Nuhr, Dieter
hatte
beispielsweise ein größeres Gehirn als wir. 15 Prozent größer, um genau zu
sein. Das ist ja schon eine ganze Menge! Da sagt so mancher Gymnasiast heute:
»15 Prozent! Aha. Wie viel ist das denn in Hektar?« Viel! Viel ist das!
Der Neandertaler war wahrscheinlich zu intelligent, um zu
überleben. Der dachte schon über den Satz des Pythagoras nach, da hatten unsere
Vorfahren gerade erst die Keule erfunden. Und irgendwann stand dann
wahrscheinlich einer unserer bekloppten Urahnen im Höhleneingang dieses
superschlauen Neandertalers, und der Neandertaler fragte: »Hör mal, Keule! Das
weißt du doch, oder? Wie viel ist a 2 + b 2 ?« »Buff« machte
es da. Und schon hatte der arrogante Sack die Keule auf dem Schädel und unser
Opa sagte: »Scheißgymnasiasten!«, und ging seines Weges. Was für ein Depp! Aber
die Doofen sind oft Pragmatiker. Und eine Keule hilft oft weiter als ein Hochschulabschluss.
Wahrscheinlich war der Neandertaler zu intelligent zum
Überleben. Am Ende waren sie auf so wenige Exemplare zusammengeschrumpft, dass
vor 30000 Jahren der letzte allein übrig blieb. Der hatte wahrscheinlich gerade
die Relativitätstheorie erfunden, aber es gab ja noch kein Papier zum Aufschreiben.
Und das war's dann. Er lebte wahrscheinlich noch ein paar Jahre allein vor sich
hin, völlig vereinsamt und starb dann an Mammutgrippe. Und wer hat überlebt:
die Trottel! Also wir. Herzlichen Glückwunsch.
Autofahren im Alter 26. August 2009
Gerade frage ich mich, ab wann man eigentlich aus
Altersgründen mit dem Autofahren aufhören sollte. Bei uns ist das ja völlig
ungeregelt. Und das ist ja auch gut so, denn es gibt alte Menschen, die fahren
hervorragend Auto, auch ohne Augen.
Altere Verkehrsteilnehmer haben ein teilweise unglaublich
sensibles Gespür. Die hören, wenn die Ampel umspringt.
Und gerade alte Menschen brauchen das Auto natürlich auch,
weil es zu Fuß nicht mehr geht. Das ist wie bei Betrunkenen. Die fahren ja oft
auch nur noch, weil sie sich auf den Beinen nicht mehr halten können. Außerdem
ist der Fahrersitz für viele der einzige Ort, an dem sie noch richtig schlafen
können.
Natürlich ist schlechtes Sehen am Steuer ein echtes
Problem. Viele sagen ja so schnoddrig vor sich: »Die Strecke kann ich mit
geschlossenen Augen fahren.« Das Problem ist: Altere machen das dann auch. Und
wundern sich dann, wenn der Scheibenwischer den Radfahrer nicht wegkriegt.
Dann murmeln sie: »Das schmiert heute wieder ... Was ist das denn ...?« Und
dann fahren sie in die Waschstraße, um die Spuren zu beseitigen ...
Man muss aber auch festhalten: Statistisch betrachtet
bauen alte Menschen die wenigsten Unfälle! Klar! Wer es schon mal mit dem
Panzer bis nach Stalingrad geschafft hat, der packt auch die A 40 im
Berufsverkehr.
Das Problem ist, dass viele Autos nicht auf ältere Fahrer
eingerichtet sind. Das geht bei den Sitzen los. Gerade ältere Herren kommen ja
oft gar nicht mehr raus aus dem offenen Carrera 911. Da ist Mercedes weiter.
Die bieten den SL angeblich bald schon mit Katheterhalterung an.
Dann wehen die schlohweißen Haare im Wind, aber der Fahrer
hat schon an der zweiten Ecke vergessen, wo er eigentlich hin wollte.
Es gibt Verkehrsteilnehmer, die vor jeder Fahrt die letzte
Ölung bekommen sollten. Mit zunehmender Alterung unserer Gesellschaft sollte
man vielleicht gleich dazu übergehen, Tankstellen und Kirchen zusammenzulegen.
Bei einzelnen Tankstellen wird ja jetzt der Tankwart wieder eingeführt. Wenn
man da ausgebildete Seelsorger nehmen würde, könnte das vielleicht helfen. Denn
die Kirchen werden immer leerer, der Verkehr jedoch nimmt zu. Wenn erst mal 50
Prozent unserer Verkehrsteilnehmer über 85 Jahre alt sind, wird auch in
unserer Gesellschaft mehr gebetet. Da bin ich sicher.
Wahl 16.
September 2009
»Bald ist Wahl«, sagt man so, als wenn das jetzt was Neues
wäre. Ich muss sagen, ich wähle ständig. Das geht morgens bei den Socken los:
Ja oder nein, rot oder schwarz. Ständig muss man sich entscheiden: Hose, ja
oder nein. Meistens fällt die Entscheidung zugunsten der Hose, weil jede
andere Entscheidung auf Dauer ins soziale Abseits führen würde. Das ist dann
eine klare Sache, aber oft weiß man auch gar nicht, wie man sich entscheiden
soll. Dann entscheidet man aus dem Bauch heraus. Kaffee oder Tee. Wurst oder
Käse. Arbeit oder Flucht.
Schon als Kind auf dem Spielplatz musste man sich immer
entscheiden, wenn der Bodo kam, der war zwei Jahre älter als wir, stark
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