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Nr. 799 (German Edition)

Nr. 799 (German Edition)

Titel: Nr. 799 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuna Stern
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eigentlich nur eine Wand war. Und dahinter nichts existieren konnte. Oder?
    Plötzlich blieb ich stehen, so dass David mit mir zusammenstieß. Ich hatte etwas – nein, JEMANDEN – vergessen.
    »Mia«, wisperte ich. »Wir müssen erst Mia holen.«
    Wo war sie? Wo würde ich sie finden?
    David sah sich hektisch im Treppenhaus um, schien zu überlegen. »Wir haben keine Zeit«, sagte er irgendwann entschuldigend, »wirklich keine Zeit, Hanna. Auch wenn ich selbst ... Wir wissen nicht, wo sie ist.«
    »Ja, aber -«
    Er strich vorsichtig mit seiner Hand über meine Wange. »Ich weiß. Wir werden sie holen, wenn wir einen Weg finden. Das verspreche ich dir.« Dann musste er zu husten.
    Voller Sorge um ihn nickte ich prompt. »In Ordnung«, flüsterte ich, so weh es mir auch tat, »wir werden sie holen, wenn ...« Wir es schaffen.
    Wir liefen wieder los.
    Je weiter wir kamen, umso lauter hallten unsere Schritte vom Boden wider. Oder kam es uns nur so vor, weil wir müde wurden? David keuchte, schwankte mehrmals, doch ich half ihm, hakte mich bei ihm unter. Sie hatten irgendetwas mit ihm getan, das ihn geschwächt hatte. Im gelblichen Licht des Treppenhauses wirkte er aschfahl, krank. Seine Lippen waren aufgesprungen.
    »Wir schaffen das«, ermutigte ich ihn. Und auch mich.
    Doch als wir die vorletzte Treppe erreichten, die uns zu unserem Ziel führen würde, zu diesem ganz besonderen Tor, fingen die Alarmglocken zu läuten an. Wir fuhren zusammen. An der Decke hingen Meldeleuchten, die rot blinkten. Aus den Lautsprechern dröhnte eine piepsende Stimme, die ich kannte - Fräulein Ingrid W. Eine aufgewühlte Fräulein Ingrid W. ... Ich achtete nicht auf das, was sie sagte, von allen Seiten her hörte ich mit einem Mal Stimmen, Schritte. Von oben, unten, rechts, links. Wie Soldatenschritte, einheitlich. Ein Beben, das durch den Boden ging.
    »Wir müssen rennen«, schrie ich David zu.
    Er nickte gequält.
    Die nächsten Stufen sprangen wir hinunter, hielten uns am Geländer fest, weil das Beben immer stärker wurde, die Stimmen immer lauter. Nun nahm ich doch ein paar Worte aus Fräulein Ingrid W.s Mund wahr: »Achten Sie auf Ihre Sicherheit. Die Patienten könnten bewaffnet sein.«
    Sie warnte die anderen Überführer vor uns. Hysterisch lachte ich auf. Wir sollten hier die Gefährlichen sein? Obwohl sie keine Gefühle besaßen, keine Erinnerungen, rein gar nichts? Wie konnte das sein?
    Ich stolperte, rutschte die nächsten Stufen hinunter, bis ich Davids Arm spürte, der sich um meine Brust legte, damit ich nicht fiel. Damit ich mich nicht verletzte.
    »Danke.«
    Er nickte, sagte nichts. Seine Augen wirkten mit einem Mal anders auf mich. Sie leuchteten, blinkten, verschwammen. Oder war das nur meine Aufregung, mein Gehirn, das mir etwas vorspielte? Wahrscheinlich.
    Wir rannten weiter.
    Gegenseitig zogen wir uns weiter, stützten uns, wenn wieder ein Beben durch die Anstalt ging. Die Meldeleuchten tauchten das Treppenhaus in blinkendes, rotes Licht, und als ich zurücksah, entdeckte ich Schatten, die uns hinterhereilten. Es waren nicht unsere eigenen Schatten.
    Und dann waren da die Stimmen. Sie kamen näher. Ein wanderndes Konzert von Überführern.
    Verdammt. Schneller. Bald waren wir da.
    BALD. WAREN. WIR. DA.
    Ich biss die Zähne zusammen, riss David mit, rannte, sprang, hechtete, keuchte. Bog ab. Und da. Endlich. Hatten wir es geschafft.
    Endlich wagte ich es, auszuatmen. Eine kurze Pause einzulegen ...
    Dann rannte ich auf das Tor zu und schüttelte es. Es war abgeschlossen.
    Nein!
    »Da ist eine Anlage mit Code«, murmelte David, der neben mir auftauchte. »Da, sieh mal.«
    Und tatsächlich. Um das Tor zu öffnen, musste ich einen Code eingeben. Aber was für einen? Wieso hatte ich nicht daran gedacht, dass es abgeschlossen sein könnte? Und jetzt?
    Ich zuckte die Achseln, sah David ratlos an, während das Beben so stark wurde, dass wir schwankten. Ich hielt mich nur noch mit Mühe aufrecht.
    »Gib irgendetwas ein«, schlug er vor. »Egal. Was dir einfällt. Vielleicht klappt es.«
    Ich nickte, tippte wild drauflos. Irgendwelche Zahlen, Ziffern. Dann Sieben, Neun, Neun, meine Nummer. Nichts. Dann Acht, Null, Null, Davids Nummer. Wieder nichts. Irgendwelche Zahlen, einfach so. Drei, Zwei, Fünf, Sechs, Neun, Acht. NEIN.
    »Konzentrier dich«, flüsterte David und legte seinen Arm um meine Schulter. »Dir fällt schon eine Lösung ein. Das ist unsere letzte Chance.«
    »Ja«, flüsterte ich, warf einen Blick

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