Novizin der Liebe
„J…ja. Sir Adam, ich habe mich gefragt, ob es Euch genehm wäre, mich an Emmas Stelle zur Frau zu nehmen.“
Einen Augenblick lang herrschte erschüttertes Schweigen im Raum.
Mutter Aethelflaeda, die vor lauter Empörung vergaß, dass sie angeblich kein Französisch sprach, rührte sich als Erste. „Cecily! Schäm dich!“
Sir Richard lachte schallend.
Den Mund halb geöffnet vor Verblüffung, ließ Adam Wymark ihr Handgelenk endgültig los und trat einen Schritt zurück. Kein Zweifel, was immer er von ihr zu hören erwartet hatte, mit einem Heiratsantrag hatte er nicht gerechnet, erkannte Cecily.
Eine geraume Weile lang sah er ihr geradewegs in die Augen – Sir Richard und Mutter Aethelflaeda waren vergessen. Cecily widerstand dem Drang, sich die glühenden Wangen mit dem Handrücken zu kühlen, kämpfte gegen das Verlangen an, den Blick auf den Boden zu richten, auf den Tisch, ganz gleich wohin, solange sie nur nicht in diese durchdringenden grünen Augen schauen musste. Für einen Moment lang, so kurz, dass sie es sich wohl eingebildet haben musste, schienen seine Züge mild zu werden, dann neigte er den Kopf und umschloss abermals ihr Handgelenk.
„Mutter Aethelflaeda“, sagte er an die Priorin gewandt, die Cecilys Kühnheit noch immer nicht fassen konnte. „Ich bedarf der Dienste dieses Mädchens. Und da es noch kein Gelübde abgelegt hat, gehe ich davon aus, dass Eurerseits keine Einwände bestehen.“
Er hatte Mutter Aethelflaedas Täuschungsversuch, was ihre Französischkenntnisse betraf, mit keinem Wort erwähnt. Das war unter seiner Würde, vermutete Cecily. Sie sah auf die langen, vom Schwertkampf schwieligen Finger hinab, die sich um ihr Handgelenk schlossen. Ihr Herz klopfte, als sei sie den ganzen Weg heim nach Fulford gerannt, und ihr war schmerzlich bewusst, dass Adam Wymark ihr keine Antwort auf ihren überstürzten Antrag gegeben hatte. Vermutlich war auch das unter seiner Würde. Ein Mann wie er – ein Eroberer im Dienste des normannischen Herzogs, selbstbewusst genug, ihnen ohne Kettenhemd gegenüberzutreten – würde ihre Kühnheit nicht mit einer Antwort adeln.
Er würde sie nicht heiraten.
Er sah sie an. „Ihr seid sicher, dass Ihr als Dolmetscherin mit uns heimkehren wollt, Mylady?“
„Ja, Sir.“ Und das war alles, was sie als Antwort von ihm bekommen würde, erkannte Cecily. Sie sollte ihm als Dolmetscherin dienen, mehr nicht.
Ein Lächeln umspielte seine Lippen, und der harte Griff um ihr Handgelenk lockerte sich. „Das ist gut.“
Ein seltsames Gefühl des Triumphs und der Erleichterung darüber, sich auf diese Weise wenigstens um ihren Bruder kümmern zu können, stieg in ihr auf und gab Cecily die Kraft, sein Lächeln zu erwidern.
Mutter Aethelflaedas Busen wogte so heftig, dass ihr mit Edelsteinen besetztes Kreuz im Licht der Laterne aufblitzte. „Novizin Cecily! Besitzt du keinen Anstand? Dass du als jüngste Tochter – als mitgiftlose Tochter, die sich vier Jahre lang darauf vorbereitet hat, eine Braut Christi zu werden –, dass du dich derart schamlos anbietest … welch eine Schande!“ Die Priorin starrte den Ritter an Cecilys Seite zornig an und sagte mit halb erstickter Stimme: „Sir Adam, vergebt ihre Dreistigkeit. Ich kann nur sagen, dass sie noch jung ist. Wir haben alle versucht, Cecilys überschäumendes Wesen zu bändigen, und ich hatte geglaubt, es seien einige Fortschritte dabei erzielt worden, doch …“ Mutter Aethelflaeda entließ Cecily mit gebieterischer Geste. „Du kannst uns verlassen, Novizin. Und du tätest gut daran, auf Knien Buße zu tun für deine Unverschämtheit Sir Adam gegenüber. Bete zwanzig Mal das Ave Maria und enthalte dich diesen Freitag jeder Fischmahlzeit. Faste bei Brot und Wasser, bis du deine lose Zunge aufrichtig bereust.“
Durch lange Jahre im Kloster an Gehorsam gewöhnt, wollte Cecily sich zum Gehen wenden, doch Adam Wymark hielt ihr Handgelenk noch immer umschlossen.
„Sir …“ Cecily versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien.
„Einen Augenblick“, erwiderte er und hielt sie mit sanfter Gewalt zurück.
Mutter Aethelflaeda fuchtelte ungeduldig mit den Händen. „Das Mädchen hat keine Mitgift, Sir.“
Ihr Stolz ließ Cecily Haltung annehmen. „Einst besaß ich eine! Ich erinnere mich genau daran, wie mein Vater Euch eine kleine Truhe mit Silberpennys übergab.“
Die Lippen der Priorin wurden schmal. „Es wurde alles für die Verschönerung der Kapelle ausgegeben und für die Verstärkung
Weitere Kostenlose Bücher