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Novembermond

Novembermond

Titel: Novembermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Heyden
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Pierre hatte es ihm s elbst angeboten . Pie r re war ihm bereits mehr als einmal zu Hilfe gekommen, als die Panik drohte, ihn zu überwä l tig en , während er allein in der Stadt unterwegs war .
    Einmal war es Sex gewesen – das leise Jammern einer Frau und das stereoty pe und rhythmische Grunzen eines Mannes, das er in einer Wohnung hörte, an der er vorbe i g ing . Ein anderes Mal nur Geruchsfetzen, die von Schmutz, Blut und Verwahrlosung zeugten und dafür sorgten, dass sein Verstand vol l kommen au s setzte und nur noc h aus hilfloser Angst b e stand.
    Pierre hatte ihn abgeholt , nach Hause gefahren und niemals Fragen g e stellt, war einfach bei ihm geblieben, bis es ihm besser ging. Allerdings musste er seine Hilfe schon lange nicht mehr in Anspruch nehmen. Und … brauchte er sie übe r haupt? Brauchte er Pierre jetzt wirklich? Wenn er statt dessen herausfinden konnte , wo sich die „ Familie “ versteckt hielt, wo in Be r lin sie Unterschlupf gefunden hatte ? Dann könnte die Gemeinschaft ihr Nest au s heben und es wäre endlich vorbei, ihre Herrschaft des Schreckens für immer ausgelöscht. Nie wieder würden Me n schen und Vampire unter ihnen leiden mü ssen , s ich sein eigenes Schicksal wi e derholen.
    Paul würde ihn zum Schlupfwinkel der „ Familie “ bringen. Das konnte gar nicht anders sein, denn ihren Mitgliedern war es nicht erlaubt, den Tag außerhalb zu verbringen. Alles, was er tun musste, war , in der Zentrale anzurufen , und ihm heimlich zu folgen.
    Dafür musste er nur stark sein.
    Daniel stand auf, konzentrierte sich , und führte langsam und sorgfältig alle Ve r schleierungen und Verhüllungen durch, die er kannte. Das waren die ersten Schutzzauber, die Pierre ihm beibracht e , und er hatte sie sehr gründlich g e lernt. Sie waren stark genug, um sogar Vampire zu täuschen.
    Na ja, vielleicht nicht un bedingt Pierre oder Julian. Auch bei Gregor hatte er seine Zweifel. Aber für Paul müssten sie reichen, denn d er hatte bestimmt nicht viel Ahnung von Magie – falls Paul überhaupt wusste, dass es so etwas gab. Gr e gor hatte ihm wohl kaum gestattet, sie zu erlernen.
    Daniel tippte entschlossen die Kurzwahl für die Zentrale ein. Nach dem Tel e fonat verließ er das Haus und versuchte, sich zu orientieren. Inzwischen hatte ein unangenehmer Nieselregen ei n gesetzt, und trotz aller Anstrengungen gelang es ihm nicht, Paul aufzuspüren. Kurz geriet er in Panik, dann fühlte er Erleicht e rung, seinen Plan einfach aufg e ben zu können.
    Sofort schalt er sich einen Schwächling und dachte angestrengt nach. E in ganz pragmatischer Gedanke half ihm weiter. Kein Mitglied der „ Familie “ , von Gregor und Martin abgesehen, hatte Zugriff auf ein Auto, oder die Erlaubnis, einen Tax i fahrer unter seine Kontrolle zu bringen. Und da Paul vor Tagesanbruch zurück sein musste und die „ Familie “ nie im Stadtzen t rum wohnte, konnte Paul nur auf dem Weg zur S-Bahn sein, da war er sicher. Also wandte er sich nach links und fiel in einen leichten Trab.
    Endlich spürte er die kühle Essenz von Paul, erst schemenhaft, dann immer dichter. Er näherte sich vorsichtig, versuchte zum ersten Mal, ihn mit den A u gen zu finden. Dort. Paul hatte den S-Bahnhof Hackescher Markt fast erreicht. Daniel erkannte seinen weizenblonden Haarschopf, den kräftigen Oberkörper, der, u n abhängig von Mode oder Jahreszeiten, wie üblich in seiner Jeansjacke steck te. Ne ben ihm ging eine Frau. K lein, brünett. Seine Gefährtin.
    Daniel lief schneller, denn nachdem er seinen Entschluss gefasst hatte , wollte er alles dafür tun, um Paul nicht doch noch zu verlieren. Er rannte vorbei an den Restaurants in den S-Bahn-Bögen, hinein in die alte Backsteinhalle und die St u fen zum Bahnsteig hoch. Er hörte das donnernde Geräusch einer S-Bahn, die in den Bahnhof einfuhr. Der Strom der Passagiere floss in beide Richtungen. Nicht alle hatte n es eilig, und er schob sich rücksicht s los die Treppe nach oben durch die Menge, was ihm einige entrüstete B eschimpfungen einbrachte. Als Daniel en d lich den Bahnsteig erreichte, schwappte ihm eine Welle ausgestiegene r Fahrgäste en t gegen. Der Signalton zum Türschließen ertönte, und die S-Bahn setzte sich in B e wegung.
    Daniel sah sich hektisch um. Dann seufzte er erleichtert. Paul war tete auf dem gegenübe r liegenden Bahnsteig.
    Daniel wandte sich ab, ging um die Treppen herum zu m entgegengesetzten Ende des Bahnsteigs , wobei er versuchte, Paul im Auge zu

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