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Novizin der Liebe

Novizin der Liebe

Titel: Novizin der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CAROL TOWNEND
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des Palisadenwalls, der dazu dienen sollte, fremde Eindringlinge abzuhalten.“ Die letzten beiden Worte trieften vor Gehässigkeit. „Viel hat es ja nicht genützt!“
    „Und das Altarkreuz“, fügte Cecily hinzu. „Auch das hat Vater dem Kloster gestiftet.“ Sie hob den Kopf und erwiderte den zornigen Blick der Priorin. Für eine Frau ihres Standes war es in der Tat beschämend, als völlig mitgiftlos dargestellt zu werden. Es mochte zwar wenig damenhaft von ihr gewesen sein, sich Sir Adam als Gemahlin anzubieten, doch sie würde nicht zulassen, auf diese Weise vor den beiden Männern beschämt zu werden!
    Sir Adam ließ ihr Handgelenk los, stellte sich vor sie und hielt ihre Hand nur noch sacht an den Fingerspitzen fest. „Keine Mitgift, mmh?“, sagte er leise, nur für ihre Ohren bestimmt.
    Cecilys Herz pochte dumpf.
    „Seid ruhig“, murmelte er. Dann ließ er sie los und hob die Hand, so rasch, dass Cecily nicht ahnen konnte, was er beabsichtigte. Geschickt zog er die Nadeln aus ihrem Schleier und ließ ihn zu Boden fallen. Cecily schluckte, reglos vor Verblüffung, denn nie zuvor hatte ein Mann ihre Kleidung auf derart vertrauliche Weise berührt. Brav wie ein Lamm stand sie da und ließ es geschehen, dass flinke Finger den Knoten ihrer Haube lösten und sie wie den Schleier achtlos zu Boden warfen. Dann griff er nach ihrem Zopf, zog ihn nach vorn und legte ihn über ihre Schulter. Cecily spürte, wie ihre Wangen noch heftiger glühten. Sie zitterte, allerdings nicht vor Abscheu, wie sie sich zu ihrer Schande eingestehen musste.
    Mutter Aethelflaeda schnaubte vor Entrüstung, und selbst Sir Richard fühlte sich bemüßigt, einzugreifen. „Also wirklich, Adam …“
    Cecily jedoch hatte nur Augen und Ohren für den Mann, der vor ihr stand – den Mann, dessen Blick just in diesem Moment zärtlich über ihr Haar glitt. Er berührte sie nicht mehr, und doch konnte sie kaum atmen.
    „Keine Mitgift“, wiederholte er sanft, die grünen Augen noch immer auf ihr Haar gerichtet. „Doch hier ist Gold genug für jeden Mann.“
    „Sir Adam!“ Mutter Aethelflaeda stürzte vorwärts. „Genug mit diesen ungehörigen Scherzen! Lasst meine Novizin auf der Stelle los!“
    Ohne den Blick von Cecily abzuwenden, hob er die Hände, um zu zeigen, dass er sie nicht festhielt.
    Einen Augenblick lang empfand Cecily gegen ihren Willen Zuneigung zu ihm – einem bretonischen Ritter, einem Eroberer. Es war ihr unbegreiflich, dass ein Mann von adliger Herkunft eine Frau einzig um ihrer selbst willen wählen könnte. Ein solcher Mann heiratete für gewöhnlich, um seinen Besitz zu mehren.
    Und woher hatte er gewusst, dass sie blond war? Gewiss, viele angelsächsische Mädchen hatten helles Haar, doch längst nicht alle. Während sie ihn aufmerksam betrachtete, huschte ein flüchtiges, ein wenig schiefes Lächeln über sein Gesicht, aber dann trat er einen Schritt zurück – und Cecily konnte wieder atmen.
    Die Priorin verstand sich darauf, derart finster dreinzuschauen, dass selbst der Teufel erschrecken würde, und genau diesen Blick setzte sie nun ein. Diesmal jedoch ließ Cecily sich nicht davon beeindrucken. Sie hatte keine genaue Vorstellung davon, wie es mit ihr weitergehen würde, aber sie las in Adam Wymarks Augen, dass er sie mit nach Fulford nehmen wollte.
    Sie würde nach Hause zurückkehren!
    Nicht nur, dass sie sich dort um ihren kleinen Bruder kümmern konnte, sie würde auch ihr Elternhaus wiedersehen! Der Raum um sie herum verschwamm in wässrigem Blau. Fulford Hall würde nicht dasselbe sein ohne ihre Familie, doch sie würde Gudrun und Wilf wiedersehen, Edmund und Wat … und ob Loki, der alte Windhund ihres Vaters, wohl noch am Leben war? Und ihr Pony Cloud, was war aus ihm geworden?
    Die Sehnsucht danach, abermals in der Halle ihres Vaterhauses zu stehen, frei durch die Wiesen und Wälder zu streifen, in denen sie als Kind mit Emma und Cenwulf gespielt hatte, war mit einem Mal so übermächtig, dass Cecily einen Stich in der Brust verspürte. Sie blinzelte hastig, hoffte, dass der bretonische Ritter und sein Gefährte ihre Schwäche nicht bemerkt hatten, und blieb mit niedergeschlagenen Augen an seiner Seite stehen.
    „Wie schnell seid Ihr zur Abreise bereit?“, fragte er und fügte dann mit einem raschen Blick auf die Priorin hinzu: „Als meine Dolmetscherin.“
    „Aber Sir Adam.“ Mutter Aethelflaeda blickte durch die geöffnete Tür in die Dunkelheit hinaus, die sich auf den Hof gesenkt hatte.

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