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Nova

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Titel: Nova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Kober
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würde, um das Zusammentreffen mit Velena ein wenig hinauszuzögern. Jeder Schritt bis zu ihrer Tür bedeutete für ihn ein Stück Selbstaufgabe; er mußte sich dazu zwingen.
    Einige Zeit noch stand er stumm und steif am selben Fleck.
Es ändert ja doch nichts, dachte er dann, und wenn ich bis morgen hier bleibe, muß ich übermorgen hinauf. Sie wartet auf mich, weil sie die Geschichte von Normen hören will… und ich habe es versprochen.
In Gedanken verfluchte er seine Zusage.
Dangisweyo setzte sich in Bewegung, erst langsam, schließlich schritt er kräftig aus. Als er die Treppen hinaufstieg, wurde sein Tempo wieder verhaltener. Die vielen Stufen ermüdeten ihn trotz der Anstrengung nicht. Im Gegenteil – sie vermittelten ihm einen unbekannten, selbstquälerischen Reiz, den er auskostete. Dabei brauchte er nicht zu denken, konnte sich gehenlassen.
Endlich stand er vor der Tür. Er zögerte einen Moment, dann drückte er entschlossen auf die Ruftaste.
Er versuchte ein Lächeln.
Velena öffnete.
»Komm herein, ich habe auf dich gewartet«, sagte sie mit heller, fast heiterer Stimme, aber er täuschte sich wohl. »Ich habe lange auf dich gewartet.«
Er stand einige Sekunden in der summenden Reinigungsautomatik für die Schuhe, dann ging er hinter ihr auf dem flauschigen Flor ins Zimmer.
Ihr Kleid schimmerte samtig violett, schmiegte sich den Bewegungen an und bildete mit ihrem langen, bis zur Hüfte reichenden Haar jene ihm bekannte, geheimnisvolle Welle, die Anmut und Energie zugleich ausstrahlte.
Sie duftete.
Dangisweyo versuchte vergeblich, sich an ihr Lieblingsparfüm zu erinnern.
»Setz dich, ich bereite uns einen Tee, oder möchtest du lieber Kaffee?«
»Ehrlich gesagt, ein Skotch wäre mir lieber. Ein kleiner mit viel Eis«, erwiderte er.
»Ich trinke keinen Alkohol, Gyrl, hast du das schon vergessen?« sagte sie mit einem Lächeln, das nicht fröhlich wirkte; eher verkrampft. Diesmal sah er es genau.
»Verzeih, ich habe es tatsächlich vergessen. Wir haben uns eben lange nicht gesehen, Velena.«
Ihr Lächeln verschwand nicht, nur die Falten um ihre Mundwinkel verstärkten sich.
Er wußte, was sie jetzt dachte. Er war nie sonderlich aufmerksam zu ihr gewesen, hatte sich nie Mühe gegeben, sie zu verstehen, und so die entscheidenden Augenblicke ihres Zusammenlebens verpaßt. Als hätte er die Hinweiszeichen nicht bemerkt, die auf seinem Weg standen, groß und unübersehbar. Velena hatte ihm Oberflächlichkeit vorgeworfen, als sie sich von ihm trennte und zu Normen Larmont zog, bei dem sie die Zärtlichkeit fand, die sie bei ihm vermißt hatte.
Vorbei.
»Dann trinke ich deinen Tee mit.«
Als sie mit dem Tablett das Zimmer betrat, starrte er unwillkürlich auf ihren Oberkörper, dessen Formen sich deutlich unter dem Kleid abzeichneten.
    Sie bemerkte seinen begehrlichen Blick und verharrte. Auf ihrem Hals zeichneten sich rasch zwei kleine hellrosa Flecken ab.
    »Das ist nicht fair«, sagte sie.
Dangisweyo wandte sich ab und biß sich auf die Lippen. Schweigend tranken sie den noch brühendheißen Tee. Er
hatte sich zurückgelehnt und beschäftigte sich mit den beiden Gewürznelken, die in seinem Glas schwammen.
     
»Zieh es nicht in die Länge, Gyrl. Fang an zu erzählen. Bitte«, sagte sie plötzlich leise.
    Dangisweyo schrak empor.
»Ja, gut«, erwiderte er, verfiel aber sofort wieder in Schweigen. Er wußte nicht, wie er beginnen sollte. Mit ihrer Trennung und seinem Haß auf Larmont? Oder dem Flug der Romulus? Oder erst von den Araern berichten? Und wie konnte er alles so formulieren, um es darzustellen, wie er es sah? Feinfühlig, um sie nicht zu verletzen, sondern sie gleichzeitig zu trösten… Auch die Geschichte hatte er viele Male in Gedanken zusammengebaut. Nun war alles wie weggeblasen.
»Ich kenne den Verlauf eurer Expedition aus den öffentlichen Bulletins. Erzähl mir von ihm .«
Von ihm, dachte er verbittert, obwohl er sie verstand. Normen Larmont war nicht zurückgekehrt. Er war tot. Und Velena hatte in ihrer Liebe zu Larmont sicher ein Recht darauf, alles zu erfahren.
Warum hat sie mich gebeten, fragte er sich, weshalb nicht einen anderen. Sie weiß, daß Larmont zwischen ihr und mir gestanden hat und wie sehr es mich gekränkt hat, daß sie zu ihm gegangen ist. Hätte ich nur nicht zugesagt…
»Glaub mir, Velena, es tut mir leid, was geschehen ist. Wir alle haben um Normen und die anderen getrauert, und ich…«
»Nein«, unterbrach sie ihn schroff und setzte die Tasse klirrend auf den

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