Nr. 13: Thriller (German Edition)
geschmeichelt, wusste aber nicht, ob Roman damit eine Beziehung oder nur Sex meinte.
„Jetzt sehe ich ein, dass ich mich einer Illusion hingegeben habe. Solange diese Hetzjagd auf uns Pädosexuelle stattfindet, darf ich keinen Partner haben. Es wäre zu gefährlich für ihn.“ Nun sah Roman ihn direkt an. „Ich will nicht von Liebe sprechen, denn das wäre gelogen. Aber ich empfinde etwas für dich, ich habe dich wirklich gern. Genau aus diesem Grund möchte ich dich bitten, zu gehen und nie wieder hierherzukommen.“
Überrascht riss Ben seine Augen auf. Damit, dass er weggeschickt wurde, hatte er am allerwenigsten gerechnet. „Was?“
„Du bist hier in Gefahr!“ Romans Blick glitt zur Tür, als befürchtete er, jemand könnte dahinterstehen und lauschen.
„Warum hast du mich dann angefleht, reinzukommen?“
„Ich wollte noch ein letztes Mal mit dir sprechen, dir erklären, dass ich nicht geplant hatte, dich zu verführen. Aber ich erkenne die alten Muster an mir. Ich tue alles, um dir zu gefallen, hole Bier, besorge neue Kleidung und schenke dir meine ganze Aufmerksamkeit.“
Dann war das also doch alles nur Masche gewesen! Das versetzte Ben einen Stich. Und dennoch war etwas anders als damals, bei Roman und seinen Schülern. Er brach ab, bevor er zu weit ging. Bedeutete das nicht, dass er sich gebessert hatte? Dass Roman ihn aufrichtig mochte?
„Die Depot-Therapie hält mich zwar davon ab, sexuell aktiv zu sein, aber ich fühle mich immer noch zu Jungs hingezogen. Das steckt im Kopf.“ Betrübt tippte Roman gegen seine Schläfe. Seine Stimme bekam einen warnenden Ton. „Und jetzt, wo die chemische Kastration nachlässt, wächst meine Geilheit.“
„Du redest immer nur von dir. Was ist mit mir?“
„Tut mir leid. Du hast recht.“ Roman legte die Handflächen aneinander und rieb die Fingerspitzen an seinem Kinn. „Steh zu deiner Homosexualität, Kobold. Es sind andere Zeiten heutzutage als zu meiner Jugend, und du lebst in Köln, die manche als Schwulenstadt Deutschlands bezeichnen. Nirgendwo ist die Toleranz größer. Und wenn du auf Gegenwehr stößt, kämpfe! Denn wenn du dein wahres Ich versteckst, könntest du eines Tages wie ich werden – ein Monster – und deine Lust in krankhafte Bahnen lenken.“
„Das … Nein … Ja, das sehe ich ein“, das tat Ben wirklich, „aber das meinte ich nicht.“
„Sondern?“
Es fiel Benjamin schwer, die Worte über die Lippen zu bringen. Er trug sein Herz nie auf der Zunge. Sein Vater hatte mal gesagt, dass Ben es im Leben nicht weit bringen würde, wenn er weiterhin so introvertiert bliebe. Nun sprang er über seinen eigenen Schatten und sein Dad wäre trotzdem nicht stolz auf ihn gewesen. „Mit … mit uns?“
Überrascht hob Roman seine Augenbrauen an. „Du willst mit mir zusammen sein? Nach allem, was du über mich weißt?“
Ben schluckte schwer, er wusste es nicht. Es blieben Zweifel, ob Roman ihn vielleicht nicht doch geschickt manipuliert hatte und kurz davor stand, sein Ziel zu erreichen. Schließlich hatte dieser den Internatsschülern auch nie Gewalt angetan, sondern sie bezirzt. Benjamin war so unsicher, wie man nur sein konnte. Aber würde das bei einem anderen Mann anders sein? Vermutlich nicht.
Außerdem befürchtete er, nie wieder einem Homosexuellen zu begegnen, mit dem er seine Sexualität ausleben konnte. Morgen war er wieder ein Schwuler unter Heteros. Heute jedoch könnte er sein erstes Mal mit einem Mann haben, das erste Mal Sex, das ihm bestimmt richtig Spaß machte, anders als mit Nina im Sommercamp vor drei Jahren. Damals hatte es ihn nicht richtig erregt, in ihr zu sein, sodass weder er noch sie gekommen waren. Jetzt, nur mit der Aussicht darauf, mit einem Kerl ins Bett zu gehen, pulsierte das Blut zwischen seinen Beinen.
„Dann beweise es mir.“ Roman stand auf, ging zum Schlafzimmer und öffnete einladend die Tür.
37. KAPITEL
„Was ist merkwürdig?“, fragte Daniel ein wenig ungehalten, weil der Gerichtsmediziner nicht weitersprach.
In aller Seelenruhe betrachtete Dr. Karl Sachs die Leichen in den geöffneten Särgen. Er beugte sich so weit vor und steckte seinen Kopf in die Kisten, als würde er an den Verstorbenen riechen. Schließlich richtete er sich auf. „Verena Haas, falls sie es denn ist, trägt keine Schuhe.“
„Wie bitte?“ Überrascht hob Daniel seine Augenbrauen. Inzwischen war er näher herangekommen und hielt jetzt neben dem Rechtsmediziner. Tatsächlich! Nun sah er es mit eigenen
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