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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf G. Hilscher
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gefährlich oder beseelt aus.
    „Was
ist das?“, fragte Ninive und hielt einen Gegenstand mit einem beweglichen
Zeiger in die Höhe.
    „Ein
Kreiselkompass.“
    „Und
das?“
    „Wonach
sieht’s denn aus?“
    „Nach
einem wirren Schnittmusterbogen.“
    Ein
Teil der Pilze stieß ein leises Seufzen aus. „Es ist eine topografische Karte“,
erklärte Aris. „Sie zeigt die Bannmauer und die umliegenden Ländereien im
Maßstab 1:50.000. Hättest du jetzt vielleicht die Güte, mich wieder zurück zu
verwandeln?“
    „Gib’s
auf“, raunte Dibbit ihm zu. „Ich war früher ein Mikroklima-Inkubator, und mich
hat sie bis heute nicht zurückverwandelt.“
    „Halt
die Klappe!“, herrschte Ninive ihn an. „Sonst kappe ich dein Erdungskabel, und
du schmorst beim nächsten Blitzschlag im eigenen Saft.“
    „Wär
ja nicht das erste Mal ...“, brummte der Kollektor.
    „Du
meinst, ich kann hier sehen, wie es auf der anderen Seite der Bannmauer
aussieht?“, fragte sie an die Pilze gewandt.
    „Wie
es dort einst aussah “, betonte Aris. „Vor Jahrhunderten, vielleicht
sogar vor Jahrtausenden. Was du in den Händen hältst, ist nur eine Kopie. Das
Original ist längst verrottet.“
    „Wie
liest man so eine topografische Karte?“
    „Die
vielen verschnörkelten Wellen sind Höhenlinien und kennzeichnen Berge und
Täler, die blauen Bänder und Flächen sind Flüsse und Seen. Den Rest erkläre ich
dir, nachdem du mich zurückverwandelt hast.“
    Ninive
musterte den Pilzhaufen. „Na schön“, sagte sie schließlich und beugte sich zu
ihm herab. „Aber keine faulen Tricks, sonst verfüttere ich dich an die
Kollektoren.“
    „Pfui
Deibel ...“, kam es aus dem Nebel.
    „Halt
still, sonst hast du womöglich Füße statt Ohren“, mahnte sie Aris, als ein Teil
der Pilze vor ihrer Hand zurückwich. Augenblicke später lag er mit verkniffenem
Gesicht vor Ninive im Gras. Sein Körper war schlank und sehnig, und seine Haut
so hell, als hätte er sich Zeit seines Lebens vor der Sonne versteckt. Am
auffälligsten an ihm war, dass er - von dunkelblonden Augenbrauen einmal
abgesehen - keine Haare hatte. Vom kühlen Wind auf seiner Haut animiert,
öffnete er zuerst das linke Auge, dann das rechte und musterte seinen Körper.
Schließlich erhob er sich vorsichtig, als würde er der neuerlichen Verwandlung
nicht trauen, und begann sich wieder anzuziehen, wobei sein Blick auf einen vom
Gras fast verdeckten Pilz fiel. Aris hob ihn auf und sah sich erschrocken um.
„Hier, schau dir das an!“, sagte er zu Ninive. „Das gehört auch noch zu mir!
Ich bin nicht vollständig.“ Er tastete sich hektisch ab. „Verdammt, du hast
nicht alles zurückverwandelt. Irgendwo fehlt jetzt irgendwas!“
    „Ich
sagte doch, halt still ...“
    Aris
schenkte ihr einen giftigen Blick, dann begann er auch die restlichen Pilze
aufzusammeln. „Und was mach ich jetzt damit?“
    „Aufessen.
Was drin ist, ist drin. Also, was hast du hier zu suchen?“
    „Ich
bin auf dem Weg zu den Seen.“
    „Hier
oben in den Wolken wirst du sie wohl kaum finden.“
    Aris
hob enerviert eine Augenbraue, behielt einen Kommentar jedoch für sich.
Stattdessen las er seine Habseligkeiten auf und verstaute sie wieder in seinem
Tornister. „Ich benötige deinen Rat“, erklärte er, als er damit fertig war.
„Oder besser gesagt: deine Erfahrungen. Von allen Wandlern bis du die einzige,
die in unmittelbarer Nähe der Bannmauer lebt.“
    „Und
was hat das mit den Kollektoren zu tun?“
    „Es
heißt, du könntest Blitze sammeln.“
    „Das
ist Blödsinn. Die Kollektoren speichern lediglich ihre Energie und
transformieren ihr Plasma in Brennstoff.“ Sie bedachte den Fremden mit einem
mahnenden Blick „Letzte Chance: Was suchst du hier?“
    Aris
seufzte schwer, dann sagte er: „Der Senat schickt mich, um den Wahrheitsgehalt
der Barna-Chroniken zu prüfen.“
    „Wer
oder was ist Barna?“
    „Der
erste Wandler“, erklärte Aris. „Leider wurde sein Name nicht vollständig
überliefert. ‚P. L. Barna’ ist alles, was uns von ihm bekannt ist. Es heißt, er
wäre ein Überlebender der Alten Welt gewesen und stammte aus dem Land hinter
der Mauer. Von dort kam er mit einer Art Gefährt auf unsere Seite, das in den
Chroniken Receptaculum genannt wird. Barna selbst bezeichnet die Mauer
als Aeternitas-Wall . Womöglich war dies der Name ihres Architekten oder
eines hohen Würdenträgers, dem zu Ehren sie einst errichtet wurde. In den
Chroniken steht, Barna hätte in ihrem

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