Nr. 13: Thriller (German Edition)
Gitte Hamacher eine militante Gegnerin der Hausgemeinschaft in Nummer 13.“
„Irgendein Altenheim wird Elisabeth H. im Laufe des Tages abholen. So lange bleibt eine Nachbarin bei ihr.“ Fuchs steckte sich den Kugelschreiber hinter die Ohrmuschel. „Zufall oder nicht, was meint ihr?“
„Ich glaube nicht an Zufälle.“ Daniels Kiefer mahlten.
Leander dagegen zuckte mit den Achseln. „Unfälle geschehen nun mal.“
„Ein Rädelsführer der Bürgerinitiative weniger“, sinnierte Daniel laut. „Ebenso wie eine Voyeurin, die tagein, tagaus nichts anderes zu tun hat, als mit dem Fernglas die Nachbarschaft auszuspionieren. Es kann den entlassenen Kinderschändern, die genau gegenüber wohnen, nur recht sein, wenn beide aus dem Weg geräumt sind.“
„Schaut euch mal in der Bruchstraße 13 um.“ Fuchs wollte den Raum verlassen, blieb jedoch an der Tür stehen und drehte sich noch einmal zu ihnen um. „Aber geht nicht mit der Brechstange ran, denn einen Durchsuchungsbeschluss kann ich euch nicht besorgen. Dafür fehlen handfeste Beweise und die Indizien reichen auch nicht aus.“
Leander nickte. „Geht klar, Chef.“
„Ich meinte auch mehr den Rallyefahrer von euch zweien. Er darf zwar keine Walther tragen, aber für sein Mundwerk bräuchte er einen Waffenschein.“ Das Lächeln in Fuchs’ Gesicht wuchs zu einem fetten Grinsen heran. Er zwinkerte Daniel zu und ging.
Leander nickte. „Geht klar, Chef.“
Während Tomasz und Leander sich sichtlich amüsierten, schrieb Daniel in Gedanken auf seine To-do-Liste, seinen Kampftrainer um etwas zu bitten. Er musste ihm dringend zeigen, wie man einem Flüchtenden den EMS, den Einsatzmehrzweckstock, an den Hinterkopf wirft.
***
Ausnahmsweise ließ Daniel Leander fahren. Gerade weil er gehandicapt war, bestand er sonst darauf, dass sie seinen umgebauten, behindertengerechten Privatwagen nahmen. Doch er wollte den verurteilten Sexualstraftätern nicht völlig unvorbereitet entgegentreten und so rief er auf seinem Tablet-PC die Akten der Bewohner von Haus Nummer 13 auf. Die Polizeiinspektion West, zuständig für Ehrenfeld, behielt sie im Auge. Aber sie mussten auch schon öfters zu ihrem Schutz ausrücken.
Welch eine Ironie, dachte Daniel, als sie ausstiegen.
Tief hing die graue Wolkendecke über der Bruchstraße. Er beeilte sich, vor dem nächsten Schneeregenschauer zum Eingang zu kommen. Der nasskalte Wind drang unter seinen Kragen und er wünschte sich, er konnte es selbst kaum glauben, einen Schal. So einen wie Leander trug. Dünn wie ein Spargel, schien dieser trotzdem nicht zu frieren.
„Ich wette, Polarforscher wären neidisch, würden sie deinen Winteranorak sehen“, frotzelte Daniel. Bei jedem Wort stob eine Atemwolke aus seinem Mund. „Du hast bestimmt eine Jacke für jede Jahreszeit, wie Frauen das haben, stimmt’s?“ Echte Kerle brauchten seiner Meinung nach nur eine einzige.
„Clevere Menschen tragen clevere Kleidung.“ Leander tippte gegen seine Brust. „Die Füllung besteht aus 90 Prozent Entendaunen. Innen hat der Parka eine hypermoderne dünne Wattierung aus metallisierten Fasern, die das Aufwärmen beschleunigt.“ Mit stolzgeschwellter Brust lüftete er einen seiner Ärmel. „Anliegende Bündchen aus Fleece, Kunstfellrand an der Kapuze, langer Schnitt, wind- und wasserabweisendes Obermaterial – nicht einmal ein Blizzard könnte mir was.“
Daniel schnaubte. „Wir sind in Köln, nicht in der Arktis.“
„Ich bin nicht derjenige, der blaue Lippen hat“, antwortete Leander etwas außer Puste, da er kaum mit Daniel mithalten konnte.
Seine Schiebermütze ins Gesicht gezogen, heizte Daniel seinen Feuerstuhl an, damit ihm warm wurde und um schneller aus der Kälte zu kommen. Als der Hauseingang in Sicht kam, drosselte er abrupt sein Tempo.
Je näher sie kamen, desto lauter klangen die aggressiven Schmährufe der Männer und Frauen, die auf dem Bürgersteig auf und ab liefen. Donnernd hieben sie dabei die Stöcke, an denen ihre Protestschilder befestigt waren, auf den Asphalt. Für sechs Personen war die Geräuschkulisse beachtlich. Sie hörten sich an wie ein ganzes Heer zorniger Krieger, die heranstürmten und nichts als verbrannte Erde hinterließen.
Der Mann vor ihnen tauchte immer wieder eine Bürste in einen Eimer und schrubbte damit über die Schmierereien auf der Backsteinfassade. Seine braunen Locken wippten nervös im Rhythmus seiner Bewegungen. Seine Gesundheitssandalen waren ganz nass, ebenso die dicken Wollsocken
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