welcher
Art ist dieses nicht-fiktive Jenseits?“
    „Was
wir der Menschheit anbieten, ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als das
von den meisten der alten Religionen versprochene ewige Leben“, erwiderte der
Besucher herablassend. „Ob Ihr den entsprechenden Ort nun als Jenseits,
Paradies, Himmel oder Land der Verheißung bezeichnet, ist im Grunde ohne
Belang. Als Mann des Glaubens sollte Euch allerdings klar sein, dass das
Paradies ohne sein Gegenteil nicht zu haben ist. Folglich muss es eine Instanz
geben, die die notwendigen Entscheidungen trifft – eine

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