Nubila 02: Aufstand der Diener
die gesamte Herrenrasse ausstirbt, solange du und deine Tochter in Sicherheit sind.“
Theodor zuckte gleichmütig mit den Schultern.
„Ist das so verwunderlich?“, fragte er. „Wir mögen nicht altern, aber wir sind nicht unsterblich. Mit unserer Rasse geht es langsam zu Ende. Was gibt es demnach Wichtigeres, als die eigenen Kinder?“
Marlene versetzten Theodors Worte einen Stich im Herzen, weil sie automatisch an Kara denken musste. Akima war dafür gewesen, mit aller Härte gegen Karas Verrat vorzugehen. Marlene hingegen hatte ihre Tochter geliebt und hätte ihr sogar verziehen, dass sie mit Jason davongelaufen war. Sie war zwar auch enttäuscht und verletzt gewesen, aber sie hätte niemals befürwortet, dass Akima ihrer Tochter etwas antat. Dass Kara am Ende durch die Wilden ums Leben gekommen war, bedauerte Marlene noch immer. Wahrscheinlich hatte Theodor Recht. Was gab es Wichtigeres als die eigenen Kinder? Oder Enkelkinder?
Wollte sie wirklich vor den Augen von Karas Tochter einen Krieg führen? Nein. Nicht solange Laney noch so jung war. Wenn sie älter war, würde sie die Notwendigkeit vielleicht verstehen, aber im Moment war sie dazu noch zu klein. Vielleicht war das der ausschlaggebendste Grund, um zu warten.
„Nun gut, Theodor“, verkündete Marlene. „Du hast mich überzeugt. Ich werde einen Kompromiss mit den Aufständischen schließen. Aber nur, wenn du mir versprichst, dass du in sechzehn Jahren auf unserer Seite sein wirst.“
Theodor lächelte und legte eine Hand auf sein Herz.
„Ich stehe immer auf Eurer Seite, Älteste“, erinnerte er sie. „Und nach Eurer Schlafphase verspreche ich, dass ich an Eurer Seite kämpfen werde.“
Marlene rümpfte die Nase und machte sich dann auf, um zu den Verhandlungen zurückzukehren.
Kapitel 23
Klärende Worte
Als die Tür aufging, blickten alle Anwesenden sofort zu Theodor und Marlene hinüber. Theodor wirkte zufrieden, wohingegen Marlene den Mund verkniffen hatte und offensichtlich ganz und gar nicht glücklich war.
„Alexander“, sagte sie und stellte sich gerade hin, um sich wenigstens noch ein bisschen Würde zu erhalten. „Ich biete euch an, dass ihr und eure Anhänger die Freiheit habt zu gehen und zu tun, was auch immer ihr wollt. Wir werden euch nicht weiter verfolgen. Aber seid gewarnt. Die Wilden werden nach wie vor erbarmungslos gejagt. Falls also einer von euch auf die Idee kommen sollte, menschliches Blut zu trinken, so ist das nach wie vor euer Todesurteil.“
Alexander nickte. Diese Regel konnte er problemlos akzeptieren. Marlenes Angebot war mehr, als er jemals zu hoffen gewagt hatte.
„Was ist mit den anderen Kaltblütern, die ihr als Diener haltet?“, fragte er nach.
„Jeder Diener hat das Recht frei zu wählen, ob er bei seinem Herrn bleiben will oder sich euch anschließt“, gab Marlene zurück.
„Aber …“, wollte Noemi sich einmischen, doch Marlene brachte sie mit einer einzigen Handbewegung zum Schweigen.
„Ich habe momentan das Kommando“, erinnerte Marlene sie. „Ich werde dir meine Beweggründe später erklären.“
„Was ist mit den Fabriken?“, fragte Kathleen und handelte sich damit einen wütenden Blick von allen Warmblütern außer Jason ein. Niemand war der Meinung, dass sie das Recht hatte, in dieser Runde zu sprechen.
„Die Frage ist berechtigt“, bestärkte Jason seine Partnerin. „Was wird aus den Fabriken?“
„Wir werden die Produktion stark einschränken“, versprach Marlene und sah dabei zu Theodor. „Irgendeinen Nachteil muss das Ganze ja auch für dich haben, mein lieber Theodor.“
„Keine Sorge, Marlene“, gab Theodor zurück. „Auch ich werde noch genug Konsequenzen zu tragen haben.“
„Nur einschränken?“, mischte Alexander sich ein. „Das versteht ihr unter einem Kompromiss?“
„Die Fabriken ganz zu schließen, ist uns nicht möglich“, stellte Theodor klar. „Zumindest nicht sofort. Wir leben seit Jahrhunderten in diesen Strukturen und sind auf das Blut angewiesen, das dort produziert wird.“
„Produziert?“, murrte Kathleen. „Doch wohl eher abgezapft. Ihr melkt die Menschen dort, als wären es Kühe.“
Marlene zuckte gleichgültig mit den Schultern.
„Sind sie das nicht auch? Im weitesten Sinne kann man die Menschen durchaus mit Vieh vergleichen. Und es wäre unmöglich, von allen Menschen gleichzeitig zu verlangen Vegetarier zu werden. Das würde zu Unfällen führen, zu Wilderei. Ich glaube nicht, dass das in eurer Absicht liegt,
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