Nova
entgegen der Vorschrift. Sportlichen Ausgleich nannte er das.
Die Zeit war verstrichen, er mußte sich bald melden.
Gansu Thar Hu schloß die Augen und bemühte sich, ein originalgetreues Bild des Strandes von Haiti nachzuempfinden, wo er vor einem Jahr Turana kennengelernt hatte. Die Vision des palmenbesetzten Strandes mit seinen schaumigblauen Wellen mißlang ihm vollständig. Statt dessen drängte sich der nackte, braungebrannte Körper einer langhaarigen Frau in seine Gedanken. Mit leichtem Schauer hörte er ihr Stöhnen, fühlte die leidenschaftlichen Bewegungen ihres Körpers und die Finger, die sich tief in seinen Rücken gruben und lange Spuren hinterließen.
Er hatte ihr versprochen, die Fliegerei aufzugeben und auf der Erde zu bleiben. Es hatte ihm nicht leid getan, obwohl er noch Tage zuvor einen solchen Gedanken entrüstet von sich geworfen hätte.
Gansu erkannte sich selbst nicht mehr seit dieser Zeit. Er wußte, daß Turana nicht allein bleiben würde in den zwei Jahren, doch er war sich dessen gewiß, daß er, zurückgekehrt, sie an seiner Seite haben würde.
Die Frist ist überschritten, stellte er fest. Merner mußte sich jetzt per Funk melden. Aber der Leuchtbalken blieb starr und zitterte nicht. Das bedeutete, daß sein Freund sich noch hinter der Horizontalen befand. Dabei hätte er längst in Sicht sein müssen.
Unruhe beschlich Gansu. Merner wollte nur die Nucleobatterien auswechseln und sofort zurückkehren. Wenn er ihm nun mit dem Fahrzeug entgegenfuhr?
Nein, Eleven würde ihn auslachen. Das wollte er nicht riskieren. Fünfzehn Minuten, sagte er sich, werde ich warten, dann ist er bestimmt zu sehen.
Aber die Viertelstunde verstrich, ohne daß Eleven Merner aufgetaucht wäre. Wenn ihm etwas passiert ist, hat er noch die Signalraketen, überlegte Gansu. Sicher hält ihn nur Belangloses auf…
In diesem Moment erstrahlte über dem Horizont ein gleißender, kreisrunder Fleck.
Das kann es nicht geben, durchfuhr es Gansu. Das Notsignal, verdammt, aber warum?
Es kam ihm nicht in den Sinn, daß sein Freund verunglückt sein könnte. Dieser große, kräftige, vor Gesundheit strotzende Mann, der bei jeder Gelegenheit die Trainingsgeräte strapazierte, keinen Kulturistikkurs ausließ und die besten physiologischen Kontrollwerte besaß – unmöglich. Bestimmt war eine der Baken zerstört.
Trotzdem stand er hastig auf, voller Unruhe, verließ die Astrozentrale und lief zur Schleuse. Mit raschen Handgriffen zog er sich den Anzug über. Er trat vor Ungeduld von einem Bein aufs andere, bis der Druckausgleich vollzogen und die Schleuse luftleer war. Er riß den Hebel herunter. Das Schott schwang nach außen auf und gab den Weg frei zu dem flachen Wagen.
Gansu sprang mit einem Satz in die offene Kanzel und zündete bereits alle Motoren, bevor das Dach sich geschlossen hatte. Ruckartig wurde das Fahrzeug aus dem Schiff geschleudert, sackte auf dem Prallfeld durch und berührte knirschend den Boden. Die Ketten mahlten schwer durch die Steinwüste, zerrieben Gestein, wirbelten Staub auf.
Gansu wußte, an welcher Stelle die Tetro-Baken standen, und steuerte manuell nach Gefühl. Eigentlich hätte er vorher programmieren müssen, aber das dauerte ihm zu lange. Mit der Höchstgeschwindigkeit von dreißig Kilometern in der Stunde trieb er das Fahrzeug über die Oberfläche des Hyperion, geschickt allen Felsnadeln ausweichend.
Er ärgerte sich, daß das Fahrzeug nicht schneller fuhr. Immerhin benötigte er fast fünf Minuten bis zur ersten Bake. Nochmals fünf zur nächsten. Und so weiter. Wenn Merner das Signal an der letzten gegeben hatte, brauchte er zwanzig Minuten, wenn die Fahrtstrecke normal blieb.
An der ersten Bake hob er das Fahrzeug auf dem Prallfeld fünfzehn Meter und schaute sich um. Hier war Merner nicht. Also weiter.
Diese Prozedur wiederholte er mehrmals und ging sogar bis zwanzig Meter Höhe. Er fand ihn zwischen der dritten und der vierten Bake.
Eleven Merner lag neben einem breiten Spalt und rührte sich nicht.
Gansu erschrak. Er war so nervös, daß er das Prallfeld mit der Handsteuerung aufhob, anstatt die Automatik wieder einzuschalten.
Das Fahrzeug verlor sofort an Höhe und raste knirschend gegen einen Felsbuckel, stellte sich auf die Nase, rutschte ab und krachte zwischen zwei mächtige Felszacken. Der Aufprall war hart und kam so überraschend, daß Gansu in die Armaturenwand geschleudert wurde. Etwas zerriß mit häßlichem Kreischen, dann zersplitterte der Rasterschirm. Er vernahm noch das
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