Novemberrot
Rennen das Ziel erreicht hatte. Steffi antwortete: »Nein noch nicht, aber die Techniker sind eben eingetroffen und arbeiten bereits mit Hochdruck daran. Einer von ihnen rief mich nämlich vor gut fünf Minuten an und sagte mir, dass du mit ihm gesprochen hast.« Fritz beruhigte sich etwas .
» Ich hoffe, wir bekommen die Daten zügig und wenn sich herausstellt dass …«
Hier machte er eine Pause und fuhr nach kurzem Innehalten fort: »Wir brauchen auf jeden Fall noch die öligen Fingerabdrücke von diesem Motorradhändler. Denn ich habe auch erfahren, dass unser umtriebiges Mordopfer mit dessen Frau, unserer Heißen Biker-Braut, mehr oder weniger heimlich herumgemacht hatte.« Diese Idee ihres Kollegen stieß bei Kommissarin Franck auf Unverständnis und sie entgegnete, dass sie den Krause als möglichen Täter doch so gut wie ausgeschlossen hätten. Fritz beharrte jedoch auf seiner Forderung und bekräftige sie, indem er zornig zurückblaffte: »Egal, wir gehen jeder Spur nach. Tu was ich sage!« Steffi antwortete nicht. Stattdessen knallte sie den Telefonhörer auf die Gabel und zischte: »So ein dämlicher Arsch! Soll er doch seinen Scheiß alleine machen!« Dieser verbale Coitus Interruptus zeigte Wirkung beim Kommissar. Im Eifer des Gefechts war er wohl meilenweit über das Ziel hinausgeschossen. Und dabei brauchte doch er die Unterstützung seiner Partnerin, wie ein Fisch das Wasser. Er senkte seinen Kopf und beugte sich, gestützt auf seine Unterarme, über das Dach seines Passats. Er kannte sich selbst nicht wieder und verstand nicht mehr, was derzeit in ihm ablief. Fritz drückte die Wahlwiederholungstaste an seinem Funktelefon … Besetztzeichen. Auch einige weitere Versuche brachten dasselbe ernüchternde Resultat. So blieb der Reumütige für heute auf seiner Entschuldigung sitzen. Die zusätzliche Last des schlechten Gewissens seiner Kollegin gegenüber drückte nun auch noch auf sein ohnehin schon arg gebeuteltes Gemüt .
» Was geht in mir vor? Das bin doch nicht ich!« Wie ein angeknockter Boxer, der nach soeben überstandener Runde, nicht wissend wo oben und unten ist, in seine Ecke zurücktaumelt, stieg Weller in seinen Dienstwagen. Sein Schädel drohte aufgrund des Hin und Her, der Irrungen und Wirrungen der letzten Tage, zu bersten. Was ist überhaupt noch real und was Traum? »Beende es, beende es!« Zu allem Überfluss bohrten sich, bei Wellers kurzer Fahrt zum Kreismüller-Hof, auch wieder diese angsteinflößenden Befehle der unheimlichen Kreaturen aus Tohns Kneipe in sein Hirn .
» Verdammt noch mal, ich versuche es ja, ich versuche es ja!« Sein gellender Antwortschrei der Beschwichtigung ließ die imaginären Stimmen verstummen und Totenstille kehrte ein.
Das gelbe Licht aus der Küche erhellte den nahe am Haus gelegenen Teil des Innenhofes. Dort parkte Fritz nun seinen Dienstwagen unmittelbar neben einem alten, olivgrünen VW Polo .
» Wird wohl Rosis Tochter gehören«, mutmaßte er, denn bislang war ihm die Kiste jedenfalls noch nicht aufgefallen. Er hielt einen Augenblick inne, um seine Gedanken neu zu sortieren, was ihm merklich schwer fiel .
» Jetzt versau die Sache bloß nicht!«, heizte er sich verzweifelt an .
» Was taugt das Alibi der beiden nach Pohlerts niederschmetternder Aussage überhaupt noch?«
Nachdenklich raffte der Kommissar sich auf und stapfte schwerfällig die wenigen Treppenstufen empor zur Haustür. Die Muskulatur seiner Beine ächzte unter der Last der hartnäckigen Erkältung und des kräfteraubenden Arbeitstages. Jeder seiner Atemstöße stieg als Dunst vor seinen Augen auf in den kalten, dunklen Abendhimmel. Weder das leuchtende Antlitz des Mondes, noch der Lichtschein eines einzigen, mickrigen Sternes wurde von der massiven Wolkensuppe am Firmament zur Erde hindurchgelassen.
Wie würde Rosi reagieren, wenn er ihr Tohns Aussage zum Sonntagabend und den Fund des möglichen Mordwerkzeuges präsentierte? In welcher Verfassung fände er ihre Tochter vor? Wie ginge sie mit dem Tode Manfreds um? Ob sie auch so unnahbar, so eiskalt wirkte wie ihre Mutter? Viele Fragen und Befürchtungen durchströmten Wellers Hirn, als er kräftig gegen die Tür pochte.
Lange brauchte er nicht in der Kälte auszuharren. Denn bereits nach wenigen Augenblicken wurde die Lampe im Hausflur angeschaltet und Rosi öffnete sogleich höchstpersönlich. Aus dem Radio in der Küche tönte leise der unverkennbare Jingle der 20 Uhr Nachrichten des hiesigen Radiosenders. Der
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