Novizin der Liebe
Es freute ihn, dass sie sie begleiten würde. Ihre Anwesenheit war von unschätzbarem Wert, nicht nur wegen ihrer Sprachkenntnisse. Wo steckte sie bloß? Ungehalten darüber, dass er sich durch Gedanken über ihren Verbleib von den anstehenden Aufgaben ablenken ließ, ließ Adam die Schultern kreisen, damit das Kettenhemd bequemer saß. Er vertraute darauf, dass sie ihre Meinung nicht geändert hatte – er wollte , dass sie ihn begleitete, wurde ihm bewusst. Als Dolmetscherin, wohlgemerkt! Sie wäre von großem Nutzen.
Richard griff nach seinem Schwertgurt. „Ich bin auch der Ansicht, dass wir äußerst wachsam sein sollten, Adam, doch dass uns ausgerechnet in Winchester ein Angriff droht, bezweifle ich. Die Männer des Herzogs haben die Stadt bereits besetzt. Und die Straßen dort sind viel zu eng – jeder Kampf würde unvermeidlich den Tod von Frauen und Kindern zur Folge haben, von den Sachschäden ganz zu schweigen. Ich glaube nicht, dass die Sachsen das riskieren würden …“
Adam schüttelte den Kopf. „Du vergisst eins, Richard: Winchester ist das Herz von Wessex. Harold und seine Sippschaft haben sie seit Jahrzehnten zur Hauptstadt gemacht: Es gibt eine große Kathedrale, Königspaläste … Also müssen wir damit rechnen, dass die Loyalität dort besonders stark ist. Nein, wir werden sehr auf der Hut sein müssen, wenn wir die Stadt durchqueren.“
Achselzuckend schnallte Richard sich das Schwert um. „Du hast hier die Befehlsgewalt.“
Adam lächelte und klopfte dem Freund auf die Schulter. „Danke für deine Unterstützung, Richard. Ohne sie würde ich … Es genügt wohl zu sagen, dass ich sie nicht vergessen werde.“
„Himmel, Mann, du bist der Held, der die versprengte bretonische Reiterei wieder gesammelt und in Schlachtordnung aufgestellt hat. Ich habe lediglich dem Herzog von deinen Taten berichtet.“ Er zuckte die Schultern. „Im Übrigen besitze ich bereits eine Menge Ländereien in der Normandie. Meine Zeit hier wird kommen.“
„Danke.“ Adam blickte stirnrunzelnd in den Hof hinaus. „Irgendeine Spur von meiner Lady Cecily?“
„Von deiner Lady, soso!“, bemerkte Richard grinsend. „Wirst du sie anstelle ihrer Schwester heiraten?“
„Wenn ich ihre Schwester nicht aufspüre, wäre das schon möglich.“
„Eine Fulford-Maid ist so gut wie die andere, nehme ich an.“
„Diese hier könnte die bessere Wahl sein, denn sie hat sich mir angeboten.“
„Adam, du brauchst keine der beiden zu heiraten, wenn sie dir nicht gefallen. Der Herzog hat dir Fulford Hall und die dazugehörigen Ländereien ohne jede Bedingung geschenkt. Du musstest ihm lediglich Gefolgschaftstreue schwören.“ Den Kopf zur Seite geneigt, blickte er Adam nachdenklich an. „Vermutlich solltest du dich ohnehin anderweitig umschauen, denn die Novizin hat keine Mitgift. Sie zu heiraten füllt keine leeren Truhen.“
Adam nickte. „Das stimmt. Doch es würde meine Stellung als neuer Herr von Fulford stärken, wenn ich eine von Thane Edgars Töchtern zur Frau nehme.“
„Dann nimm die kleine Novizin, Adam, denn sie ist willig. Und wie ich sehe, gefällt sie dir.“
Ja, verflucht, das tut sie, dachte Adam, als er sich auf die Suche nach Cecily machte, um sie zur Eile anzuhalten. Er wünschte, sie gefiele ihm nicht, denn sein Herz musste unberührt bleiben. Er hatte es bereits einmal verschenkt, an seine schöne, dunkeläugige Gwenn. Ein scharfer Schmerz durchzuckte ihn, traf ihn unvorbereitet. Niemals wieder! Niemals wieder würde er sein Glück in die Hände einer Frau legen.
Apropos Frauen: Wo steckte diese Novizin? Wenn sie Winchester noch vor der Mittagsstunde erreichen wollten, wie er es geplant hatte, mussten sie unverzüglich aufbrechen. Er hatte wichtige Nachrichten für den Herzog, und es würde Novizin Cecily gewiss nicht gefallen, wenn sie den ganzen Weg zur Stadt im Galopp zurücklegen müssten.
Der Kräutergarten hinter der Kapelle ließ sich durch ein Bogentor in einem hohen Flechtzaun betreten, und genau dort fand Adam sie. Er blieb unter dem Torbogen stehen und betrachtete ihre schlanke Gestalt, während sie einen der Torfwege zwischen den Beeten entlangging. Lady Cecily Fulford, angelsächsisches Edelfräulein. Ihre Schritte hinterließen Spuren auf dem tauenden Raureif.
Wie klein sie war. Gestern war ihm aufgefallen, dass sie ihm kaum bis zur Schulter reichte, doch heute im Garten wirkte sie noch zierlicher. Sie trug ihre Novizinnentracht und jenen dünnen Mantel. Vielleicht war
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