Nubila 02: Aufstand der Diener
Sesseln und goldverzierten Lampen. Statuen bewachten den Eingang und an einer Seite stand ein reich verziertes Regal mit alten Büchern.
Theodor ließ sich auf eines der Sofas fallen und legte seine Füße auf den Tisch.
„Setzt Euch doch zu mir, Älteste“, forderte er sie auf. „Akima ist nicht so abweisend mit gegenüber und das aus gutem Grund.“
„Was du mit Akima treibst, ist mir einerlei“, konterte Marlene. „Ich werde auch nicht mit dir über Belanglosigkeiten reden. Warum sollte ich auf die Forderungen der Aufständischen eingehen? Wenn du nicht willst, dass deiner kostbaren Violette etwas geschieht, dann könnte man sie auch in den Keller sperren.“
„Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Nur leider würde Violette mir das nie verzeihen. Wenn sie schlafen würde, dann könnte ich es so darstellen, als hätte ich mit der ganzen Geschichte nichts zu tun gehabt. So jedoch würde sie mir die Schuld am Tod ihres Bruders geben. Das kann und will ich nicht tolerieren.“
Marlene verschränkte die Arme vor der Brust und wartete darauf, dass Theodor weitersprach.
„Marlene“, sagte er schließlich. „Ihr müsst zugeben, dass Ihr Euch in einer denkbar ungünstigen Position befindet, um einen Krieg gegen die Kaltblüter zu bestreiten. Akima und ihr Sohn Darius schlafen. Beide haben mächtige Gaben, ohne die Euch der Sieg nicht sicher ist. Warum also nicht warten? Überstürzt nicht alles. Wenn Ihr jetzt kämpft, dann wird es viele Tote unter den Warmblütern geben. Wenn Ihr aber so tut, als würdet Ihr auf die Forderungen eingehen, dann verliert Ihr vielleicht an Ansehen, behaltet Eure letzten Trümpfe aber in der Hand. Lasst doch Akima die Drecksarbeit erledigen. Das tut sie gerne. Das wisst Ihr doch.“
Marlene zögerte. Es stimmte, dass Akima mit Tod und Entsetzen keine Probleme hatte. Sie war es auch gewesen, die vor vielen Jahren das Schicksal der Aussätzigen besiegelt hatte. Mitgefühl war ihr fremd und es wäre so viel einfacher für Marlene, die Verantwortung in diesem Falle auf ihre Schwester zu übertragen.
„Ja. Akima und Darius haben mächtige Gaben“, gab Marlene zu. „Doch lohnt es sich darauf zu warten?“
„Selbstverständlich lohnt es sich. Ihr müsst in ein paar Jahren schlafen, Marlene. Und sobald Ihr wieder wach seid, werden die perfekten Voraussetzungen für eine Schlacht gegeben sein. Akima und Darrek werden wach sein und genug Zeit gehabt haben, um eine Armee aufzustellen. Laney wird alt genug sein, um sich mit Euch zu verbinden, und das Wichtigste von allem: Ich werde auf Eurer Seite sein, weil Violette tief und fest schlafen wird.“
Marlene zögerte. Theodors Argumente klangen plausibel, aber es missfiel ihr, den Forderungen der Barbaren nachzugeben und den Dienern die Freiheit zu schenken. Niemals zuvor hatten die Ältesten sich in einer ähnlichen Situation befunden. Einzulenken würde bedeuten Schwäche zu zeigen. Und das wollte Marlene möglichst vermeiden. Zum ersten Mal innerhalb der letzten eintausend Jahre begann das Fundament ihres Herrschaftssystems zu bröckeln.
„So lange zu warten, ist gefährlich“, stellte Marlene nachdenklich fest. „Wenn wir den Dienern zu lange erlauben frei zu leben, dann wird es schwierig sein, sie wieder in das System einzugliedern.“
„Oh. Das müsst Ihr doch gar nicht“, widersprach Theodor und sah sie breit lächelnd an. „Sie werden sterben. Jeder einzelne, der sich jemals gegen das System gewandt hat, wird getötet. Ihnen die Freiheit zu schenken, ist sogar die ideale Gelegenheit, um herauszufinden, wer wirklich auf Eurer Seite steht. Und alle, die davonlaufen, werden hingerichtet. So wie es heute geplant war. Ich bin sicher, dass Akima großes Vergnügen an diesem Gemetzel haben wird.“
„Und was geschieht mit Jason?“
„Er wird auch sterben. Alle Warmblüter, die sich für die falsche Seite entscheiden, werden getötet. Aber alles zu seiner Zeit, Marlene. Ich verspreche Euch, wenn Ihr Geduld habt, dann werde ich Euch dabei helfen, die alten Zustände wieder herzustellen. Wenn Ihr aber alles überstürzt, wird es mehr Tote auf Seiten der Warmblüter geben, als auf Seiten der Kaltblüter.“
Marlene stieß ein frustriertes Schnauben aus.
„Ich habe nie verstanden, was Akima an dir findet, Theodor. Dich als Verbündeten zu haben, ist sogar noch schlimmer, als dich zum Feind zu haben. Du handelst nur aus Eigennutz. Dein egoistisches Verhalten grenzt an Narzissmus. Du würdest vermutlich zulassen, dass
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