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Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Titel: Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damian Raye
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Mann, verborgen zwischen schwarzen Tuchballen, war von den Gardisten in die Hüfte getroffen worden. Trotz seiner schweren Verletzung zerrten sie ihn hin und her, und auf seine Klagen, man möge ihn in Frieden lassen, er sei kein Agent, reagierten die Gardisten mit Schlägen. Nox Eterna lachte böse, als der Attentäter in Handschellen zum Gefängniswagen geschleift und fortgefahren wurde. Auf ihn wartete der Kerker, wenn nicht der Tod.
     
6. September 2010
    Wider Erwarten verlief der Tag ohne Alan ohne weitere Ereignisse, die Anne geängstigt hätten. Ihren Traum verdrängte sie, ging – und dabei fühlte sie sich fast wie eine Maschine – zur Schule, antwortete mechanisch, wenn sie gefragt wurde, ging zurück nachhause, zog sich in ihr Zimmer zurück. Nein, sie wollte nicht darüber nachdenken, was Alan in London tat, auch nicht darüber, was die Folge ihres gestrigen Traums sein würde. Als sie am hellen Nachmittag einschlief …
     
    … überfiel sie ein seltsames neues Gesicht, anders als alles, was sie bisher geträumt hatte: Sie sah nichts weiter als das Antlitz von Nox, mit weit aufgerissenen Augen, zuerst böse grinsend, dann schamlos und rückhaltlos lachend, triumphierend mit einer irren, sich überschlagenden Stimme, mit Lauten, die sich eher nach einem Tier anhörten als nach einem Menschen. War Nox ein Mensch? War sie selbst mit jeder Faser ihres Körpers – noch ein Mensch?
     
    Sillys Anruf weckte sie gegen 15:00 Uhr. Ihre Freundin überbrachte eine bedrückenden Nachricht: Alan war auf der Rückfahrt von London mit dem Roller verunglückt; Baustahlstangen waren von einem Transporter gefallen und vor seinen Roller gefallen, er war gestürzt, und eine Stange hatte seinen Körper getroffen. Er war schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt und hatte ein paar Worte mit Silly reden können, die ihn im Krankenhaus besucht hatte, kurz bevor er in den Operationssaal geschoben wurde. Er hatte in London einen alten Freund beerdigt, und weil er gespürt hatte, dass eine mit dem Tod verbundene Nachricht Annes labile Gemütslage weiter belastet hätte, hatte er zu einer weißen Lüge gegriffen, eine Notlüge aus Sorge und Mitleid.
     
    Anne sackte auf einen Stuhl nieder und erstarrte. Sie sah Silly nicht an, sagte kein Wort. In ihrem Inneren tobten Dämonen. Ihre Hände fühlten sich an, als habe sie in ein Jauchefass gefasst. Sie hob sie langsam empor, starrte sie an. Weg mit diesen Händen von meinem Körper, von meiner Kleidung fort, das war alles, was sie dachte, sie wollte jetzt nur nichts mit ihnen berühren, mit diesen widerwärtigen Klauen, an denen der Unrat des Bösen klebte. Ein furchtbares Gefühl schnitt in ihre Seele, anders, als sie es sich je für eine solche Situation vorgestellt hatte, anders als in jedem Buch, das sie gelesen hatte, anders als in jedem Spielfilm. Ich bin Dreck, dachte sie, nichts als widerwärtiger Dreck! Tränen liefen über ihr Gesicht.
     
    Silly sah sie völlig verwirrt an, bemerkte ihren psychischen Ausnahmezustand.
     
    „Anne?“ versuchte sie zu trösten und zu beruhigen. „Alan hat unheimliches Glück gehabt, einen mächtigen Schutzengel! Er lebt, und der Arzt sagt, dass er gute Chancen hat, wieder gesund zu werden!“ Sillys Taschentuch verwischte das Make-up in Annes Gesicht.
     
    Er lebt! Anne lachte böse, ein Lachen, das ihr selber galt. Sie hatte lange unter den jungen Männer nach einem Gefährten gesucht, hatte endlich Alan gefunden, diesen unglaublichen Alan, konnte sich schon nicht mehr ohne ihn denken und war nun offenbar auf dem Wege, ein irres, gespaltenes Wesen zu werden, immer im Kampf mit der finsteren Seite ihrer Person, ein Opfer ihrer eigenen Bösartigkeit. Platz für Liebe würde es nicht geben. Was hatte sie ihrem lieben Alan angetan – aus Misstrauen, aus billiger Eifersucht? Was würde sie womöglich eines Tages jedem ihren Geliebten antun? Konnte sie überhaupt noch lieben? Sie gab sich einen Ruck, stand auf.
     
    „Ich muss mir die Hände waschen!“ Sie lief ins Bad, ließ die Tür offen. Wasser rauschte, Geräusche wie von einer Nagelbürste. Schon Sekunden später kam sie wieder ins Zimmer, lief in den Flur, griff sich ihren Mantel von der Garderobe. Sie sah kurz ihr Gesicht im Spiegel. Zombie, dachte sie, ich bin ein Zombie! „In welchem Krankenhaus liegt er, sagtest du?“ fragte sie Silly mit schwacher, fast erstickter Stimme.
     
    Alan hatte eine stundenlange Operation hinter sich, war noch nicht bei Bewusstsein. Er lag

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