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Novembermond

Novembermond

Titel: Novembermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Heyden
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war nur schwach beleuchtet und leer, ebenso das Dienstzimmer. Am Ende des Ganges stand die Tür zu einem Patientenzi m mer offen, von dort hörte ich die gedämpften Stimmen der Nachtwache und des diensthabenden Arztes. Sie hatte n unser Kommen nicht bemerkt. Ich übe r legte, ob ich sie über unseren Besuch informieren sollte. Aber Zimmer 418 lag in der anderen Abzweigung des L-förmigen Flurs, und weil ich das Gefühl hatte , mich unbedingt beeilen zu müssen, entschied ich mich dagegen.
    Julian schwieg , seit wir die Station betreten hatte n, und auch jetzt folgte er mir ohne ein Wort. Ich öffnete die Tür zu Zimmer 418. Christian lag fixiert im Bett und war f sich bewusstlos oder schlafend hin und her.
    Mein Blick wanderte von Christian zu Julian, der ohne zu zögern an sein Bett trat. Er legte ihm die Hand auf die Stirn und betrachtete ihn schwei gend. Diesmal zeigte sein Gesicht keine Besorgnis. Und auch kein Mitgefühl. „Bitte lassen Sie mich einen Moment mit ihm allein.“
    „ War um?“, protestierte ich. „Christian ist nicht ansprechbar, das sehen Sie doch. Da Sie sich jetzt davon überzeugen konnte n, bitte ich Sie zu gehen und morgen wiederzukommen. Die Mitarbeiter unseres Hauses tun, was in ihrer Macht steht.“
    Er zog die Hand zurück und sah mich an. „Frau Langner, bitte vertrauen Sie mir. Verlassen Sie das Zimmer. Sie wissen, dass diese Entscheidung richtig ist.“
    Ich nickte verwirrt. Obwohl ich das Gefühl nicht loswurde , dass hier schon wieder etwas falsch lief, zog ich die Tür hinter mir zu. Im Dienst zimmer besprach der Arzt mit zwei Pflegern die Symptomatik eines neu aufg e nommenen Patie n ten. Sie kamen erst gar nicht auf die Idee, mich zu fragen, w a r um ich hier war . Viel leicht hatte ich in letzter Zeit wirklich zu viele Überstunden gemacht. Ich fühlte mich u n glaublich müde und hatte große Mühe, mich zu konzentrieren. Trotzdem verbrachte ich die nächsten fünfzehn Minuten damit, über die Diagn o se und notwendige Krisenintervention zu beraten. Kurz darauf verließ der Arzt die Station, die beiden Pfleger kehrten zu ihrem Patienten zurück und ich zu me i nem.
    Ich klopfte und öffnete behutsam die Tür. Christian Hartmann war nicht mehr fixiert. Julian saß an seinem Bett, und beide unterhielten sich. Sie unterhie l ten sich tatsächlich .
    Als ich näher kam, unterbrachen sie ihr leises Gespräch. Christian wirkte völlig entkräftet , seine Haare glänzten nass vor Schweiß. Trotzdem ging es ihm einde u tig bes ser, denn er sah mich mit klaren Augen an, und ich fragte mich vergeblich, was während meiner Abwesenheit geschehen war . Julians Gesicht gab nichts preis , aber Christi an schenkte mir trotz seines Zustands ein ju n genhaftes Lächeln. „Es geht mir wieder gut. Richtig gut.“ Seine Stimme klang heiser, als mach t e ihm das Sprechen noch Schwierigkeiten.
    Ich nickte und trat näher. „Das freut mich.“
    „Das Gespräch mit Julian hat mir gutgetan. Ich danke Ihnen, dass Sie ihn g e holt haben.“
    „Christian ist noch sehr schwach und sollte sich jetzt ausruhen.“ Julian stand auf.
    Christian nickte kurz, dann schloss er die Augen.
    „Frau Langner, vielen Dank für Ihre Hilfe. Ohne Sie hätte Christian es sicher nicht g e schafft.“ Julian öffnete die Tür und trat nach mir aus dem Zimmer.
    Ich drehte mich noch einmal nach Christian um, der bereits friedlich zu schl a fen schien. Das war u n glaublich. „Ich gehe noch schnell ins Dienstzimmer und sage dem Nachtdienst Bescheid.“
    „Christian braucht Schlaf. Er sollte jetz t nicht mehr gestört werden.“
    Unsere Blicke trafen sich. Ich nickte zustimmend, und wir gingen schweigend den Gang entlang. Aus dem Dienstzimmer hörte ich die leisen Stimmen der Pfl e ger . Alles war so schnell gegange n , und als die schwere Außentür der Klinik hi n ter mir zu fiel , fühlte ich mich, als jagte ich dem Hier und Jetzt noch immer ve r geblich hinterher.
    Der Fahrer hatte den Wagen gewendet und war tete auf der anderen Straßense i te. Mein kleiner Wagen stand dahinter. Julian hielt mir die Tür zum Rücksitz der Limousine auf. „Wir werden Sie selbstverständlich nach Hause fa h ren.“
    „Das ist nicht notwendig“, protestierte ich.
    „Das ist das Mindeste, was wir für Sie tun können“, widersprach er fast schon liebenswürdig. „Sie sehen sehr müde aus.“
    „Ich möchte nicht, dass Sie sich wegen mir so viele Umstände machen“, meinte ich stur. Gleichzeitig versuchte ich, ein Gähnen zu

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