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Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Titel: Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damian Raye
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verhinderte nur das Erscheinen von Mrs. Dinkle im Klassenraum körperliche Auseinandersetzungen. Die Feindseligkeiten würden weitergehen.
     
    Dass Anne vor wenigen Augenblicken nicht sie gefürchtet hatte, sondern sich selbst, konnte Millie natürlich nicht verstehen. Und hätte Millie ihrer Feindin erzählt, wie es zu der Beule gekommen war, so hätte Annes Furcht vor sich selbst neue Nahrung erhalten: Millie war am Vorabend auf dem Heimweg mit dem Fahrrad durch einen kleinen Wald im Stadtteil Allington gefahren, als ihr ein großer schwarzer Vogel, eine Krähe oder ein Rabe, mitten ins Gesicht flog und sie vom Weg abbrachte. Der Zusammenprall mit dem Tier hatte sie für einen Augenblick die Kontrolle verlieren lassen, sie hatte die Hände vom Lenker genommen, um ihre Augen zu schützen, und war gestürzt.
     
    War es das gewesen, fragte sich Anne? Sie hatte jemanden, der ihr krumm gekommen war, einen Fahrradunfall und als Folge davon ein Pflaster verpasst. Was für eine lächerliche Form von Magie war denn das, Nox, bei der aus Einschusslöchern verpflasterte Hautabschürfungen werden?
     
    Oder war das hier wieder nur ein Zufall – und die wirklich böse Tat, die brutale Rache, würde später folgen, in Tagen, Wochen oder Monaten? Anne konnte sich nicht sicher sein. Überhaupt – was machte sie so böse? War es ihr Hass auf ihren eintönigen, sich immer wiederholenden Alltag – Aufstehen, Schule, Familie, Essen, Schlafen – auf die Menschen, die diese Alltäglichkeit als einzig mögliche Form des Lebens zelebrierten? Wie war dein Wochenende? Diese dumme Scherzfrage kam Anne in den Kopf und auch die deprimierende Antwort: hell, dunkel, Sonntag, hell, dunkel, Montag. Plagte sie ein Hass auf Normalität, der nachts in ihren Träumen kondensierte, viel zu realistisch zu einer konkreten Kraft wurde?
     
    Sie wurde diese Gedanken nicht los, fragte sich immer wieder: Darf ich die Kräfte der Finsternis nutzen, wenn sie mir wirklich zur Verfügung stehen, darf ich planen, anderen zu schaden, mich rächen, mir selbst Vorteile verschaffen? Darf ich jemand einen Pickel, eine Allergie, eine Krankheit, Dummheit, ungeschicktes Verhalten oder Verschwendungssucht an den Hals wünschen? Und da war immer wieder die Frage nach ihrer eigenen Person: Ist ein Teil von mir böse? Oder bin ich durch und durch verdorben?
     
    In den Abläufen ganz normaler Tage vergaß Anne diese Grübeleien und Befürchtungen. Nein, es konnte nicht der Alltag sein, der diesen Hass verursachte. Im Gegenteil: Nox Eterna war weder im Wohnraum der Oxters noch im Supermarkt gegenwärtig. Ihr gehörte nur die Nacht – aber es gab offenbar ein paar Möglichkeiten für die Magierin, mit ihren langen Fingern in Annes realem Leben herumzupfuschen.
     
    Immer dann, wenn etwas sie verletzt, gekränkt oder in Rage gebracht hatte, wartete Nethernox auf sie, so dass sie sich an solchen Tagen fürchtete, einzuschlafen und Unheil anzurichten. Die meisten Untaten von Nox Eterna allerdings blieben im Rahmen, so dass sie langsam begann, sich schon vor dem Einschlafen Strategien zu überlegen, ihre Träume, die Personen darin und ihre Handlungen zu planen. Und mit jeder gelungenen Aktion wurden ihre Skrupel geringer.
     
    Bald entwickelte sie eine gewisse magische Professionalität – strafte Äußerungen zu ihrer immer kritischen Frisur mit Kopfläusen oder Friseuren, die plötzlich jede Kontrolle über ihre Scherenhand verloren. Im Traum hatte Nox Eterna die in ihren Augen viel zu schönen Weiber von Windismore für ihre eitle Konkurrenz mit der Herrscherin mit einem Überfall isodronitischer Scherenschnäbel bestraft, einer Vogelart, die nur in Annes Träumen existierte und furchtbare Verwüstungen auf den Köpfen von Frauen anrichten konnten.
     
    Anne konnte Kakerlaken ins Schulmittagessen praktizieren, indem Nox des Nachts durch widerwärtige Zaubersprüche Wellen von gefräßigen Riesenkäfern durch die Burgküche eines Herrschers in Grenzlande schickte. Albern, fand sie selbst, aber sie war zugleich froh, Schlimmeres abzuwenden. Autos erlitten im realen Leben technische Defekte und verhinderten, dass bestimmte Personen zu bestimmten Zeiten an unangemessenen Orten auftauchten, indem Nox in Annes Träumen Reitdrachen mit Eisketten festhielt oder die Wagen von Sarkangespannen mit Hilfe des Schwarzen Rostes in Sekundenschnelle zu Staub zerfallen ließ. Taschenspielertricks, fand Anne, billige Spielereien mit einer Magie, die eigentlich mehr konnte, auf

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