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Novemberasche

Titel: Novemberasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ausgesagt, dass Leander behauptet habe, Sie am Abend des zehnten November im
Rosenhof
inZimmer 112 getroffen zu haben. Sie sollen unbekleidet gewesen sein, als Sie ihm die Tür öffneten.«
    Walser reagierte nicht.
    »Wäre es nicht am einfachsten, Sie würden alles der Reihe nach erzählen? Wir finden es ohnehin heraus. Also: Wie kam es, dass
     Leander und Sie sich im
Rosenhof
getroffen haben?«
    Walser reagierte noch immer nicht.
    »Herr Walser, parallel zu dieser Befragung findet eine Haussuchung bei Ihnen in Kressbronn statt, Ihr Wagen wird auch untersucht.
     Wenn es etwas zu entdecken gibt   …«
    »Das ist doch alles Quatsch«, fuhr es aus ihm heraus.
    »…   werden wir es finden«, beendete Sommerkorn betont gelassen seinen Satz.
    Wieder Schweigen. Dann seufzte Walser.
    »Das war alles ganz anders«, fing er an. »Das müssen Sie mir glauben. Aber meine Frau darf von alledem nichts erfahren!« Schweiß
     glänzte auf seiner Stirn und auf seiner Nase. Seine Finger, die er vor sich auf der Tischkante liegen hatte, zuckten.
    »Natürlich werden wir im Zuge der Ermittlungen diskret vorgehen. Aber versprechen kann ich Ihnen nichts.«
    »Wenn sie davon erfährt   … Ich wollte mich doch nicht mit Leander Martìn treffen, um Himmels willen, das wäre ja Selbstmord – ein Lehrer, der   …«
    Sommerkorn schwieg und beobachtete den Mann, der vor ihm saß, genau.
    Walser zog ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und fuhr sich über Stirn und Nacken.
    »Angefangen hatte alles vor ein paar Wochen in meiner Stammkneipe, in die ich nach dem Tennis immer gehe. Ich war mit Jan
     da, und eine Frau saß an der Bar und hat zu mir herübergesehen. Irgendwann ist Jan gegangen und ichhabe noch ein Pils getrunken. Als ich mein Bier fast leer hatte, kam die Frau an meinen Tisch und wir sind miteinander ins
     Gespräch gekommen. Wir haben uns danach noch einmal getroffen, auf ein Glas, die Woche drauf.«
    »Wo?«
    »In einer Bar in Lindau.«
    »Wie heißt diese Bar?«
    » Nana.«
    »Und dann?«
    »Dann hat sie mir ein eindeutiges Angebot gemacht   … Sie wollte mich in einem Hotel treffen und hat mir gesagt, ich solle für den zehnten ein Zimmer – die 112 – reservieren
     und sie dort erwarten. Ich kann Ihnen sagen, die Frau war ganz schön   …«
    »Ja?«
    »Scharf   … Sie sagte, sie sei verheiratet und alles müsse sehr diskret sein. Anonym, verstehen Sie?«
    »Wie heißt sie?«
    »Aber das sagte ich Ihnen doch gerade: Alles fand anonym statt. Ich weiß nicht, wie sie heißt.«
    »Aber wenn Sie sich mit ihr getroffen haben, müssen Sie doch wenigstens einen Vornamen haben.«
    Walser seufzte etwas verzweifelt und ungeduldig. »Hab ich aber nicht. Zumindest keinen richtigen. Sie sagte zu mir, ich solle
     sie Tisiphone nennen.«
    »Wie?«
    »Tisiphone. Ja, das war ein bisschen außergewöhnlich, aber das waren die Spielregeln.«
    »Die Spielregeln?«
    »Ja, sie legte gewissermaßen die Regeln fest. Sie sagte, sie suche das Außergewöhnliche. Sie sei offen für alles.«
    »Und da haben Sie sich mit dieser Frau, deren richtigen Namen Sie nicht kannten, über die Sie überhaupt wenig, fast nichts
     wussten, im
Rosenhof
in Bregenz verabredet?«
    »Herrgott nochmal! Nun tun Sie doch nicht so naiv, schließlich sind Sie Polizist, da wissen Sie doch, wie so etwas funktioniert.
     Schlagen Sie mal die Zeitung auf, schauen Sie ins Internet. Die Welt ist voll von   …« Walser verstummte abrupt.
    »Ja?«
    »Na ja, die Leute suchen den Kick, und diese anonymen Sexanzeigen sind eine Möglichkeit, sich das zu holen, was man will.«
     Walsers Gesicht hatte wieder eine unnatürlich rote Färbung angenommen, seine Ohren leuchteten.
    »Wie gesagt: Sie wusste, was sie wollte. Sie sah umwerfend aus – und ich wollte es auch. Sie hat mir genaue Instruktionen
     gegeben, wie sie es sich vorstellte, was ich vorher besorgen sollte, wie ich sie empfangen sollte.«
    »Und dann?«
    »Ich habe die Zimmertür aufgemacht, und Leander Martìn stand vor mir.«
    »Wie sah die Frau aus?«
    »Langes rotes Haar. Grüne Augen. Fein geschnittenes Gesicht. Mittelgroß, würde ich sagen.«
    »Alter?«
    »Vielleicht dreißig? Sie war sehr schön.«
     
    »Der glaubt doch nicht im Ernst, dass wir ihm das abkaufen?«, sagte Barbara eine Stunde später, nachdem sie sich die Aufzeichnung
     angehört hatte.
    Sommerkorn betrachtete schweigend die Kritzeleien auf seinem Notizzettel. Er dachte, dass die Geschichte sich so abenteuerlich
     anhörte, dass sie fast

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