Nova
kommt das Fahrzeug, wenige Meter entfernt
von dem Kontromaten, zum Stehen.
Die Kommunikationstafel des Automaten ist erloschen.
Das magische Auge glotzt kalt auf sie herab.
Die Kanzel klappt nach hinten. Sie springen in den Tunnel. Bleierne Stille herrscht im Segment. Sonst gab es regen Betrieb. Ununterbrochen jagten die Bahnen vorbei, zupften Luftwirbel an den Männern. Immer war da ein stetes Raunen, Zischen und Summen. Alle diese gewohnten Geräusche fehlen.
Es ist wie die Ruhe vor dem Sturm. Selbst die endlose Reihe
der Leuchten, die sich weit hinten zu einem Faden vereint,
wirkt nun tot.
Der Kontromat schimmert an einigen Stellen rostig, aber die
Gleitschiene ist sauber und in einwandfreiem Zustand. Jetzt, wo sie angelangt sind, ist die Zeit des Überlegens vorbei. Ihre Bewegungen sehen unkontrolliert aus und hastig,
aber der Anblick täuscht. Jeder Griff sitzt, wenn ihre Hände
fliegen, denn sie kämpfen gegen den Sekundenzeiger. Skysarna löst die Magnetverplombung der Elektronikrückwand. Siles hat den Hydraulikarm ausgefahren und übernimmt die mannsgroße Platte. Garcia überprüft sofort die Sicherungen, kann aber nichts finden. Also müssen sie die einzelnen Mikrotronikeinheiten testen. Nach fünf Minuten stellt er fest, daß mindestens acht Blöcke ausgefallen sind. Weiter
kann er nicht prüfen, dazu reicht die Zeit nicht mehr. Es bleibt nur die Möglichkeit, das schadhafte Gerät gegen
ein neues auszutauschen.
Mit all ihrer Kraft müssen sie den Kontromaten fünfzig Meter weiter in eine Fallkapsel schieben, in der er sich leicht herausnehmen läßt. Schweiß bedeckt ihre Gesichter, hinterläßt
schillernde Spuren.
Sie arbeiten stumm und verbissen, bis der Apparat endlich
mit dumpfem Dröhnen in den Fangschacht fällt.
Mit der Hydraulik hebt ihn Siles heraus und schiebt ihn ein
Stück zur Seite.
Sie benötigen fast zehn Minuten, bis der neue Kontromat
in der Schiene hängt.
Da kommt über den Infocup eine Nachricht, die ihnen
noch mehr Schweiß aus den Poren treibt. Siles schreit sie den
Männern draußen zu.
»Die Seewarte meldet sich. Das Beben wird stärker. Wir haben jetzt Gefahrenklasse drei!«
Sie blicken sich an. Sind da nicht die ersten Erschütterungen
bemerkbar, die durch die Verankerung auf den Tunnel übertragen werden?
»Verdammt«, sagt Garcia in die Stille hinein. »Los, Tempo, damit wir fertig werden.« Ein Geräusch dringt bis zu ihnen. Es ist weit entfernt, kaum hörbar, aber sie begreifen in dersel
ben Sekunde, was es bedeutet.
Garcia will es anfangs nicht wahrhaben, vielleicht irren sie
sich.
»Die schließen die Schleusen!« ruft Bartowski.
»Wer ist denn da verrückt geworden?« fragt Skysarna.
»Wir sind doch noch hier.«
Garcia wird aschfahl. Wie Schuppen fällt es ihm von den
Augen. Niemand weiß, daß die Gruppe weitergefahren ist. Er
hat die Zentrale nicht verständigt, hat es vergessen, weil er mit
den Gedanken woanders war.
Schlagartig begreifen auch die anderen die Situation. Sie
geben Garcia keine Schuld, denn niemand von ihnen hat
daran gedacht.
Sie haben keine Furcht, aber jetzt ist es sicher, daß sie wegen
ihrer Eigenmächtigkeit Schwierigkeiten bekommen werden. Garcia rennt zum Wagen, drängt Siles roh beiseite. Mit
nervösen Fingern drückt er die Ruftaste.
»Hier Arbeitsgruppe zwölf im Segment eintausendvierhundertachtundsiebzig Schleuse neunhundertsiebzehn an Kontrollzentrum. Befinden uns im Sperrgebiet. Reparatur eines
schadhaften Kontromaten noch nicht beendet.«
Es knistert im Empfänger. Dann vernimmt er die erstaunten
Worte: »Was? Wer?« Pause. »Hier Kontrollzentrum… Waas?
Garcia, bist du denn völlig wahnsinnig? Hast du geschlafen,
als ich die Warnung durchgegeben habe? Das gibt ein Nachspiel, darauf kannst du dich verlassen. So leicht kommt ihr diesmal nicht mehr davon. Ihr kehrt sofort um, verstanden? Sofort! Öffnungsprozeß der Schleusen in drei Minuten. Haltet die Verbindung. Jeden Augenblick geht im Ozean der Teufel
los. Die Seewarte meldet schon Stufe zwei.«
Garcia atmet erleichtert auf. Tejadas Geschrei hat ihm wieder
Auftrieb gegeben. Und so ruft er zurück: »Wir benötigen für
die Reparatur noch etwa zwölf Minuten. Solange bleiben wir.« Doch da verändert sich Tejadas Stimme. »Das macht ihr
nicht. Ich gebe dir hiermit die Weisung, alles stehen- und liegenzulassen und sofort zur Schleuse zu fahren.«
Garcia grinst höhnisch. Jetzt verschafft ihm seine Entscheidung Befriedigung, und er bedauert, daß Tejada ihn nicht sehen kann. »In zwölf
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