Novembermond
er recht hatte ? Eigentlich teilte ich seine A n sicht. Wenn wir Christian heute helfen konnte n, sollten wir nicht bis mo r gen war ten.
Kapitel 5
V
or der Tür war tete eine sch war ze Limousine. Julian hielt mir die Wagentür auf . I ch nahm widerspruchslos auf dem Rücksitz Platz.
„Geben Sie mir bitte Ihren Autoschlüssel.“
Ich kramte in meiner Handtasche und gab ihn heraus. Julian reichte ihn weiter an einen Mann, der neben dem Auto war tete , dann lächelte er mich höflich an.
„Nochmals vielen Dank für Ihre Hilfe. Sie können sich jetzt entspannen und ausruhen. Alles ist in Ordnung.“
Ich lauschte seiner zuvorkommenden Stimme, nickte, lehnte mich zurück, schloss die Augen und wunderte mich über mich selbst. Über meine Ruhe und Sanftmütigkeit. Den Kampf mit arroganten und dominanten Männern war ich aus der Klinik gewohnt, und normalerweise ging ich ihm nicht aus dem Weg.
Julian gab noch einige Anweisungen, bevor er sich neben mich setzte. Der W a gen glitt sanft über die nasse Straße, verließ Schwanenwerder und nahm die Z u fahrtsstraße durch den Berliner Forst zur Stadtautobahn. Im Wageninnern roch es nach Leder und Luxus. Weiche Armlehnen teilten den breiten Rücksitz und machten keinen Körperkontakt notwendig. Doch ich war mir seiner A n wesenheit nur zu sehr bewusst, auch wenn er schweigend geradeaus starrte und mich ign o rierte. Er sah müde aus und überarbeitet. Vom Herumscheuchen seiner Ang e stellten, vermutete ich . Mein Mitgefühl hielt sich in Grenzen, zumal dieser Kra n kenbesuch seine eigene, blöde Idee war . Worauf hatte ich mich bloß ei n gelassen? Ich betrac h tete verstohlen s ein Profil, das der akkurate Schnitt seiner dunklen Haare noch betont e . Seine halb geschlossenen Augen. Seinen schönen Mund. Nicht zu schmal, nicht zu breit. Wunderschön geschwungen. Perfekt, aber mit einem viel zu strengen Zug.
Verführerisch und abweisend. Widersprüchlich, wie alles an ihm. Und er besaß schöne Hände, mit langen und sensiblen Fingern. Ich starrte sie an und stellte mir vor, dass sie mich berührten. Und wo. Erschr o cken wandte ich mein Gesicht von ihm ab. Was war nur los mit mir? Erst eine Angst- und dann eine Lustattacke? Dann schon lieber Sodbrennen. Ich sollte mich zusammenrei ßen, aber mit me i ner Ruhe war es vorbei. Ich blickte ange strengt aus dem Fenster und ließ die Lichter der Stadta u tobahn an mir vorbeifli e ßen.
Vielleicht hatte Franziska recht, und ich lebte schon viel zu lange enthaltsam. Aber sexuelle Anziehungskraft war nicht alles, und dieser Julian b e stimmt kein Mann, über den ich mir Gedanken machen sollte. Er war viel zu attraktiv, zu arrogant und zu reich. Obendrein kalt und gefühllos wie ein Eisblock, und Ente i sungsspray hatte ich keines dabei.
„Wie ist Christian in die Klinik gelangt?“, nahm er das Gespräch be i läufig auf.
Ich zögerte, sah ihn an und war froh, dass es mir gelang, ohne rot zu werden.
„Die Feuerwehr hat ihn eingeliefert.“ Auf seinen fragenden Blick hin fügte ich hinzu: „Laut Polizeibericht hatte Christian in einer Kneipe randaliert, und ni e mand war in der Lage, ihn zu beruhigen. Weil die Eichenpark-Klinik das nächste Krankenhaus mit einer psychiatrischen Abteilung ist, wurde er dort ei n geliefert.“
„Ich verstehe. Haben Sie oft Patienten wie Christian?“
„Eigentlich nicht.“
„Eigentlich nicht?“ Sein Blick war unergründlich.
„Wir hatte n im Januar und April Patienten mit der gleichen Symptomatik“, e r klärte ich widerstrebend.
„Eine psychiatrische Klinik“, meinte er nachdenklich. „Das ist naheli e gend.“
„Naheliegend? Wieso?“
„Nun, Patienten mit diesen Symptomen in eine solche Klinik zu bringen“, meinte er u n bestimmt. „ Konnte n Sie ihnen helfen?“
„Leider nicht“, sagte ich abweisend.
Er nickte, fragte aber nicht weiter nach.
„Wenn Sie Christian gut kennen, können Sie mir sicher sagen, ob er schon fr ü her eine solche … Krise hatte ?“
„Nein. Jedenfalls ist mir keine bekannt.“
„Es scheint Sie aber nicht im Geringsten zu erstaunen, dass er sich in diesem Zustand befindet?“, bohrte ich nach. Dieser Mann ging mir fürc h terlich auf die Nerven.
Julian hob die Schultern. „Auch wenn ich vielleicht nicht so reagiere, wie Sie es er war ten, Frau Langner. Ich glaube nicht, dass Hausbesuche zu Ihren Routinet ä tigkeiten gehören, deshalb war ich schon durch Ihr Kommen auf das Schlimmste gefasst.“ Er zeigte ein herablassendes
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