Nuhr, Dieter
ziehen alle her. Gut, natürlich ist
das gegenseitig der Fall: Die Österreicher können uns auch nicht leiden.
Manchmal frage ich mich, warum die uns überhaupt noch ins Land lassen. Ich habe
da schon eine Ahnung: Die haben bisher keinen Weg gefunden, wie sie uns dazu
bringen könnten, zu Hause zu bleiben und das Geld einfach zu überweisen.
Immerhin: Die Schweizer haben das geschafft.
Aber trotzdem - ich fahre gerne hin. Nur nach Italien - dahin
fahre ich nicht mehr! Da wird mir zu viel geklaut. Man ist kaum über die
Grenze, schon ist alles weg. Als ich das letzte Mal nach Italien gefahren bin,
da hat man mir schon in Innsbruck die Brieftasche geklaut.
Aber Österreich? Wunderbar! Ich verdanke den Österreichern
ein Schlüsselerlebnis. Ich bin ja Fußballfan und gucke wirklich alles, jedes
Spiel - und bei der WM 1998, da lief das Spiel »Österreich gegen Kamerun«. Das
war so ein Nachmittag, ich saß da auf der Couch und schaute mir das Spiel an -
und plötzlich dachte ich: »Was machst du hier eigentlich? Warum guckst du dir
dieses Spiel an? Österreich gegen Kamerun? Was verbindet mich mit diesen beiden
Ländern? Österreich und Kamerun?« Auf der einen Seite Exoten, eine fremde
Kultur, wilde Puten - und auf der anderen Seite Kamerun. Komisch ...
Nikolaus 6.
Dezember 2000
Was für ein erlebnisreicher Tag! Heute habe ich in einer
Grundschule den Nikolaus gemacht. Da lernt man fürs Leben ... Für uns war
dieser Mann ja noch eine Respektsperson, bei uns galt:
Wenn der mit dem Bart fragt »Wart ihr auch lieb?« - dann
wird entweder gelogen oder die Aussage verweigert. Das halten die Kinder heute
gar nicht mehr für nötig!
»Ah, du siehst Scheiße aus!«, wird da gebrüllt. Und: »Böh!
Was will der alte Sack hier?« Und wenn Sie dann drohen: »Ich hole die Rute raus
...« - dann steht das Jugendamt auf der Matte! Sie können den lieben Kleinen ja
auch nicht mehr mit Nüsschen kommen oder Mandarinchen. »Ey, Alter, die Nüsse
kannst Du behalten! Gib uns lieber die Kohle.«
Die bekommen doch heute zum Nikolaus schon mindestens
eine Playstation. Und Stiefel vor der Tür gibt es längst nicht mehr - die sind
nämlich vom Designer, haben 600 Ohren gekostet und werden sofort geklaut! In
der Stadt sowieso. Oder irgendein Köter macht rein! Da fragt man sich auch als
sachlicher Mensch schon mal: »Wo bleibt hier eigentlich die Romantik? Wenn
die Kinder selbst anerkannte Heilige wie den Nikolaus einfach an der Kutte
zerren und anbrüllen: >Booh, der Bart sieht Scheiße aus!<« Es ist ja
schön, dass unsere Kinder heute Autoritäten gegenüber kritisch sind. Aber ich
habe doch auch als Autorität ein Recht auf Gewaltfreiheit. Die haben mich
gehauen!
Das Problem bei Kindern ist, dass man nicht zurückschlagen
darf. Und wenn man sich bei ihren Eltern beschwert, antworten die bloß: »Woher
soll ich wissen, wo mein Kind diese Respektlosigkeit her hat - du Arsch! Frag
doch den Vater, die Sau, wo immer der sich rumtreibt.« Es gibt Momente im
Leben, in denen ich denke, dass ich irgendwie konservativ geworden bin! Und
dann denke ich wieder: »Komm! Es gibt Schlimmeres als Kinder: ihre Eltern
beispielsweise.«
Sollten wir es nicht einfach machen wie die Frösche? Die
befruchteten Eier irgendwo ablegen und uns dann einfach nicht mehr drum
kümmern? Dann fällt auch gleich noch der lästige Weihnachtseinkauf weg, und
ohne Eltern haben die Kinder auch keine schlechten Vorbilder. Das wäre
vielleicht eine bessere Welt. Man wird als Nikolaus ja wenigstens noch einen
Vorschlag machen dürfen ...
Weihnachten 16. Dezember 2000
Wie ist das bei Ihnen? Wie sieht der Wunschzettel aus?
Eine einfache Liste? Oder doch eher auf romantisch, mit kleinem Gedicht? Es ist
nicht leicht, so ein Gedicht zu verfassen ... Da schreibt man: »Am Himmel
tausend Sternlein funkeln, Schneeflöcklein leis' hernieder sunkeln ...«, und
schon merkt man: Es klappt nicht. Irgendwann sag ich mir dann: »Komm, was soll
der ganze Mist, Wunschzettel mit Weihnachtsgedicht, Sternchen drauf und
Weihnachtsmänner?« Ich lass den ganzen Kram einfach weg. Man muss sich auf das
Wesentliche beschränken. Ich mach jetzt einfach eine Auflistung meiner Forderungen
mit unverbindlicher Preisempfehlung.
Aber auch das ist gar nicht so einfach ... haben Sie
eigentlich noch echte Wünsche, fehlt Ihnen was? Wenn man über
Weihnachtswünsche schon echt nachdenken muss - da stimmt doch was nicht.
Bei mir ist es so: Was ich wirklich brauche, kaufe ich mir
selbst. Und
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