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Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Titel: Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damian Raye
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diesem Abend ein anregender Gedankenaustausch bevorstand.
     
    Unglücklicherweise, wie sie jetzt fand, hatte sie sich mit Silly zum Eislaufen verabredet. Sie überlegte abzusagen, entschied sich dann aber am Nachmittag doch dafür, sie fuhren mit dem Bus zum Silver Blades Ice Ring in Gillingham, tobten auf dem Eis herum, setzen sich dann in das Café und redeten. Anne fühlte vorsichtig vor, was Silly von einer Verbindung mit Tom Shipe halten würde. Der Name war kaum gefallen, als Silly in verbale Begeisterungsstürme ausbrach.
     
    „Tom? Findest du den auch so …“ Silly suchte nach einem positiv aufgeladenen Power-Adjektiv. „… so hypergenial? Schon diese Augen! Und seine Hände! Finger wie ein Pianist… Wenn ich mir vorstelle, dass die …“                                                
     
    Anne blendete Sillys Wortschwall aus. Sie wollte gar nicht wissen, was Toms Finger mit ihrer Freundin anstellen würden. Nein, in Silly würde sie keine brauchbare Beraterin für diese gewagte Beziehung finden, die ohnehin schon auf der Kippe stand. Auch die sicher bald folgenden Kurznachrichten wollte sie nicht mit Silly diskutieren – entschlossen schaltete sie ihr Telefon stumm. Sie war froh, als sie im Bus zurück nach Maidstone saßen und verschwand zuhause sofort in ihrem Zimmer. Die ersten drei oder vier SMS waren bereits eingegangen, in der letzten fragte Tom nach, warum sie nicht antwortete und ob es ihr vielleicht doch nicht recht war, dass er ihre Nummer besaß. Ihre erste Antwort begann mit den Worten
     
    „Tom, lieber Tom …“
     
    Sie wurde volle 160 Zeichen lang und hatte einige Fortsetzungen. Es fiel ihr leichter, mit Tom zu texten als mit ihm zu reden. Puck schreckte jedes Mal auf, wenn eine neue Nachricht einging und das Handy vibrierte.
     
14. Januar 2010
    Nicht nur Töchter leiden unter Versuchungen; auch Annes Mutter wurde von einer geprüft: Anne hatte ihr Handy zuhause vergessen, und Mrs. Oxter hatte der Versuchung nicht widerstehen können und ihre SMS gelesen. Sie empfing Anne ausgesprochen aufgebracht.
     
    „Ist der Typ noch ganz bei Trost? Was ich hier gelesen habe, reicht aus, um ihn für Jahre in den Knast zu bringen! Ich hoffe, er hat seine mehr als eindeutigen Absichten nicht in die Tat umgesetzt!“
     
    „Du hast mir nachgeschnüffelt!“ beschwerte sich Anne eher zaghaft. Sie hasste sich selbst für die Dummheit, die Beweise ihrer Verbindung zu Tom Shipe so leicht zugänglich zu machen und wusste, dass die Kurzmitteilungen zwischen ihr und Tom ziemlich anstößig klangen. Aber gerade das hatte ihr geschmeichelt. Aber warum sollten sie nicht so miteinander reden? Schließlich liebte sie ihn!
     
    „Was ist da zwischen ihm und dir gelaufen, Anne?“
     
    Anne schwieg.
     
    „Gut. Oder besser nicht gut. Ich werde das auf jeden Fall beenden.“
     
    Anne wusste, dass ihre Mutter das sicher durchsetzen würde und versuchte deshalb gar nicht, sie umzustimmen. Am nächsten Tag stattete Miriam Oxter dem Schuldirektor einen Besuch ab, Anne konnte es nicht verhindern.
     
16. Januar 2010
    Mrs. Oxter hatte ihr Vorhaben konsequent durchgesetzt: Tom Shipe war quasi fristlos gekündigt worden, arbeitete nicht mehr in der Bibliothek. Mehr noch: er war abgereist. Er hatte sich nicht von Anne verabschiedet, ihr nicht einmal eine letzte SMS geschickt. Sie hatte im ersten Augenblick nicht daran gedacht, dass man ihm womöglich jeden weiteren Kontakt zu ihr strikt untersagt hatte und konnte sich deshalb in ihrer Trauer über den Verlust nicht in seine Lage versetzen. Dazu kam Wut: sie wusste, dass ihr augenblicklicher innerer Zustand in der kommenden Nacht schlimme Verwicklungen, wenn nicht eine Katastrophe hervorrufen konnte. Wenn auch ihr Verstand sagte, dass es so hatte kommen müssen, so rebellierte doch irgendetwas Untergründiges in ihr.
     
    Nach dem Unterricht ging sie in die Bibliothek, und etwas zog sie magisch an den Arbeitsplatz, an dem Tom Shipe gesessen hatte. Sie meinte noch immer etwas von dem etwas merkwürdigen, aber angenehmen Duft aus der Phiole wahrnehmen zu können, den Nox für sie kreiert hatte und der Tom zu Anne hingezogen hatte und nun Anne umso unglücklicher machte, dass sie seine Nähe verloren hatte.
     
    Sie war traurig, nicht wütend, als sie sich an diesem Abend zum Schlafen legte. Zwar befürchtete sie, dass Nox die Angelegenheit anders sah, aber sie war froh, dass sie selbst nicht zu einer Eskalation beitrug,

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