Nubila 05: Die letzte Schlacht
hätte. Doch als sie endlich bei der Lichtung ankam, hatte sie im ersten Moment trotzdem das Gefühl, sich bei einer Abzweigung vertan zu haben.
Der Anblick brach ihr das Herz. Das gesamte Gelände war ein Bild der Zerstörung, ihr Heim war nicht mehr wieder zu erkennen. Das, was einmal der Hof mit den Zelten für die Kaltblüter gewesen war, erinnerte jetzt an einen Schweizer Käse mit Einschusslöchern, so groß wie Panzern.
Am Schlimmsten hatte es jedoch das Haupthaus getroffen. Der gesamte Komplex war verschwunden, zurückgeblieben waren nur noch Trümmer, die sich über das ganze Gelände verstreuten. Laney hätte weinen mögen bei dem Anblick.
Doch in diesem Augenblick entdeckte sie den Mann, der zusammengesunken vor den Trümmern am Boden saß. Von ihrer Position aus konnte sie nur seinen breiten Rücken und die dunklen Haare sehen. Es hätte so gut wie jeder Warmblüter sein können, aber es war nicht irgendjemand, der dort saß und trauerte.
Laney erkannte ihn sofort. Sie hätte ihn überall wiedererkannt, immerhin war er der Mann, der die Schuld daran trug, dass sie seit Wochen vor Trauer zu nichts zu gebrauchen war.
Darrek.
Laneys Herzschlag setzte für einen Moment aus, und sie starrte einfach nur zu ihm herüber. Was tat er hier? War er gekommen, um sich doch noch den Ältesten anzuschließen? Er hatte ihr mehr als einmal klar gesagt, dass er sie nicht wollte. Warum nur war er dann hier? Sie starrte ihn weiter an, unfähig sich zu bewegen.
Bis er sich umdrehte und ihr plötzlich mitten ins Gesicht sah.
Darrek spürte ihre Anwesenheit noch bevor er sie riechen oder sehen konnte. Laney. Sie war hier. Daran gab es überhaupt keine Zweifel.
Sofort fuhr Darrek herum und sah sich um. Bei ihrem Anblick erstarrte er in der Bewegung und sein Herzschlag erhöhte sich um ein vielfaches.
„Laney?“, fragte er ungläubig, obwohl er die Antwort bereits kannte.
Die junge Frau, die am Waldrand stand und ihn anstarrte, war ganz eindeutig Laney. Sie war verletzt, dreckig und erschöpft, und aus irgendeinem Grund hatte sie erheblich mehr Haare als bei ihrem letzten Treffen, aber sie war am Leben.
Eine Welle des Glücks überrollte Darrek, mit der er nicht gerechnet hatte. Auf einmal hatte nichts mehr Bedeutung. Nicht der Krieg mit den Ältesten, nicht die Bedrohung durch Akimas Gabe und nicht die Tatsache, dass er sich geschworen hatte, Laney nie wieder anzurühren. Er wollte nur noch zu ihr, sie in die Arme schließen und nie wieder loslassen.
Doch als er einen Schritt auf sie zumachte, wurde sie leichenblass, schüttelte den Kopf und sie wich langsam vor ihm zurück.
„Laney, bitte“, sagte Darrek leise. „Ich kann das alles erklären.“
Doch Laney wartete nicht darauf, sondern fuhr herum und lief so schnell sie konnte wieder in den Wald hinein.
Darrek zögerte keine Sekunde. Er rannte ihr hinterher und verließ den Schauplatz des Angriffs. Er durfte Laney nicht entkommen lassen. Auf gar keinen Fall würde er sie einfach so gehen lassen und sie ein weiteres Mal verlieren. Das stand überhaupt nicht zur Debatte.
Laney lief so schnell es ihr lädierter Fuß und ihre anderen Verletzungen zuließen. Sie hatte Schmerzen, aber das war gar nichts im Vergleich zu der Seelenqual, der sie sich aussetzen musste, falls Darrek sie einholen würde.
Sie wollte einfach nur weg von ihm. Er hatte ihr bereits einmal das Herz herausgerissen und danach darauf herum getrampelt. Ein weiteres Mal würde sie das nicht zulassen.
Sie rannte und rannte, während die Tränen ihr über die Wange liefen und die Schmerzen immer unerträglicher wurden. Gerade, als sie glaubte, es nicht mehr aushalten zu können, wurde sie von hinten gepackt und von Darreks starken Armen an seinen warmen Körper gezogen. Ein angenehmer, ihr wohl bekannter Geruch umfing sie, und die Trauer wurde so unerträglich, dass sie es kaum noch aushielt.
„Lass mich los!”, schrie Laney, während die Tränen ihr die Sicht versperrten. „Du hast kein Recht, hier zu sein, und du hast kein Recht, mich anzufassen.“
Wie wild begann sie, gegen Darreks Brust zu hämmern, aber statt sich zu wehren, nahm er es kommentarlos hin und schien darauf zu warten, dass sie sich beruhigte.
„Warum tust du das?“, schluchzte Laney. „Warum? Was willst du noch von mir? Macht es dir Spaß mich leiden zu sehen? Mein Heim ist zerbombt worden. Ja, das hast du richtig beobachtet. Wir alle sind am Boden zerstört. War es das, was du wissen wolltest? Warum bist du hier,
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