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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf G. Hilscher
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Die Gewalt der
Blitzschläge hatte ihre Fragmente über die gesamte Hügelkuppe verteilt. Drei
Kollektoren hatten nach dem letzten verheerenden Unwetter das Weite gesucht,
und vier waren vor Jahren einem riesigen Eisenwaldfräser zum Opfer gefallen,
der aus dem Süden eingewandert war und unter den hiesigen Scheller- und
Makula-Herden gewütet hatte. Bis damals hatte Ninive geglaubt, alle Waldfräser
wären gegen Ende der letzten Magnetzeit mit den Altaeroen und den gigantischer
Mole-Grippern ausgestorben, doch das Auftauchen der Urweltmaschine hatte sie
eines Besseren belehrt. Nach ihrer Zerstörung, die einen zwölf Meter tiefen
Krater in die Westflanke des Hügels sprengte, hatte Ninive ihre Kontrollgänge
durch das Hochland verdoppelt, um zu vermeiden, dass jemand oder etwas noch
einmal unbefugt ins Territorium um den Kollektorhügel eindrang.
Dementsprechend elektrisiert war sie vor einigen Tagen gewesen, als sie auf die
Schleifspur des Metallungetüms gestoßen war. Ihre Entdeckung hatte ihren Jagd-
und Verteidigungsinstinkt geweckt - wenngleich die Ursache sich letztlich als
harmloser, tumber Eisenprotz entpuppt hatte. Was jedoch nicht gleichzeitig für
die geheimnisvolle Signalquelle gelten musste, deren Ruf das seltsame
Genetrix-Tier zurück ins Hochland gefolgt war. Heute waren von den ehemals
dreißig Kollektoren noch siebzehn übrig, von denen fünfzehn zufriedenstellend
arbeiteten.
    Ninive
kontrollierte sämtliche Konglomerat-Kammern, aber wie erwartet hatte keiner der
Kollektoren nennenswerte Mengen von Brennstoff produziert. Der Ertrag würde
Guss zwei, vielleicht drei Tage lang zufrieden stellen, dann würde sein Jammern
und Klagen von vorne beginnen - ein Umstand, der den Marsch ins Hochland und
den Aufstieg auf den Berg kaum noch lohnenswert machte, vom ständigen Ärger mit
Flodd einmal ganz zu schweigen. Am Vernünftigsten wäre es, das gesamte
Kollektorfeld abzubauen und auf einer Hügelkuppe weiter im Süden neu zu
errichten, jenseits der Seen, wo sich mehr Gewitter zusammenbrauten. Die zweite
Möglichkeit war, Guss für ein paar Monate zu entseelen, bis die Trockenzeit
vorüber war.
    „Einen
wunderschönen guten Abend, Dibbid“, grüßte sie den schweigsamen Automaten
schließlich, während sie die Ernte ihres Nachbar-Kollektors einsammelte.
    Stille.
„Du bist doch wohl nicht immer noch beleidigt wegen der Sache mit dem
Nattern-Gelege?“
    Weiterhin
Schweigen. Schließlich knurrte der Kollektor: „Ich verlange eine aufrichtige
Entschuldigung.“ Er überlegte kurz, dann fügte er hinzu: „Und Schmerzensgeld!“
    „Du
sollst keine Radnattern ausbrüten, sondern Plasma konglomerieren“, maßregelte
Ninive den renitenten Apparat.
    „Als
ob bei den mageren Blitzernten der vergangenen Jahre kein Platz mehr in der Kernkammer
übrig gewesen wäre ...“
    „Dann
ist es also wahr?“, fragte hinter ihr eine Stimme, die sie nie zuvor gehört
hatte. „Du sammelst Blitze?“
    Ninives
Herz setzte einen Schlag aus. Reflexartig stieß sich vom Boden ab und rammte
einen Fuß mit Wucht in den Unterleib des Fremden. Der Tritt riss diesen
förmlich aus den Stiefeln. Allerdings nicht, weil er so kraftvoll geführt
worden war, sondern sein Körper sich im Moment ihrer Berührung in einen
Pilz-Cluster verwandelt hatte. Kraftlos stürzte die Masse in sich zusammen und
verteilte sich im Gras. Der massive Tornister, den der Fremde auf den Schultern
getragen hatte, fiel zu Boden und rollte ein paar Meter weit den Hang hinab.
Ehe die Pilze vollständig zur Ruhe gekommen waren, sprang Ninive auf, in
Erwartung einer weiteren Attacke.
    „Spinnst
du?“, riefen Hunderte entsetzter Stimmen wie aus einer Kehle. „Was hab ich dir
getan?“
    „Du
befindest dich in meinem Territorium, das ist allemal Grund genug!“ Ninive sah
sich um, doch der ungebetene Besucher schien allein unterwegs zu sein. Mit dem
Fuß tastete sie seine zu Boden gesunkene Kleidung ab, stieß jedoch auf keine
Waffen. „Hast du einen Namen?“ Sie stieß den Pilzhaufen mit der Fußspitze an.
„Sag schon, wie heißt du?“
    „Aris“,
antwortete dieser im Chor. Und nach kurzem Schweigen fügte er hinzu: „Der
Dynamo-Senat hatte Recht: du bist gemeingefährlich und völlig verrückt!“
    „Das
hier ist mein Land“, stellte Ninive klar. „Hier kann ich tun und lassen, was
ich will, ob dir und dem Senat das passt oder nicht.“ Sie öffnete Aris’
Tornister und kippte den Inhalt ins Gras. Er enthielt seltsame Dinge, aber
nichts davon sah

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