Nr. 13: Thriller (German Edition)
um sich zu ändern. Er nahm sich fest vor, an diesem Tag früher Feierabend zu machen. In ihm reifte bereits ein Plan. Er würde sie mit ihrem Lieblingswein und frischem Manchego von der Käsetheke überraschen, einen Spielfilm, den sie aussuchen durfte, ausleihen und den Abend mit ihr genießen, als wäre es ihr letzter gemeinsamer. Denn es konnte unter Umständen tatsächlich der letzte sein.
Leander merkte, dass er mit seinen flapsigen Bemerkungen in ein Fettnäpfchen getreten war, und schwieg peinlich berührt. Zur Versöhnung holte er Daniel einen Kaffee und schob den Teller mit dem Kuchen auf seinen Tisch. Er setzte sich, schaute verdrießlich drein und verschränkte die Arme vor dem Brustkorb. „Hab noch mal den Unfall von Gitte Hamacher sowie den von Verena und Noel Haas unter die Lupe genommen.“
„Sie sind ähnlich, aber nicht identisch.“
„Ich hatte gehofft, einen Hinweis zu entdecken, wer die Fahrzeuge manipuliert hat.“
„Stefan Haas steht auf meiner Liste der Verdächtigen ganz weit oben.“
Leander nickte. „Er ist zum jetzigen Stand der Ermittlungen der Einzige, der ein Motiv hatte, die drei umzubringen.“
„Frau Hamacher war eine der Nachbarinnen, die gegen die Pädophilen protestieren. Ich tippe mal darauf, dass sie eine der aggressivsten, aber auf jeden Fall engagiertesten war, wenn sie ihre Wohnung zur Verfügung stellte, um dort die Schilder zu bemalen.“ Daniel fuhr zu Leanders Schreibtisch und blieb neben seinem Kollegen stehen. Auch sein Bildschirmschoner war aktiv. Von unsichtbaren Händen geführte Laserschwerter kämpften in der Dunkelheit gegeneinander. Schmunzelnd nahm Daniel seinen Becher.
„Und er schlug zwei Fliegen mit einer Klappe. Ihre Mutter kam ins Altenheim und konnte die verurteilten Sexualstraftäter nicht mehr mit ihrem Fernglas ausspähen.“ Leander nahm einen Muffin, zupfte mit zwei Fingern ein Stück ab und schob es sich in den Mund.
„Seine Frau Verena deckte den Missbrauch auf, sodass er ins Gefängnis kam und sein Leben aus der geordneten Bahn geriet.“ Nachdenklich blies Daniel in seinen Kaffee. „Aber was für ein Motiv soll er gehabt haben, seinen Sohn umzubringen?“
„Nicht wenige Väter töten ihre Kinder, wenn sie nach der Scheidung der Mutter zugesprochen werden, weil sie sie der verhassten Frau nicht gönnen oder sie sogar vor ihr schützen wollen. Außerdem fand der tödliche Unfall nach seiner Entlassung statt.“
„Aber er kennt sich nicht mit Autos aus. Er arbeitete als Bilanzbuchhalter in einem Steuerberatungsbüro.“
„Vielleicht hatte er Hilfe.“
„Möglich“, murmelte Daniel, dem die Aussage von Theo aus dem Kiosk einfiel. Dieser wollte beobachtet haben, dass Stefan Haas verfolgt wurde, bevor dieser angefahren wurde. Allerdings erwähnte er etwas von Verzweiflung und Angst in Haas’ Augen, als er zu dem anderen zurückschaute. Das passte nicht zu der Theorie, dass irgendwer mit ihm unter einer Decke steckte.
Erneut riss Leander mit den Fingern ein Stück von seinem Küchlein ab.
„Sag mal, kannst du den Muffin nicht wie normale Menschen essen und reinbeißen?“
„Du meinst, wie ein richtiger Kerl?“
„Fehlt nur noch, dass du den kleinen Finger abspreizt.“
„Nach zwei Bissen muss er weg sein, sonst hat man keine Eier in der Hose?“
„Sag mal, von wem hast du eigentlich die Sprüche gelernt? Als du hier angefangen hast, warst du ganz anders.“ Daniel bekam den Eindruck, dass Leander ihn öfter aufzog als andersherum, wie es am Anfang der Fall war. Letzteres hatte ihm besser gefallen. Inzwischen schlug Leia ihn mit seinen eigenen Waffen. Daniel zog ihn gerne mit seiner weiblichen Seite auf, doch immer öfter spielte Leander darauf an, er wäre ein Supermacho – dabei sah Daniel das natürlich ganz anders. Er hatte lediglich das Gefühl, als Kommissar im Rollstuhl tougher auftreten zu müssen als seine Kollegen, um ernst genommen zu werden. Wahrscheinlich lag er damit falsch. Aber es war nicht einfach, eine Marotte, die in Fleisch und Blut übergegangen war – seinen Sarkasmus –, abzulegen.
Es tat weh, mit den eigenen Fehlern konfrontiert zu werden. Etwas zu ungestüm stellte Daniel seinen Becher auf den Schreibtisch. Dabei stieß er an die Maus. Der Bildschirmschoner verschwand. Ein Foto kam zum Vorschein. Überrascht riss Daniel seine Augen auf. Er schnappte nach Luft.
„Von dir selbstverständlich“, hörte er Leander wie aus weiter Ferne sagen. „Du warst mein Lehrmeister.“
Daniel konnte
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