Nr. 13: Thriller (German Edition)
undenkbar, seinem Freund zu folgen.
Verzweifelt kniff er den Mund zusammen. Er beugte sich so weit wie möglich vor und versuchte zu erkennen, was eine Etage unter ihm passierte. Leider erspähte er nichts weiter als eine Nische, die in die Wand geschlagen war. Sie war durch ein Gitter versperrt, das neu aussah. Aus der Römerzeit stammte es ganz sicher nicht. Es musste nachträglich eingebaut worden sein.
Plötzlich trat ein Mädchen an die Absperrung. Mit seinen kleinen Händen umklammerte es die Gitterstäbe. Es war nackt. Blasse schmutzige Haut spannte sich über ihre hervorstehenden Rippen. Sie riss ihre Augen auf, dann ihren Mund und gab ein markerschütterndes Kreischen von sich. Es endete in einem Krächzen. Kraftlos sank die Kleine neben einen Hundenapf. Sie kroch rückwärts zurück in die Mauervertiefung und somit aus Daniels Sicht.
Zornig ballte er die Fäuste. Er bekam eine Gänsehaut, obwohl er innerlich kochte. Unruhig umkreiste er die Öffnung. Er hörte Kampfgeräusche, konnte aber nicht ausmachen, was vor sich ging. Tomasz gegen zwei Männer. Gegen einen Sadisten, dem es Spaß machte, Menschen wehzutun. Der zweimal getötet hatte. Verena Haas und Petra Schumacher.
Als ein Schuss in dem Gewölbe knallte, kam die Lautstärke der Explosion einer Bombe nahe. Aufgebracht rüttelte Daniel an seinen Armlehnen. Sein Blick glitt zur Treppe, die ins Erdgeschoss führte, aber die Kollegen ließen auf sich warten.
Er war Toms Partner! Er sollte jetzt dort unten bei ihm sein. Stattdessen saß er nutzlos hier herum.
Schritte auf der Treppe, die in den römischen Vorratskeller führte, ließen ihn aufhorchen. Er hoffte, dass Tomasz die beiden Kinderschänder überwältigt hatte. Aber im antiken Souterrain wurde noch immer gekämpft, leiser nun, eher gerangelt.
Keine Sekunde später tauchte Uwe Becks Hinterkopf in der Öffnung auf. Instinktiv griff Daniel nach seinem Holster, aber er trug nicht einmal einen Gürtel. Vor allen Dingen keine Walther. Als Gehbehinderter durfte er keine Dienstwaffe führen. Was sollte er machen? Einen brutalen Kerl wie Beck mit bloßen Händen zu attackieren schien ihm mehr als gewagt.
Das Brecheisen! Ohne weiter nachzudenken, hob er es auf. Er heizte seinen Rollstuhl an, sodass er einen Satz nach vorne machte. Wild entschlossen schlug er Beck, der gerade mal mit dem Oberkörper aus der Luke herausragte, die Stange ins Genick. Der Länge nach flog Beck hin.
Diese Dreistigkeit, die Flucht nach vorne anzutreten, bewies Daniel nur Becks unerschütterliches Selbstbewusstsein. Es musste sich zu Größenwahn gesteigert haben, weil sein Lupanar so lange unentdeckt geblieben war, er bis dato ungeschoren mit dem Mord an Verena Haas davongekommen war und er es geschafft hatte, Schumanns Leiche an einem halb öffentlichen Ort abzulegen, ohne identifiziert zu werden.
Daniel erinnerte sich an das Gespräch mit Abuu Beti vor der Mikwe.
„Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum er sein kleines Opfer hier deponiert hat.“
„Doch, den gibt es. Der Täter wollte, dass die Leiche gefunden wird.“
„Welcher Mörder will das schon? Haben nicht alle im Sinn, ihre Tat zu vertuschen?“
„Nicht die Angeber unter ihnen.“
Uwe Beck hatte nicht nur Roman Schäfer eine verkappte Warnung schicken wollen, sondern er wollte sich auch profilieren. Das leitete Daniel davon ab, dass Beck sich in dieser Situation doch tatsächlich durch das Erdgeschoss der Nummer 13 davonmachen wollte, obwohl er ahnen musste, dass sich noch Polizisten im Haus aufhielten.
Zu seiner Verwunderung erhob sich Beck. Er betastete seinen Nacken. Sein Gesicht flog zu Daniel herum, verzerrt vor Schmerz und rot vor Wut.
Der Schlag war nicht fest genug gewesen. Verdammt! Daniel hatte zwar das Überraschungsmoment genutzt, aber nicht nachgelegt. Er nahm sich vor, nie wieder seine Rollstuhltaschen im Auto liegen zu lassen. Darin befanden sich der Einsatzmehrzweckstock und die Handschellen.
Schneller als Daniel es Uwe Beck zugetraut hätte, sprang der Ex-Knacki auf seine Füße. Er wirbelte herum und schoss wie ein Hochgeschwindigkeitszug auf ihn zu – groß und massiv.
In der Not setzte Daniel den Kuhfuß wie einen Schlagstock ein. Entschlossen hieb er nach Beck. Er ließ die Brechstange durch die Luft sausen. Einen Moment lang hielt er seinen Gegner damit auf Distanz. Doch dann schaffte es Beck, sie zu packen. Ein Gerangel entstand. Daniel wusste, dass er verloren hatte, wenn Beck ihm das Eisen entriss. Aber dieser konnte
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