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Nr. 13: Thriller (German Edition)

Nr. 13: Thriller (German Edition)

Titel: Nr. 13: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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Nase gerümpft, denn Roman sagte: „Wenn man ganz unten ist, kann man sich den Luxus nicht erlauben, anspruchsvoll zu sein.“
    Benjamin hörte weder Schwermut heraus noch eine Anklage, womit er gerechnet hatte. Roman wirkte keineswegs geknickt oder verbittert, sondern betrachtete seine Situation realistisch und nüchtern. Das überraschte Ben. Und ein wenig imponierte es ihm auch.
    „Ich bin selbst schuld an meinem tiefen Fall. Niemand trägt die Verantwortung, außer ich selbst.“ Roman tippte sich gegen die Brust. „Ich habe mich in diese Absteige gebracht, also muss ich mich auch selbst wieder hier herausbringen.“
    Bevor er sich auf das Sofa setzte, zog er seine Hose an den Oberschenkeln hoch. Das erinnerte Ben an seinen Opa. Er hatte das auch immer getan, bevor er an Krebs verstorben war.
    „Und wie willst du das schaffen?“
    „Indem ich meine Mitmenschen davon überzeuge, dass meine Freunde und ich vertrauenswürdig sind. Dass sie keine Angst vor uns haben brauchen. Wir haben uns in der Haftanstalt gebessert. Dazu ist die Gefängnisstrafe schließlich da, nicht wahr?“
    „Die Menschen wechseln auf die andere Straßenseite, wenn sie an diesem Haus vorbeigehen müssen.“
    „Woher weißt du das?“ Roman kniff seine Augen zusammen, aber er lächelte. „Hast du uns etwa beobachtet?“
    Bens Wangen wurden heiß. „Das habe ich auf dem Hinweg gesehen.“
    „Man macht nur einen Bogen um uns wegen der Nachbarschaftsinitiative. Findest du nicht, dass die Protestierenden aggressiver wirken als wir?“
    Dem musste Ben zustimmen. Es brachte ihn zum Grübeln. Es schien ihm wie eine verkehrte Welt. Offenbar waren die Dinge nicht so, wie er geglaubt hatte. Verlegen schob er seine Hände in die Hosentaschen.
    „Als wir neu in die Bruchstraße zogen, standen unsere Türen für jedermann offen. Wir suchten das Gespräch mit den Anwohnern, um ihnen zu zeigen, dass wir Menschen wie sie sind.“
    Roman kam Benjamin auf jeden Fall harmloser vor als die Männer und Frauen auf der Straße. Sie schwenkten die Protestschilder über ihren Köpfen wie Morgensterne. Ihre Rufe klangen wie Kriegsgeschrei. Vielleicht hatte Roman recht und Passanten wollten gar nicht die Nummer 13 umgehen, sondern die Bürgerwehr.
    „Und was war die Antwort?“, fuhr Roman fort. „Zerbrochene Fensterscheiben, Molotowcocktails und eine gebrochene Nase.“
    „Eine gebrochene Nase?“
    Der Schneefall vor dem Fenster nahm zu. Es wurde noch dunkler im Raum.
    „Unbekannte überfielen Uwe Beck, als er nachts von seiner Arbeit als Gebäudewachmann zurückkehrte. Sie schlugen auf ihn ein und traten ihm in den Bauch, in die Weichteile und ins Gesicht. Daraufhin kam er ins Krankenhaus. Er verlor seinen Job, weil er noch in der Probezeit war, und findet seitdem keine neue Anstellung mehr. Seine Nase ist immer noch schief und er bekommt schlecht Luft. Aber die Ärzte verweigern ihm eine Operation. Sie behaupten, dass eine Begradigung der Nasenwand nichts bringen würde. Ich glaube ja eher, sie wollen das Geld der Krankenkassen nicht für einen Ex-Kriminellen ausgeben.“ Roman zischte. „Dabei hat Uwe vor seiner Verhaftung einbezahlt wie jeder andere auch.“
    „Ziemlich unfair.“
    Plötzlich neigte sich Roman vor. Er stützte sich mit den Ellbogen auf den Oberschenkeln ab und legte seine Handflächen aneinander. „Du musst von der Straße runter, Kobold, bevor es zu spät ist. Lebst du zu lange in der Gosse, kommst du dort nicht mehr heraus.“
    Benjamin wollte nicht über sich reden. Dummerweise hatte er sich keine Geschichte für seine falsche Identität ausgedacht. Du bist ein toller Real Life Superhero! Aber er hatte auch nicht damit gerechnete, dass jemand danach fragen würde. Er wunderte sich nun darüber, dass ein Fremder sich Sorgen um ihn machte, während seine Eltern nicht einmal wissen wollten, was er in seiner Freizeit machte. Sie interessierten sich nur dafür, ob seine Leistungen im Gymnasium trotz der Sache mit GeoGod und der räumlichen Trennung der Familie stabil blieben.
    Dankbar lächelte er Roman an und nahm neben ihm Platz. Um von sich abzulenken, deutete er auf die Gitarre. „Ist die nur Deko?“
    Eine Weile hörte Benjamin ihm beim Spielen und Singen zu. Er konnte sich Roman gut mit einer Gruppe von Pfadfindern oder Schülern auf Klassenfahrt am Lagerfeuer vorstellen. Plötzlich wünschte er sich, einen Lehrer wie ihn zu haben. Ruhig, besonnen und tiefgründig. Selten fühlte er sich derart von einem Erwachsenen ernst

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