Nubila 05: Die letzte Schlacht
du dich statt mit mir lieber mit diesem … mit diesem Supermodel verbinden willst. Und das nur, weil sie sonst niemanden parat hat? Ein bisschen mehr Selbstachtung hätte ich dir ja doch zugetraut.“
Greg schüttelte sich bei der Erinnerung daran. Er hätte Leonie in dem Moment am liebsten den Hals umgedreht, aber dennoch musste er zugeben, dass ihre Worte einen wahren Kern hatten. Zumindest damit, was seine Selbstachtung anging. War es vielleicht wirklich so, dass Laney sich nur mit ihm verbinden wollte, weil gerade kein Besserer zur Hand war? Und wenn es so war, würde das einen Unterschied machen?
Verdammt. Es war alles so furchtbar kompliziert. Im Moment war aber das Wichtigste, wieder zu den Anderen zu gelangen. Er hatte keine Ahnung, was nach dem Angriff geschehen war, ob es allen gut ging oder ob es Verletzte gab. Er biss sich auf die Lippe. Natürlich gab es Verletzte. Das Haus war in die Luft geflogen. Wie konnte es da keine Verletzten geben?
„Denkst du etwa schon wieder an sie?“, fragte Leonie, und Greg konnte den Schmerz in ihrer Stimme deutlich heraushören.
Sofort überkam ihn wieder das schlechte Gewissen. Leonie war seinetwegen zum Lager gekommen und hatte sich seit ihrer Ankunft mit vollem Engagement in die Ausbildung der Outlaws gestürzt. Eigentlich war es ein Wunder gewesen, dass Leonie und Laney es in der ganzen Zeit geschafft hatten, einander nicht über den Weg zu laufen, aber Laney hatte sich so weit wie möglich von der Gemeinschaft ferngehalten und war viel allein in ihrem Zimmer gewesen. Alle hatten das respektiert, aber im Nachhinein überlegte Greg, ob das nicht ein Fehler gewesen war. Es hätte nie zu so einer Eskalation kommen dürfen. Es war nicht richtig von ihm gewesen, Leonie die ersten Tage so im Unklaren zu lassen. Doch jetzt war es für Reue eindeutig zu spät.
„Ich denke nicht nur an Laney, sondern an alle“, erklärte Greg ernst. „Das Herrenhaus ist in die Luft geflogen und ich glaube nicht, dass alle das unbeschadet überstanden haben. Im Lager ist ja nicht nur Laney, sondern auch noch mein Cousin, meine Tante, mein Onkel und … meine Schwester.“
Um Cynthia machte er sich allerdings keine großen Sorgen. Sie war zwar nicht feige, aber sie war mit ihrer Tochter sicherlich kein Risiko eingegangen, sondern hatte sich direkt zum Treffpunkt begeben. Laney hingegen schien zu allem entschlossen gewesen zu sein, und auch Jason war mit Sicherheit mitten im Getümmel gewesen. Hoffentlich ging es ihnen gut.
„Ach, denen wird schon nichts passiert sein“, sagte Leonie, als hätte sie seine Gedanken gehört. „Die sind zäh. Da mach dir mal keine Sorgen.“
Greg warf ihr einen kurzen Blick zu und bog an der nächsten Kreuzung wieder rechts ab. Diesen Tunnel kannte er, stellte er erleichtert fest.
„Komm. Wir müssen uns beeilen. Wenn mich nicht alles täuscht, dann sind wir fast da.“
Leonie seufzte und erhöhte dann gehorsam ihre Geschwindigkeit. Greg rechnete es ihr hoch an, dass sie trotz ihrer Wut auf ihn dazu imstande war, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ohne sich zu beschweren folgte sie ihm, und endlich begann Greg am Ende des Tunnels diffuses Licht zu erkennen. Wie es aussah, hatten sie es tatsächlich geschafft.
Celia sah aus wie ein Engel. Nach stundenlangem Weinen hatten ihre Gesichtszüge sich im Schlaf endlich entspannt, ihre wilden Locken lagen wie ein schützender Vorhang quer über ihrem Gesicht. Kathleen schluckte und schob sie vorsichtig zur Seite, bewusst darauf bedacht, das Kind bloß nicht wieder zu wecken. Celias Trauer mitanzusehen, war das Schlimmste an diesem Tag gewesen. Ihre und die von Coal. Die Beiden liebten Cynthia wie kein anderer auf der Welt, obwohl Gregs Qual wahrscheinlich nicht geringer sein würde. Cynthia war seine einzige Schwester und hatte ihn teilweise mit aufgezogen. Ihr Verlust würde ihn sicher völlig aus der Bahn werfen.
Kathleen seufzte tief und wünschte sich, ebenfalls schlafen zu können. Am liebsten hätte sie sich neben Celia gekuschelt und ihr auf diese Weise Trost gespendet. Doch seit ihrer Trennung von Jason konnte sie nicht mehr schlafen. Die ganze Tragweite dieser Entscheidung wurde ihr erst ganz langsam klar und erschütterte sie immer wieder. Sie hatte ihre Verbindung gekappt, und es war noch nicht sicher, welche Konsequenzen das nach sich ziehen würde. Doch im Vergleich zu Cynthias Tod schien ihr diese Trennung regelrecht nebensächlich zu sein. Immerhin war Jason am Leben und es ging
Weitere Kostenlose Bücher