Nova
konnten.«
»Habt ihr nicht auf der Nachtseite gebaut?« warf Velena ein.
»Das ist richtig. Anfangs flogen drei Gleiter, später gelang es Normen, die Araer davon zu überzeugen, daß sie alle sofort wandern mußten. Du kannst dir die Schwierigkeiten nicht vorstellen. Mit den Fluggeräten hätten wir es nie geschafft. Aber von der Tag- zur Nachtseite erstreckte sich ein schmaler Fluß, der dort vergletscherte. Den benutzten wir.«
7
Nach den Berechnungen des Computers hätte der Eingangsstollen mit mindestens vierzig Prozent Gefälle in die Tiefe getrieben werden müssen, um eine optimale Stützwirkung zu erzielen, nur ließ das der Abraumtransport nicht zu.
Der mit Windungen versehene Stollen sollte eine Länge von vier Kilometern erhalten, bis er auf die Hauptenklaven traf, und sich dort in viele Höhlen und Gänge verzweigen, die von den Araern auch nach der Katastrophe erweitert werden konnten. Das bedeutete eine Schuttbewältigung von einigen Millionen Kubikmetern.
Die Romulus verlegte ihren Standort. So konnte der erste Annihilator bereits nach zwei Wochen eingesetzt werden. Jeder Energiewurf vergaste in Sekunden gewaltige Mengen Gestein. Den Menschen war das Arbeiten im Hauptvortriebstunnel nur mit Hilfe der schweren Skaphander möglich, da die langsam abziehenden heißen Gase die freie Bewegung verhinderten.
Gesprengt wurde in den seltensten Fällen. Dann griffen Tausende rissiger, blutiger Hände zu, den Schutt hinauszuschaffen. Währenddessen versuchten die Biologen, Pflanzen auszuwählen, die auch unter der Oberfläche gedeihen würden, um dürftige Nahrung zu liefern. An ein systematisches Forschen war unter solchen Umständen nicht zu denken. Die Wissenschaftler waren auf Zufälle angewiesen und auf die Hoffnung, die richtigen Funde zu machen.
Nach Larmonts Vorschlag sollten alle Hydroponiktanks und Synthetisatoren der Romulus die Nahrungsmittelproduktion unterstützen. Maschinen, die achthundert bis tausend Menschen beliefern konnten, nicht aber fünfzehn- bis zwanzigtausend.
»Normen gebärdete sich wie ein Verrückter, weil Myrhel, einer unserer Biogenetiker, mit seinen Zuchtpilzen nicht weiterkam. Myrhel hatte geglaubt, ein auf der Oberfläche schnell wucherndes Pilzgeflecht durch Mutation zu einer neuen Ernährungsgrundlage der Araer zu machen. Aber in so kurzer Zeitspanne…«
Velena sah ihn ohne Reaktion an.
»Wir begriffen erst nach und nach, was Normens Vorschlag wirklich bedeutete. Auch ich habe im ersten Augenblick nur die unterplanetare Anlage gesehen.« Dangisweyo lachte kurz und hart auf. »Ich hätte nicht geglaubt, wie rasch die Annihilatoren Platz schaffen können. Draußen im Raum, wenn ein Meteorit vernichtet wird, da glüht für Sekunden eine Wolke auf, dann ist alles vorbei – aber unter der Planetenoberfläche…« Er stieß bedeutungsvoll die Luft aus.
»Der Bunker erwies sich als das einfachste Problem. Was folgte, war viel schwieriger. Um überleben zu können, benötigten die Araer ihnen unbekanntes Wissen. Auch solches, dessen Ursache-Wirkung-Verhältnis noch unverständlich bleiben mußte. Zum Beispiel die Auswirkungen der Radioaktivität. Wir lehrten sie, wie die Sauerstoffumwälzung funktioniert und wie man die Maschine füttert. Oder wie der nach unten geschaffte Mutterboden mit natürlichen Fäkalien gedüngt wird. Und daß sie kein Feuer benutzen durften, um der Luft nicht zusätzlich Sauerstoff zu entziehen. Sie hätten alles roh essen müssen… ach, und vieles mehr…« Der Gedanke an die Schwierigkeiten auf dem Planeten trieb Dangisweyo nachträglich Schweiß in die Stirn.
»Wir versuchten über Nacht eine jahrtausendealte Zivilisation von Grund auf zu ändern. Aber je mehr Details wir lösten, desto größer wurden unsere Probleme, und immer deutlicher erkannten wir, daß alle unsere Anstrengungen umsonst sein mußten. So, als hätten wir nichts getan und wären einfach abgeflogen. Die Zeit war zu kurz. Der Computer sah das ganz simpel: Von einer bestimmten Novulastärke an waren alle Überlebenschancen gleich Null. Nicht zu reden von einer Nova.«
»Hättest du die Entscheidung einer Maschine überlassen?« fauchte Velena ihn an. »Nicht ein seelenloser Apparat darf entscheiden. Das können nur Menschen, hörst du? Menschen! Aber nicht solche wie du, die nur an sich denken, herzlos und egoistisch.« Schwer atmend ließ sie sich in den Sessel zurücksinken. »Begreifst du denn nicht, Gyrl? Leben ohne Kampf ist Selbstaufgabe.«
Enttäuscht sah sie ihn
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