Novembermond
um, konnte aber den Auslöser nicht e r kennen. Dann machte ich etwas Dunkles aus, spürte es mehr, als ich es sah. Es kroch über den Boden, mir entgegen. Es besaß keine feste Konsi s tenz und umfloss mich wie Wasser, und dann war da plötzlich – ein Etwas, das ich schon kannte, dem ich schon einmal begegnet war . Damals, an Christians Krankenbett, als ich ihn b e rührt e .
Doch ich stand wie gelähmt und wusste, dass ich heute nicht entkommen konnte . Das Dunkle verfestigte sich, baute sich vor mir auf, schien meine Kö r perkonturen zu spiegeln, bekam ein Gesicht, mein Gesicht und Augen. A u gen …
Dann spürte ich einen festen Griff um meine Taille. Ich wurde zurückgeri s sen, flog durch die Luft und rollte über den harten Asphalt. Mein ganzer Körper schmerzte, und ich brauchte einen Moment, bis ich wieder atmen konnte . Wä h rend ich mich auf meine Hände stützte, um aufz ustehen, registrierte ich einen Lichtblitz, dann wurde ich unsanft auf die Beine g e zerrt. Alles war so schnell gegangen, dass ich noch nicht einmal dazu gekommen war , in Panik auszubr e chen. Bis jetzt.
V or mir stand Julian, seine Augen glänzten silbern, und seine Miene zeigte e i nen Ausdruck, den ich seinem höflichen Gesicht nie zugetraut hätte. Ich hatte mich bereits gefragt, ob es etwas gab, das ihn aus dem Konzept bringen konnte . Nun wusste ich die Antwort.
Julian starrte mich ungläubig und zornig an. Er machte keine Anstalten, etwas zu sagen, und während er s ein Schwert in eine Rückenscheide steckte, wischte ich mir über meinen nassen Mantel. Ich war durch eine Pfütze gerollt.
Dämonen. Vampire. J ulian war … Ich versuchte, diesen Gedanken einfach wegzudrängen. Sollte ich Julian erklären, war um ich hier war ? Mein Mund hätte kein vernünftiges Wort hervorgebracht, aber das brauchte ich gar nicht. Noch nicht.
Julian wandte mir plötzlich den Rücken zu, und dann tauchten wie aus dem Nichts weitere Männer und Frauen hinter ihm auf.
Ebenfalls Vampire. Zweifellos.
Ich war erleichtert, dass Julian zwischen uns stand. Auch sie waren sch war z g e kleidet, die meisten in enges und martialisches Leder. Ihre Gesichter unbewegt, die Augen so kalt und glänzend, dass ich anfing zu zittern. Trotzig hob ich mein Gesicht und sah sie der Reihe nach an. Da war die blonde Frau, die ich bereits in der Philharmonie gesehen hatte . Daneben eine andere, klein, kurz- und sch war z haarig. Ihre Gesichter zeigten keine Regung, w irkten wie mit Botox lah m gelegt, und auf weibliche Solidarität würde ich sicher nicht hoffen können. Neben ihnen stand dieser Mann mit den unglaublich langen, sch war zen Haaren, den ich schon i m Club gesehen hatte . Seine Augen glitzerten wie Smaragde.
Ich blieb ruhig. Unheimlich ruhig. Ich würde auch ruhig bleiben, jedenfalls vo r erst. Eigentlich wachse ich sogar durch Angst. Bei mir zeigt sich die Reaktion erst später, wenn der Stress nachgelassen hat. Dann aber um so heftiger, das wu s ste ich.
„Ich übernehme das“, sagte Julian in die Stille. Sein Gesichtsausdruck war r u hig, seine Stimme kühl und klar.
„Kennst du sie? W ie kommt sie hierher?“, wollte der Lan g haarige wissen.
„Sie arbeitet in der Klinik, in der Christian untergebracht war “, erklärte Julian knapp und warf mir einen ärgerlichen Blick zu . „Hast du noch Kontakt zu ihm? W ar er es, der dir … hie r von erzählt hat?“
Nun sahen mich alle an . So , als wäre ich ein Ungeheuer mit sechs Köpfen, was mir ziemlich falsch und unlogisch vorkam. Da ich meiner Stimme nicht tra u te, nickte ich .
Julian sah plötzlich so aus, als hätte er körperliche Schmerzen.
„Wie konnte sie uns finden?“, fragte die Dunkelhaarige. „Ich habe den Umkreis selbst g e schützt.“
„Blutaustausch“, mutmaßte die Blo nde.
„Nein.“ Julians Stimme klang ärgerlich.
„Aber wie …?“
„Ich werde sie be fragen“, meinte der Langhaarige.
„Nein, Jack. Du nicht . Das ist meine Aufgabe. Ich kenne sie aus dem Kranke n haus.“
„Ich möchte mich eb enfalls anbieten. Selbstverständlich nur, wenn du möc h test.“ Der Mann, der das sagte , war klein und korpulent. Er hatte außer halb me i nes Gesichtsfelds gestanden, und neben seinen eindruck s vollen Begleitern wirkte er mit seinem dunklen Lodenmantel wie ein Volksmusiker inmitten einer Roc k band. Oder ein Buchhalter inmitten einer Truppe Rau s schmeißer. Das kommt wohl ganz auf den Blickwinkel an. Jedenfalls war sein Lächeln wohl tuend freun d
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