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Nuhr, Dieter

Nuhr, Dieter

Titel: Nuhr, Dieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuhr auf Sendung
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fahren, damit das so bleibt?« Das geht doch nicht!
     
    Punkte und Herzen 9. Oktober 2007
    Nein, fragen Sie nicht! Ich bin es satt! Ich will einfach
nicht mehr immer dieselbe Antwort geben! Deshalb gebe ich hiermit ein für
allemal bekannt: Nein! Ich besitze keine Kundenkarte!
    Insbesondere habe ich auch keine Paybackkarte. Weil »pay
back« »zurückzahlen« heißt. Und ich will nichts zurückzahlen. Ich habe ja gar
keinen Kredit aufgenommen. Ich will auch nichts zurückgezahlt bekommen, weil
ich ja auch niemandem etwas geliehen habe. Wenn mir jemand Geld zurückgeben
will, gerne - aber dann gleich. Und nicht über irgendwelche Meilen, die ich
dann abfliegen kann. Ich will für meine Haferflocken nicht 2,4 Kilometer weit
fliegen, schon weil der Flughafen viel weiter weg ist als 2,4 Kilometer.
    Außerdem macht mir das Angst. Ich stelle mir dann vor, ich
bekomme für 768 Euro Umsatz auf meiner Kreditkarte 768 Meilen. Und dann bin ich
in der Luft und merke, dass der Zielflughafen 770 Meilen weit weg ist! Ich
glaube, in so manchem Flugschreiber, den man am Meeresgrund gefunden hat,
lauten die letzten Worte des Piloten: »Mist, Sitzplatz 14 E hat keine Meilen
mehr.«
    Und keine Paybackpunkte, möchte man hinzufügen. Ich will
gar keine Punkte. Die einzigen Punkte, die ich sammle, sind in Flensburg. Und auch
darauf könnte ich verzichten.
    Und wenn mich an der Kasse noch irgendjemand fragen
möchte: Ich sammle auch keine Herzchen. Ich bin ja kein Chirurg!
    Wahrscheinlich gibt es im örtlichen Bordell bereits eine
Kaninchenkarte.
    Man kann ja nicht mehr auf der Raststätte aufs Klo gehen,
ohne eine 50-Cent-Sammelmarke zu ziehen, die man dann an der Kaffeetheke wieder
einlösen kann, wo man dann wieder Bonuspunkte mit der ADAC-Card sammeln kann.
    Wir werden alle irgendwann an der Himmelspforte ankommen,
dann kauft man sich erst mal eine Wolke und eine Harfe, und wenn dann Petrus an
der Kasse fragt: »Haben Sie eine Kundenkarte?«, dann weiß man ganz sicher:
Mist! Das ist die Hölle!
     
    Bürgerlich 16.
Oktober 2007
    Wissen Sie, was ich an unserem Land am schönsten finde? Dass
es so bürgerlich ist. Man erkennt das zum Beispiel daran, dass man aus dem Haus
geht und man wird nicht überfallen. Meistens jedenfalls nicht. Das ist doch
prima! Nicht umgebracht zu werden ist schließlich ein wichtiger Faktor in
Sachen Lebensqualität.
    Ich reise ja gerne, muss ich dazu sagen. Und da weiß ich,
dass das nicht selbstverständlich ist. In Rio wird man ständig erschossen, das
ist normal. Oder in Bogota. Oder in Johannesburg. Es gibt bei uns Parkhäuser,
wo man selbst als Rentnerin nicht überfallen wird! Ich hab das selbst gesehen!
Eine ganz alte Frau war das, in einem ganz dunklen Parkhaus. Sie war so alt,
vielleicht wäre es gar nicht schlecht gewesen, wenn man ihr wenigstens den
Autoschlüssel weggenommen hätte. Aber nichts ist passiert, gar nichts.
    Insofern ist es prima hier. Beispiel Gesundheit. Wenn man
krank ist, geht man bei uns zum Arzt. Das ist in Kalkutta anders. Oder in
Bagdad. Wenn man da krank ist, dann stirbt man. Hier stirbt man natürlich auch,
aber meistens erst viel später. Und nicht, weil man sich den Arzt nicht leisten
kann. Wenn bei uns einer stirbt, steht der Arzt daneben. Das ist Zivilisation.
    Oder auch, wenn man mal was macht, was man eigentlich
nicht tun sollte, Klauen beispielsweise, da wird einem woanders gleich die Hand
abgehackt. Das ist zwar effektiv, auch im Sinne der Vorbeugung, denn spätestens
nach dem zweiten Mal wird das schwierig mit dem Klauen. Aber zivilisiert ist
das nicht. Auch Steinigungen sind nicht schön. Bei uns geht man ins Stadion zum
Fußball und nicht zur Steinigung. Das finde ich prima. Weil es bei uns eben
bürgerliche Werte gibt. Dass der Staat bei uns nicht das Recht hat, das Leben
seiner Bürger zu beenden. Das dürfen bei uns nur die Mörder. Beziehungsweise,
die dürfen das auch nicht. Aber sie machen es. Aber da kann ja der Bürger
nichts dafür.
    Bürgerliche Werte beinhalten ja, dass die breite Masse darauf
verzichtet, Mitbürgern Gewalt anzutun, vor allem wenn sie kleiner sind. Ich bin
selber unter 1,80 Meter. Ich bin immer froh, wenn andere es unterlassen, mich
zu hauen. Ich bin schmerzempfindlich. Ich mag auch keine Waffen. Ich bin ja
nicht mal im Schützenverein. Ich war auch nie in einem Schützenverein, nicht
mal in dem großen, also bei der Bundeswehr, da war ich nicht. Und selbst die
Bundeswehr ist heute eher harmlos. Wir verzichten heute darauf,

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