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Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Titel: Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damian Raye
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2010
    Als Tom Shipe nach Maidstone kam und in der Schulbibliothek ein Praktikum für seine Ausbildung als Bibliothekar absolvierte, wurde er bald zum Teil ihres Freundeskreises. Sie fand ihn trotz oder vielleicht auch wegen des Altersunterschiedes attraktiv – Tom war immerhin schon 20 –, schlank, dunkelhaarig und ungeheuer sympathisch und sie mochte seine humorvolle und extrovertierte Art. Tom konnte so unterhaltend sein! Sie hätte ihn gerne näher kennen gelernt, ihn auf die eine oder andere Weise für sich gewonnen, aber Tom zeigte anfangs mehr Interesse für Zoe Hassleton, die Tochter des Buchhändlers in der Earl Street, der Laden, aus dem die Bibliothek viele Bände bezog. Jedenfalls nahm Anne die sich in Sprache und Aufmachung sehr intellektuell gebende Zoe Hassleton als Konkurrentin wahr. Wie unheimlich klug sie über den Rand ihrer Brille gucken konnte! Nur selten hatte Tom Shipe in der Bibliothek Zeit für ein Gespräch, obwohl er immer ein paar witzige Worte für Anne hatte, wenn sie ihn traf. Anne nahm sie an wie Geschenke.
     
    „Hi, Anne, der neue Adrian ist da!“ Tom zeigte kurz ein Buch, ließ es dann wieder hinter seinem Rücken verschwinden. „Ich muss es aber erst noch katalogisieren!“
     
    „Lara Adrian? Gesandte des Zwielichts?“ Anne jubelte innerlich. „Ich freu mich drauf!“
     
    Wie er sie ansah! Irgendetwas brachte Anne dazu, ihm einen eindeutigen Vorschlag oder zumindest ein Angebot zu machen: „Kannst du es mir nicht heute Abend … vorbeibringen?“
     
    Wow, Anne wurde rot, was hatte sie sich dabei nur gedacht? Und das ausgerechnet hier, vor all den anderen Schülern und Schülerinnen!
     
    „Netter Scherz, Lieferservice frei Haus, davon träumen viele!“ rettete sie Tom. „Morgen kannst du es dir abholen!“
     
    Puh, das war gerade noch einmal gut gegangen. Innerlich jubelte Anne: Er mochte dieselben Bücher wie sie! Und es gab da etwas zwischen ihnen, das spürte sie genau, aber Anne musste sich gegen harte Konkurrenz durchsetzen. Nicht nur Zoe Hassleton – die ganze weibliche Hälfte der Stadt schien von Tom fasziniert. Er wirkte freundlich, kultiviert und gebildet, hatte aber zugleich etwas Animalisches und Beunruhigendes an sich. Genau die richtige Mischung, dachte Anne. Jedem Mädchen stockte in seiner Nähe der Atem. Aber wie sollte sie vorgehen?
     
5. Januar 2010
    Nox Eterna bot in dieser Nacht überraschend Hilfe an, Anne hatte im Wachzustand keine Strategien, Tom betreffend, entwickelt, abgesehen davon, dass sie sich stärker schminkte. Die Magierin befasste sich in Annes nächstem Traum, ganz auf die erotische Problemlage ausgerichtet, mit einem Liebeszauber, mischte unwiderstehliche Düfte und rätselhafte, direkt auf das Unbewusste wirkende Substanzen in einem Mörser aus Marmor. Ein einschmeichelndes, fast unwiderstehliches Aroma umgab sie dabei – der Duft der Verlockung, dachte Anne. Allerdings hatte dieser Wohlgeruch auch eine unangenehme, bedrängende Komponente. Annes ein wenig umnebelten Verstand fiel auf, dass wahre Wolken von schwarz-grün schillernden Fliegen und fetten Motten um Nox kreisten. Anne beobachtete in diesem Traum die Magierin, war nicht selbst die Handelnde, zweifelte sogar an der Wirkung der wasserklaren Flüssigkeit, die Nox in eine Phiole abgefüllt hatte. Sie machte eine ausholende Geste mit einer Hand, eine Krähe auf einem Baum in der Nähe stieg auf und näherte sich flatternd der Magierin, nahm die Phiole in ihre Krallen und flog davon, als kenne sie ihr Ziel genau. Wie sollte dieser Zauber sein Ziel erreichen?
     
6. Januar 2010
    Als Tom Shipe an diesem Morgen das Schulgebäude betreten wollte, huschte ein Schatten über ihn hinweg, verdunkelte einen kurzen Augenblick das Tageslicht um ein Geringes. Tom sah auf, etwas klatschte auf ihn herab.
     
    „Mistviecher!“ schimpfte er, denn offenbar hatte ihn ein Vogel von oben mit einer Luftfracht getroffen, auf die er gern verzichtet hätte. Er wischte sein Jackett mit einem Taschentuch sauber, dass er anschließend in den Papierkorb am Eingang warf.
     
    „Sieht man noch was?“ erkundigte er sich bei Anne, die neben ihm ging.
     
    Die nutzte die Gelegenheit für eine unverfängliche Annäherung, schaute sich die Stelle unnötig genau an, spürte seinen Atem, meinte aber auch entfernt dieses merkwürdige Aroma zu riechen, dass sie aus dem Traum der letzten Nacht kannte. Das machte sie sprachlos – und sie sahen sich einen Augenblick zu lange an.
     
    „Alles sauber!“

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