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Nr. 799 (German Edition)

Nr. 799 (German Edition)

Titel: Nr. 799 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuna Stern
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Stethoskop an ihre Brust, woraufhin ich murmelte: »Bringt das überhaupt was? Wenn wir doch keinen Herzschlag mehr haben?«
    Er zog die Augenbrauen hoch und sah mich ungeduldig an. »Lassen Sie mich meine Arbeit machen, Hanna?«
    »Jaja, klar.«
    Wieder wandte er sich dem kranken Mädchen zu. Er bat Mia, ihren Mund ganz weit zu öffnen, damit er mit einer Minilampe ihren Rachen überprüfen konnte. Anschließend betastete er ihren Hals, als würde er nach irgendwelchen Knoten suchen. Zum Schluss seufzte er laut hörbar auf.
    »Was ist?«, fragte ich sofort besorgt. »Stimmt etwas nicht?«
    »Ich muss sie hier behalten«, antwortete er leise, so dass nur ich ihn hören konnte. »Sie darf auf keinen Fall wieder nach oben. Ich werde sie eine Weile beobachten müssen.«
    »Warum?«
    Mia sah zu uns hoch und runzelte die Stirn. »Darf ich jetzt zurück in mein Zimmer? Ich bin müde.« Sie rieb sich die Augen.
    »Ich befürchte«, begann Doktor Aurelian P. und räusperte sich, »also, ich befürchte ja, Kind, dass du ...«
    »Warten Sie«, zischte ich. »Was soll das? Sagen Sie mir sofort, was mit ihr nicht in Ordnung ist. Ich lasse sie nicht alleine.«
    Er sah mich verwundert an. »Ach? Und das bestimmen Sie einfach so? Was haben Sie bisher hier erreicht, dass Sie mit so einem Ton hier auftreten? Soweit ich weiß, nichts.« Er hob abwehrend die Hände. »Also wenn es nach mir ginge, könnten Sie alle tun und lassen, was Sie möchten. Sie könnten dem Kind hier Gute-Nacht-Geschichten vorlesen und bei ihm schlafen, damit es keine Angst hat. Aber selbst ich kann darüber keine Entscheidungen treffen. Und Sie erst recht nicht.«
    Mit einem letzten, undurchschaubaren Blick auf Mia hastete er zurück an sein Pult und drückte auf einen roten Alarmknopf, der daneben an einer Wand hing.
    »Was machen Sie da?«, flüsterte ich.
    »Das Mädchen muss in die Quarantänestation«, antwortete er und zuckte entschuldigend mit den Achseln. »Ich muss sie melden.« Dann veränderte sich sein Blick und er sah mich voller Ernst an. »Gehen Sie besser raus, bevor die kommen. Sonst könnten die auch Sie mitnehmen. Und das wollen wir doch nicht, oder?«
    »Nein, ich gehe nicht –«
    Doktor Aurelian P. eilte in meine Richtung und riss Mia und mich auseinander. Das Mädchen in seinen Armen verstand nicht, was passierte. Sie weinte und streckte ihre Hände nach mir aus.
    »Hanna, nein! Lass mich nicht –«
    »Gehen Sie«, rief der Arzt schroff. »Sofort. Es ist nur zu Ihrem Besten. Die sollten Sie hier nicht mit dem Kind antreffen.«
    »Aber –«
    Bevor ich noch etwas sagen konnte, schob er mich mit seinem freien Arm und entschlossenen Blick aus seinem Untersuchungszimmer.
    »Nein, Hanna!«
    Ihre Stimme hallte in meinen Ohren wider, als ich draußen auf dem Flur stand und nicht wusste, was ich tun sollte. Was passierte da drinnen? Sofort begann ich gegen die Tür zu hämmern, auf die Klinke zu drücken, doch Doktor Aurelian P. hatte die Tür von innen abgeriegelt.
    »Lassen Sie mich rein!«, schrie ich und schlug weiter dagegen. »Ich habe ihr versprochen, dass ich bei ihr bleibe! Bitte!«
    Es war meine Schuld, dachte ich. Ich hatte dem Arzt verraten, dass sie Fieber hatte. Vielleicht hätte er sie sonst gar nicht richtig untersucht, so wie bei mir damals. Vielleicht hätte er sie ganz schnell hinausgeschickt, ohne zu merken, dass etwas nicht stimmte.
    Was würden sie bei Mia herausfinden? Dass sie sich erinnern konnte? Und was würden sie ihr dann antun?
    Ich hämmerte weiter gegen die Tür, doch nichts passierte.
    Ich hatte gewusst, dass ich niemandem vertrauen durfte. Wie konnte ich dem Arzt einfach so erzählen, dass sie Fieber hatte?
    Ich war dumm.
    Irgendwann sank ich auf dem Flurboden zusammen und spürte eine Hand auf meinem Rücken. Als ich aufsah, stand David neben mir und blickte mich durchdringend an.
    In diesem Moment überwältigten mich so viele Gefühle für ihn, dass ich aufsprang und ihn umarmte.
    »Sie haben sie mir weggenommen«, wisperte ich.
    »Ich weiß«, entgegnete er leise und streichelte meinen Rücken.
    Ich hielt ihn lange fest, so lange, bis er sich räusperte und flüsterte: »Es tut mir leid, dass ich das sagen muss. Ich möchte es wirklich nicht tun. Aber ... du solltest mich jetzt langsam loslassen. Sonst werden sie ...«
    Ich nickte und riss mich von ihm los. Dann begann ich zu weinen, ohne dass ich aufhören konnte.

KAPITEL 12

Das Schlimmste war, dass meine eigene Untersuchung noch anstand. Ich musste noch

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