Novizin der Liebe
aufstellen, Maurice.“
„Sogar hier im Kloster?“
„Sogar hier. Wachablösung alle vier Stunden. Wir alle haben Schlaf nötig.“
„Jawohl, Herr.“
Als er Cecily erreicht hatte, verbeugte er sich leicht. Nicht sicher, ob er sich über sie lustig machte oder nicht, blieb sie kerzengerade stehen, die Laterne in der Hand. Dieser Ritter aus der Bretagne hatte wahrhaftig eine höchst beunruhigende Wirkung auf ihre Sinne: Wie zuvor im Gästehaus fühlte sie sich seltsam atemlos, und wieder pochte ihr Herz unregelmäßig. Es musste Furcht sein. Es musste Hass sein. Oder lag es schlicht daran, dass sie nicht an männliche Gesellschaft gewöhnt war?
Er sah an ihr vorbei zum Nordtor hinüber. Eine Falte grub sich zwischen seine Brauen.
Rasch schwenkte Cecily die Laterne in eine andere Richtung, damit ihr Licht nicht genau auf die Hufspuren fiel, die am Tor zu sehen sein mussten. „Sir?“
„Ihr wollt nicht sagen, wohin Eure Schwester geritten ist?“
„Ich … nein!“
Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „Ihr erweist ihr einen schlechten Dienst.“
„Wie das?“
„Wenn sie mich zurückweist und flieht, weil sie vorhat, sich dem angelsächsischen Widerstand anzuschließen, wird es übel für sie ausgehen, wenn man sie gefangen nimmt. Und früher oder später wird man sie finden. Denn was Herzog Wilhelm einmal in der Hand hat, das hält er fest.“
So wie Ihr, dachte Cecily in Erinnerung an seinen festen Griff um ihr Handgelenk. Sie hob das Kinn. „Sir Adam, es ist wahr, dass meine Schwester nach St. Anne’s gekommen ist, und es ist auch wahr, dass sie geflohen ist. Doch wohin, das hat sie mir nicht gesagt.“
„Ich wünschte, ich könnte Euch glauben.“ Die Arme vor der Brust verschränkt, ließ er den Blick nachdenklich zum Nordtor hinüberschweifen. „Wenn ich entschlossen wäre zu fliehen, dann hielte ich mich in Richtung Norden, denn unsere Truppen haben bereits London und den Süden eingenommen und recht gut unter Kontrolle. Was meint Ihr, Lady Cecily? Klingt meine Vermutung vernünftig?“
Cecily zuckte mit gespieltem Gleichmut die Schultern. Hier war ein Mann, der es nicht einfach hinnehmen würde, dass man ihn täuschte, und genau das versuchte sie gerade. Wie hätte ihr Vater an Adam Wymarks Stelle reagiert? Die Antwort war rasch gefunden: Ihr jähzorniger, stolzer, ungeduldiger Vater, Friede seiner Seele, hätte die Wahrheit aus ihr herausgeprügelt.
Würde Adam Wymark sie schlagen? Sie sah zu ihm auf. Mit dem Fackelschein im Rücken war nur seine große, breitschultrige Silhouette zu sehen, sein Gesichtsausdruck indes kaum zu erkennen. Hatte er die Hufspuren am Nordtor gesehen? Er blickte jedenfalls in diese Richtung …
Um ihn abzulenken, plapperte sie aufs Geratewohl los. „Ehrlich gesagt, Sir, verstehe ich wenig von diesen Dingen. Und Ihr könnt mich schlagen, wenn Ihr wollt, doch nachher werde ich ebenso wenig wissen wie jetzt.“
„Euch schlagen?“ Er klang verblüfft. „Ich schlage keine Frauen.“
Cecily schnaubte. Die meisten Männer schlugen Frauen. Ihr Vater hatte es jedenfalls getan. Er hatte sie geliebt, und dennoch hatte er nicht gezögert, sie bei zahlreichen Gelegenheiten mit der Gerte zu züchtigen –, vor allem, als sie sich zunächst geweigert hatte, ins Kloster zu gehen. Solange sie zurückdenken konnte, waren Schläge Teil ihres Lebens gewesen, und daran hatte sich selbst im Kloster nichts geändert. Für Mutter Aethelflaeda waren körperliche Strafen – „Kasteiung sündigen Fleisches“ – ein Mittel, um Zucht und Ordnung durchzusetzen und den Nonnen, die unter ihrer Obhut standen, die nötige Bußfertigkeit und Demut einzubläuen.
„Ich schlage keine Frauen“, wiederholte er sanft.
Cecily biss sich auf die Lippe. Er klang aufrichtig. „Nicht einmal, wenn sie Euch verärgern?“
„Nicht einmal dann.“
Sein Blick wanderte zu ihren Lippen hinab und blieb lange genug auf ihnen ruhen, um Cecily trotz ihrer Unerfahrenheit erkennen zu lassen, dass er mit dem Gedanken spielte, sie zu küssen. Als seine ganz eigene Methode der Züchtigung? Oder aus reiner Neugier? Oder – ein beunruhigender Gedanke – würde es ihm gefallen, sie zu küssen? Und würde es ihr gefallen, ihn zu küssen? Sie hatte noch nie einen Mann geküsst und sich oft gefragt, wie es sich wohl anfühlen mochte.
Erschrocken über die Richtung, die ihre Gedanken eingeschlagen hatten, wich Cecily hastig einige Schritte zurück. „Seid auf der Hut, Mylord …“
„Sir“, rief
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