Nubila 01: Das Erwachen
immer gut einen zu haben. Man konnte schließlich nie wissen.
Der Raum war spärlich möbliert, mit ein paar Stühlen, einem Sofa, einer Waschecke und einem Tisch. Allerdings würde Jason alles, was nicht niet und nagelfest war, auf jeden Fall aus diesem Raum entfernen müssen. Momentan halluzinierte Kathleen nur, aber wie er aus den Geschichten der anderen wusste, würde das nicht so bleiben. Theodor hatte ihm einmal erzählt, in welchen Stadien die Verwandlung eines Dieners ablief, doch Jason hatte damals gar nicht richtig zugehört. Er hatte es nicht für interessant gehalten und bereute seine gleichgültige Einstellung jetzt. Er würde Theodor auf jeden Fall noch einmal nach Einzelheiten fragen müssen. Wer hätte denn auch jemals gedacht, dass ausgerechnet er, Jason, in so eine Situation geraten könnte.
Er schüttelte verwundert den Kopf. Er hatte einfach nur Pech gehabt, weil seine Tochter zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war. Oder war Kathleen es gewesen, die zur falschen Zeit am falschen Ort war? Er wusste es nicht genau. Wahrscheinlich traf diese Aussage durchaus auf beide zu.
Verstohlen warf er wieder einen Blick in Delilahs Richtung, nur um sofort wieder den Blick abzuwenden. Ganz offensichtlich war sie noch nicht fertig.
Wenn er sonst nichts tun konnte, so konnte er doch wenigstens schon mal anfangen die Möbel nach draußen zu räumen.
Ohne die beiden Frauen weiter zu beachten, machte er sich an die Arbeit.
„ Hey, Jason“, rief eine männliche Stimme hinter ihm und Jason drehte sich verwundert um.
„ Greg“, sagte er fröhlich als er den jungen Mann hinter sich erblickte. „Hey. Ich hätte nie erwartet, dass du so schnell hier sein würdest. Wie geht’s dir?“
Greg war Jasons Cousin und Jason freute sich jedes Mal wieder ihn zu sehen. Er hatte braunes Haar und braune Augen, denselben Ton wie Doreen. Er war Jasons einziger Cousin von Doreens Seite und er war der Bruder von Cynthia, die schon seit langem bei Viktor und Doreen wohnte, weil sie sich nicht mit ihrer Mutter Stephanie verstand. Während Stephanies Schlafphase hatte auch Greg bei Viktor und Doreen gewohnt, aber Stephanie war seit einem Jahr wieder wach und da Greg noch jugendlich war, bestand sie darauf, dass er wieder bei ihr wohnte, damit sie nicht so alleine war.
„ Mir geht’s gut“, gab Greg zurück. „Sehr gut sogar. Ich habe nämlich sturmfreie Bude und da kam mir der Anruf von Doreen nur zu recht.“
„ Sturmfrei“, hakte Jason verwirrt nach. „Wie das?“
Stephanie gehörte nicht zu den Personen, die immer nur zu Hause herumsaßen, aber die Art und Weise, wie Greg es ausdrückte, ließ darauf schließen, dass es sich um etwas langfristigeres handeln musste.
„ Mom hat wieder mal jemanden kennengelernt“, sagte Greg schulterzuckend. „Ich bezweifle zwar, dass es diesesmal für die Ewigkeit reicht, aber man sollte ja die Hoffnung nie aufgeben, nicht wahr?“
Jason lächelte amüsiert.
„ Die Frauen unserer Familie haben alle einen schwierigen Charakter“, stellte er fest. „Das weißt du doch.“
„ Ja“, bestätigte Greg fröhlich. „Zumindest alle außer Cynthia.“
Jason nickte zustimmend. Cynthia war nicht kompliziert. Sie war genau in seinem Alter und sie waren zusammen aufgewachsen. Sie war ein einfaches, sympathisches, einfühlsames Mädchen. Kein bisschen ironisch oder kompliziert. Wahrscheinlich verstand sie sich deswegen nicht gut mit ihrer Mutter und ging auch Violette soweit es möglich war aus dem Weg. Manchmal fragte Jason sich wirklich, was Cynthia überhaupt daran hinderte ganz fort zu gehen und eine eigene Familie zu gründen. Das Zeug dazu hatte sie mit Sicherheit.
Greg blickte an Jason vorbei durch die offene Tür in den Sicherheitsraum und bekam sofort große Augen.
„ Ist sie das?“, fragte er interessiert.
Jason hatte die Möbel inzwischen entfernt und Kathleen lag nun, in ein einfaches Nachthemd gekleidet, einsam in dem großen Raum auf dem kahlen Boden. Ein Teil von Jason verspürte das eigenartige Bedürfnis es ihr bequemer zu machen, doch er wusste dass das eigentlich Unsinn war. Kathleen konnte gar nicht mitbekommen, was um sie herum geschah und es war ihr wahrscheinlich herzlich egal, ob sie nun in einem bequemen Bett oder auf den harten Fliesen lag, da ihr Körper so oder so vor Schmerzen hin und her zuckte.
„ Ja“, gab Jason zurück und trat einen Schritt zur Seite, damit Greg die Gelegenheit hatte sich die junge Frau besser anzusehen. „Das
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