Nr. 13: Thriller (German Edition)
im Wald und die Schönheit der Natur, sondern Vergewaltiger hinter Bäumen versteckt und Frauenleichen unter Laub verborgen.“
„Es ist eine Herausforderung, das Grauen nicht an sich heranzulassen, auch für uns.“ Daniel wusste selbst nicht, wie er es ertrug, täglich mit Tötungsdelikten zu tun zu haben. So viele Leichen, all diese Gewalt und Niedertracht. Wegen der psychischen Belastung im Kriminalkommissariat 11 wurde damals die Hospitanz eingeführt. Zu viele neue Kollegen hatten schon nach kurzer Zeit einen Abteilungswechsel beantragt. „Ist sie in psychologischer Behandlung?“
„Mel weigert sich, sie braucht noch Zeit, die gebe ich ihr. Mit Druck würde man nur erreichen, dass sie sich vollkommen in sich verkriecht. Ich habe Angst, dass ich dann gar nicht mehr an sie herankäme. Mein Vater ist anderer Meinung“, erzählte Leander und krauste die Nase. „Er hält sie für schwach und spinnert, denkt, sie würde mich ausnutzen. Ich soll sie rauswerfen. Schocktherapie. Ich würde mich wundern, wie schnell sie wieder auf die Beine käme, wenn ich sie nicht mehr verhätscheln würde.“
„Dein Dad scheint ein kalter Mann zu sein.“
„Genauso hart und herzlos wie Stahl. Ein perfekter Diener des Staates, aber der schlechteste Vater der Welt. Nur gut, dass er wegen seines Berufs selten zu Hause war und ich praktisch alleine bei meiner Mutter aufwuchs.“
Daniel wunderte sich, dass Leander rein gar nichts von seinem Erzeuger abbekommen hatte. Seine Erziehung hatte offenbar sogar das Gegenteil bewirkt und Leander noch sanfter gemacht. Nun, da er etwas über das Privatleben seines jungen Kollegen wusste, verstand er ihn viel besser. „Du bist genau richtig, so, wie du bist.“
„Gefühlsbekundungen von dir? Für einen anderen Kerl? Du wirst doch wohl keine weiche Seite haben. Vielleicht trägst du ja heute deinen rosa Slip heimlich unter den Shorts mit den Playboy-Häschen.“
„Übertreib es nicht, Spargel!“ Energisch spießte Daniel einige Pommes auf. Ohne aufzusehen, sagte er: „Es wäre mir übrigens egal gewesen.“
„Wovon sprichst du?“
„Wenn du vom anderen Ufer wärst.“
„Du möchtest nur selbst nicht für schwul gehalten werden.“
„Mach heute früher Feierabend. Wegen Mel. Falls jemand fragt, sag, ich hätte dich weggeschickt.“ Als Daniel Fleisch und Fritten in den Mund schob, war beides nur noch lauwarm. Er verzog das Gesicht.
„Das geht nicht. Ich habe da etwas gefunden, das ich mit dir besprechen muss.“
„Und das betrifft was?“
„Stefan Haas.“ Leander schob sich eine Gabel Kopfsalat mit einem Stück Hähnchen in den Mund. Nun, da er nicht mehr über seinen Vater redete, schien er seinen Appetit wiedergefunden zu haben.
„Haas?“
„Pfefferkorn“, zischte Leander kurzatmig, wedelte mit der Hand vor seinem Mund herum und trank die Hälfte seiner kleinen Wasserflasche auf einmal. Erleichtert stieß er die Luft aus. „Mel kann am besten schreiben, wenn ich zu Hause bin. Nur dann ist sie vollkommen entspannt und schreckt nicht bei jedem Geräusch auf. Die ganze Nacht über hat sie am Computer gesessen. Aber wenn das Bett neben mir leer ist, kann ich schlecht schlafen. Also habe ich mir meinen Laptop geschnappt und das Internet nach den Pädophilen durchforstet.“
„Wozu? Wir kennen doch die Strafakte von Haas. Er wurde wegen Missbrauchs seines Sohns Noel zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Wie so viele, beteuerte er seine Unschuld. Körperlich gab es keine Auffälligkeiten bei dem Jungen, außer einer Verletzung am Penis. Aber die Vernehmung des damals Dreijährigen durch einen Psychiater untermauerte den Vorwurf.“
Leander spießte ein Hähnchenstück auf und wedelte damit herum, während er sprach: „Bisher haben wir uns aber nur die Urteile angesehen und alle Vermerke, die unmittelbar mit der Bruchstraße 13 zu tun haben. Ich habe mich darauf konzentriert, was nicht in den Akten steht.“
„Spann mich nicht auf die Folter.“
„Verena, die geschiedene Frau von Haas, und sein Sohn sind bei der Explosion ihres Fahrzeugs umgekommen.“
„Wann war das?“
Leander, der sich gerade den Fleischhappen in den Mund gesteckt hatte, kaute schneller, weil Daniel auf eine Antwort wartete. Nachdem er den Bissen hinuntergeschluckt hatte, hielt er Zeige- und Mittelfinger hoch. „Vor zwei Wochen.“
„Das wirft ein anderes Licht auf Stefan Haas“, überlegte Daniel laut. „Als wir ihn vor einer Woche vor der Nummer 13 trafen, machte er
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