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Nr. 799 (German Edition)

Nr. 799 (German Edition)

Titel: Nr. 799 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuna Stern
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Hanna?«
    Visionen?
    »Ich verstehe nicht«, log ich, obwohl ich ahnte, worauf er hinauswollte.
    Er zückte die Spritze aus seiner Tasche und hielt sie mir an den Nacken. »Seien Sie ehrlich«, raunte er und diesmal blitzten seine Augen auf.
    Ich wusste, dass er zustechen würde, wenn ich mich bewegte. Dennoch wollte ich ihm nicht die Wahrheit sagen. »Visionen worüber? Meinen Sie, dass ich mit Gott spreche? So wie die Jungfrau von Orléans?«
    »Seien Sie nicht albern«, wisperte er. »Sie wissen, was ich meine. Denn falls meine Vermutung zutreffen sollte, wird Sie niemand mehr vor denen schützen können. Glauben Sie mir. Ich versuche Ihnen nur zu helfen.«
    Sein Kopf war mir so nahe, dass ich seinen beißenden Schweißgeruch wahrnahm. Ich schüttelte mich und wandte mein Gesicht ab. »Sie können mir nicht helfen«, wisperte ich. »Ich bin tot. Oder nicht?«
    Im nächsten Moment vergrub er die Nadel in meinem Hals. Eine brennende Flüssigkeit breitete sich in meinem Nacken aus und ich versuchte mich aus seiner Umklammerung zu kämpfen, aber ich war zu schwach.
    Ich spürte, wie meine Beine nachgaben, ich landete auf dem Fliesenboden, die Wand noch immer im Rücken. Mir war übel, ich wollte noch etwas sagen, aber ich wusste nicht, was. Meine Zunge fühlte sich taub an. Und mein ganzer Körper war heiß, so dass ich mir am liebsten den blassblauen Kittel vom Leib gerissen hätte.
    Ich ließ meine Wange auf den Fliesenboden sinken und genoss die Kühle.
    Meine Arme wurden schwer, ich legte sie neben meinem Kopf ab, weil ich sie nicht mehr hochheben konnte. Vor meinen Augen verschwamm alles, ich fühlte mich so müde, wie ich mich in dieser Anstalt noch nie gefühlt hatte.
    Bevor ich einschlief, sah ich Doktor Aurelian P.s verzerrtes Gesicht, das mich um Entschuldigung bat. Entschuldigung wofür, fragte ich mich und schloss die Augen.
    Die spitze Nadel brennt auf meiner Haut. Bastian hält meine Hand fest und sieht mich mit besorgter Miene an.
    »Tut’s weh?«, fragt er leise. »Das brauchst du nicht zu tun.«
    »Du hast es doch auch getan, für mich«, erwidere ich und versuche zu lächeln. Obwohl es wirklich verdammt weh tut. Ich beiße die Zähne zusammen und umklammere seine schwitzige Hand noch etwas fester, während er die Augen schließt, als könne er mein Leid genauso wenig ertragen.
    »Das war eine dumme Idee von mir«, sagt er und verzieht das Gesicht. »Das hätte ich gar nicht erst anfangen dürfen. Ich hätte wissen müssen, dass du auch ein Tattoo willst, wenn ich eins habe.«
    »Du hast nicht nur irgendein Tattoo«, krächze ich. »Du hast meinen bescheuerten Namen auf deinem Arm eintätowiert. Da muss ich mich doch irgendwie revanchieren?«
    »Mit einem feuerspeienden Drachen?« Er lacht leise.
    »Ich finde Drachen cool«, antworte ich leicht beleidigt. »Außerdem finden sich auf seiner Schuppenhaut deine Initialen.«
    Wieder beginnt er zu kichern, so wie er es auch immer tut, wenn er heimlich Cartoons auf seinem Laptop schaut.
    »Ja, weil du meinen Namen genauso bescheuert findest wie deinen eigenen«, flüstert er, während im Radio ein neuer Song gespielt wird. Irgendetwas von einer Indierockband, die wir beide furchtbar finden.
    »Nein, irgendwie ...«, ich versuche mich zu verteidigen. Wie soll ich ihm nur erklären, dass ich einfach keinen Namen auf meiner Haut tragen will? Wenn ich gewusst hätte, dass er vorhat, sich meinen Namen eintätowieren zu lassen, ich hätte ihn sowas von aufgehalten. Denn wer weiß, wie lange wir noch zusammen sind? Irgendwie glaube ich nicht an die unsterbliche Liebe, die alle Zeiten sprengt und jedes Hindernis übersteht. Aber als ich erfahren habe, was er für mich getan hat, musste ich ihm doch irgendwie entgegenkommen. Und das tue ich nun auf diese bekloppte Dracheninitialenweise.
    »Ich verstehe schon«, unterbricht er mich und lächelt freundlich. »Ich will dir nur sagen, dass ich dich ...« Er läuft rot an. »Also dass ich dich ...«
    »Dass du mich hasst?«, frage ich lachend. »Na danke. Das hättest du mir auch sagen können, bevor da ein BJ auf meiner Schulter prangt.«
    Er schüttelt den Kopf und sieht mich liebevoll an. »Dass ich dich nie verlieren will.«
    Ich weinte, als ich die Augen aufschlug. Und realisierte, dass ich auf einer Liege im Untersuchungszimmer gebettet war.
    Doktor Aurelian P. stand neben mir und hielt meine Hand fest umklammert, als würde er meinen Puls messen. Was er natürlich nicht tat, oder?
    »Sie haben geträumt«,

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