Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nr. 799 (German Edition)

Nr. 799 (German Edition)

Titel: Nr. 799 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuna Stern
Vom Netzwerk:
enthüllte seine linke Schulter, als hätte er ihn sich nur lässig übergeworfen.
    »Ich will jemanden sprechen. Einen Arzt«, sagte er.
    Einzig seine Vorsicht mir gegenüber ließ mich annehmen, dass ich noch eine Chance hatte, ihn zu erreichen. Er schrie nicht, schlug nicht auf mich ein. Er hasste mich nicht. Er war sich nur unsicher. Wie konnte ich ihn nur überzeugen?
    »David«, wisperte ich.
    »Das ist nicht mein Name.«
    »Doch. Oder willst du etwa, dass ich dich Nummer Achthundert nenne?«
    Er blieb neben einem Holzschrank stehen. Sah misstrauisch zu mir herüber. »Das kommt mir bekannt vor. Nummer Achthundert . Wieso? Was hat das zu bedeuten? Oder ist das ein Scherz?«
    »So in etwa«, nickte ich. »Erinnerst du dich denn wirklich gar nicht mehr? An mich? « Mir war nach Weinen zumute. Wie konnte er mich einfach so vergessen? Ging das so einfach?
    Er kam einen Schritt auf mich zu. Blieb jedoch in sicherer Entfernung stehen, so als würde er mich als gefährlich einstufen. Mit seinen blassen Augen musterte er mich eingehend. »Du bist schön«, stellte er fest.
    »Na ja«, entgegnete ich. Spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss.
    »Doch«, meinte er, als wollte er eine Art Punkt setzen, seine Aussage bekräftigen, für richtig erklären. »Warst du nicht ...« Er kniff die Augen zusammen, als würde er nachdenken. »... damals ...«
    »Damals?«, wiederholte ich hoffnungsvoll.
    »Ja.« Er löste seinen Blick nur widerwillig von mir und fasste sich an die Stirn. »Ich kenne dich«, wisperte er. »Du bist das Mädchen, das im Auto saß.«
    »Im Auto?«
    »Ja«, hauchte er und schüttelte den Kopf, als könnte er es nicht glauben. Er lief an mir vorbei und wieder zurück, blieb nur wenige Meter von mir entfernt stehen, blickte auf mich herab. Stirnrunzelnd. »In jener Nacht ... Als mein Vater mich abgeholt hat. Da warst du.«
    Er war völlig verwirrt. Er musste mich mit irgendeinem anderen Mädchen verwechseln.
    »Ich war nirgendwo, David. Das bildest du dir ein. Diese Arschlöcher haben dir irgendetwas verabreicht, deswegen halluzinierst du. Das stimmt alles nicht. Die haben dich manipuliert, damit du mich nicht mehr ...«
    »Damit ich dich nicht mehr mag, deswegen? «
    Ich spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg. Schnell sah ich auf den Boden. »Falls du das überhaupt – also – tun solltest.« Ich traute mich nicht mehr, ihn anzusehen.
    Er trat einen Schritt näher. Ich hätte nur die Hand ausstrecken müssen, um nach seinem Arm zu greifen. Ich hätte so gerne ... ihn festgehalten. Alles ausgeblendet.
    Doch plötzlich begann er zu torkeln, streifte mit seinen Fingerkuppen meinen Hals, landete auf dem Boden, ohne dass ich ihm helfen konnte. Dort krümmte er sich zusammen.
    »Was kann ich tun?« Ich hockte mich neben ihn, strich über seinen Rücken.
    Ich wartete, bis er endlich den Kopf hob und mich ansah. Mit klarem Blick. War er wieder der Alte? Konnte er sich wieder erinnern? An mich? Bitte!
    »Du hast schon genug getan, indem du hierhergekommen bist, um mich zu retten«, antwortete er schwach, »Hanna.«
    Mir fiel so ein riesiger Stein vom Herzen, es hätte ein ganzer Berg aus Stein sein können. Emotionen, Liebe, Angst überwältigten mich. Um ihn. Für ihn. Eine Träne rollte meine Wange hinunter, für die ich mich nicht schämte. Ich weinte zwar ungern, doch vor David konnte ich mich so zeigen, wie ich war, wie ich mich fühlte.
    »Wir müssen los«, sagten wir gleichzeitig und lachten.
    Ich zog ihn hoch, woraufhin er mich kurz umarmte. Dann lösten wir uns voneinander, ich nickte ihm zu, er nickte zurück. Er lächelte ein letztes Mal, bevor wir losliefen.
    »Wo müssen wir hin?«, flüsterte er, während wir das Treppenhaus hinunterstürmten.
    Ich wunderte mich darüber, dass bisher noch niemand meine Abwesenheit bemerkt zu haben schien. Dennoch wusste ich, dass sie kommen würden. Uns nicht so einfach davonkommen ließen.
    »Ich kenne den Weg«, antwortete ich und zeigte ihm die Karte. Er sah sie sich genauer an, zeigte mit seinem Daumen auf das aufgezeichnete Tor, das auch mir aufgefallen war.
    »Dahin?«
    »Ja, ich denke schon«, nickte ich.
    Und so liefen wir weiter. Stufe um Stufe. An den Wänden hingen silberne Plaketten, die jede Abteilung aufführten. QS (QUARANTÄNESTATION). KS (KRANKENSTATION). NUMMER VIERHUNDERT. NUMMER DREIUNDNEUNZIG. Und so weiter und so fort. Auch waren Pfeile abgebildet, die teilweise keinen Sinn ergaben. Manchmal zeigten sie in eine Richtung, in der

Weitere Kostenlose Bücher