Novembermond
völlig verrückt gewesen sein. Auch wenn es zwischen uns beiden schwi e rig war . Diese Sex-nach-Termin-Sache, nur weil du unbedingt schwanger we r den wolltest …“
„Thomas!“ Ich fühlte, dass mein Wutpegel rapide anstieg. „Was soll das? Wir haben das alles schon durch. Hast du immer noch nicht g e nug?“
Ich hatte damals unbedingt ein Kind gewollt, aber Thomas zeigte sich alles a n dere als begeistert von der Aussicht, Vater zu werden. Trotzdem wurde ich i r gendwann, als ich die Hoffnung schon aufg egeben hatte , ta t sächlich schwanger. Eines Tages – ich war im fünften Monat – fühlte ich mich nicht wohl und verließ das Krankenhaus schon gegen Mi t tag, um nach Hause zu fahren. Dort erwischte ich Thomas, der einige Tage Nachtdienst hatte und tagsüber daheim war , mit Lissy in unserem Bett.
Sechs Stunden später wachte ich im Bett einer gynäkologischen Klinik auf. Ich hatte das Kind verloren.
Und ich zog zu Franziska.
Thomas hatte immer schon den leichtesten Weg gewählt. Also gab er mir die Schuld an allem. Am Verlust des Kindes, d en er nun plötzlich betrauerte. Weil ich ja zu viel arbeitet e . Und am Scheitern unserer Beziehung . Ich hatte ihn ja för m lich in Lissys Arme getrieben .
Das war eine wirklich schlimme Zeit.
Thomas sah bekümmert aus. „Ich möchte doch nur mit dir reden. Wirklich. Ich vermisse die Gespräche mit dir. Lissy und ich, wir haben rein gar nichts gemei n sam. Und jetzt ist Lissy auch noch schwanger. Obwohl sie immer b e hauptet e , die Pille zu nehmen und keine Kinder zu wollen.“
Schau an. Schneewittchen war zu einer bösen Hexe geworden. Und hielt ihm nun plötzlich selbst den Spiegel vor.
Ich staunte ihn an und wusste nicht, was ich sagen sollte.
„Herzliche n Glückwunsch.“
Das Schicksal traf merkwürdige Entscheidungen. Ich spürte in mich hinein. Da war kein Schmerz. Kein Ärger. Und auch kein Triumph.
„In letzter Zeit musste ich oft an dich denken. Wir waren doch damals glüc k lich. Wenn ich wüsste, dass ich auch nur die kleinste Chance bei dir hätte …“
Wollte Thomas nun auch die schwangere Lissy verlassen? Sie g egen eine and e re, günstigere Option eintauschen? Eine, wie ich es nun wieder zu sein schien? Vermutlich ja. Aber es ging ihm dabei nicht um mich.
Thomas wollte einfach das einzige Kind sein in einer Beziehung. Ein charma n tes, egoistisches und gemeines Kind. Immer selbst im Mittelpunkt stehen. Keine Verantwortung übernehmen. Einem Kind kann man vieles nachsehen. Aber e i nem erwachsenen Mann? W a r um hatte ich das nicht viel früher gemerkt? Und wie konnte ich bloß glaub en , Thomas zu lieben? Ich war immer so sehr damit beschäftigt gewesen, seinen Ansprüchen zu genügen, dass ich eigen t lich nie Zeit fand , darüber nachzudenken, ob er überhaupt meinen e igenen en t sprach.
Plötzlich beugte sich Thomas zu mir und küsste mich. Ich war so überrascht, dass ich einige Sekunden brauchte, bis ich reagieren konnte .
*
Julian stand im Sc hatte n der Bäume, von wo aus er Ellens Auto im Blick hatte .
Er hatte sich wie ein Dieb durch die Dunkelheit geschlichen, und Gott sei Dank gab es dafür keine Zeugen. Voller Hohn verzog er den Mund. Wie hätte er diese Riesendummheit erklären können?
S chon oft musste er gegen den Impuls an kämpf en , Ellen anzurufen . Bisher ha t te seine Vernunft gesiegt, und er konnte wide rst ehen . E in Gespräch hätte ihnen beiden nur Schmerzen zuge fügt. Aber n ach ihrer uner war teten Begegnung in der Philharm o nie vermochte er den Wunsch nicht länger zu bekämpfen, obwohl er sich fragte warum er überhaupt hier stand . Es hatte sich doch nichts geändert. Gr e gor lief immer noch frei herum, und er selbst war alles andere als ein sicherer B e gleiter.
Doch als er Ellen mit energischen Schritten nach draußen kommen sah, spürte er , wie sich sein Inneres vor Freude erwärmte. Zuerst. Bis er den großen und schlaksigen Mann musterte, der neben ihr ging. Ihn prüfte. Und dagegen a n kämpfte, ihn einfach von ihr we g zureißen. Dieser Kerl war ein Geck. E in Poseur. I hrer nicht würdig . Er verdiente nicht, an ihrer Seite zu sei n .
Er sah, wie er Ellen küsste. Abrupt drehte er sich um und zog sich zwischen die Bäume zurück . Dort kämpfte er um seine Beherrschung und wehrte alles ab, was geschah , weil es zu viel S chmerz bedeutete .
Julian durchquerte das Waldstück und ging zu seinem Auto. E ndlich nickte er. Das alles war … gut. Gut und rich tig. Auch wenn es ihm
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