Nuhr, Dieter
ich mal um sechs aufstehe, dann nur, weil ich um sieben
zum Abendessen verabredet bin.
Und diese Angestellten opfern sich da für Menschen wie
mich auf, schon morgens um acht mit dem Staubsauger, rumms gegen die
Zimmertür, rumms und immer wieder rumms! Das tun sie, weil sie wissen: Wenn der
wieder bis zehn vor zehn pennt, kriegt er nichts mehr zu essen. Das ist echte
Fürsorge.
Auch abends sind sie geleitet von nichts als dem Gedanken
an das Wohlbefinden des Gastes: Ab viertel vor sieben ist das Buffet fast leer,
aber abends essen setzt auch unglaublich an. Dieses Jahr habe ich zum ersten
Mal im Skiurlaub abgenommen. Super! Nächstes Mal wähle ich die Zusatzoption
»ganz ohne Essen« und schlafe draußen im Stehen im Schnee. Da komme ich dann
wunderbar schlank aus dem Urlaub zurück. Und vom Service her würde sich das
auch nicht großartig unterscheiden.
Das Universum driftet
auseinander. 23. Januar 2006
Wir driften ziellos im Weltall umher, immer weiter
voneinander weg, weil sich das Universum ständig ausdehnt und zwar immer
schneller. Offenbar wirkt da eine unbekannte Abstoßungskraft in der Mitte, so
als wenn in der Mitte des Kosmos irgendjemand säße, der irre nach Schweiß
stänke. Und die ganze Materie liefe auseinander und riefe: »Nix wie weg hier!«
Das war jetzt zwar recht laienhaft erklärt, aber
einprägsam. Natürlich redet der Astrophysiker nicht von Schweißgeruch, sondern
von dunkler Energie. Irgendeine Energie treibt alles auseinander. Dadurch dehnt
sich das Universum aus. Das stelle ich mir wiederum laienhaft so ein bisschen
vor wie bei einem Bekannten von mir. Auch Jochen geht zusehends auseinander.
Und er sagt ebenfalls immer: »Ich weiß gar nicht, woher das kommt.« Das ist
wahrscheinlich auch irgendeine dunkle Energie, die sich vor allem in Form von
zuckerhaltigen Flüssigkeiten wie Cola materialisiert.
Den Astronomen geht es im Grunde genauso. Da wabert so
viel im Weltall herum, und niemand weiß, woher es kommt. Zu 80 Prozent, so
heißt es, soll das Universum aus dunkler Materie bestehen. Und niemand weiß,
woraus diese besteht. Ich vermute, aus Majonäse. Denn auch der Jochen besteht
zu 80 Prozent aus Majonäse, weil er jeden Snack damit garniert. Er sieht auch
schon ein bisschen so aus, blass und glänzend. Und überhaupt bekommt man ja
heute nirgendwo mehr ein Brötchen, auf dem nicht so eine fettige Soße drauf
wäre. Und deshalb, da bin ich sicher, geht das Universum auseinander.
Es expandiert. Es entsteht offenbar auch noch immer neue
Materie. Protonen, Neutronen. Irgendwoher muss die ganze Remoulade ja kommen.
Das hat es doch früher nicht gegeben. Das ist Quantenphysik.
Als ästhetisch empfindender Mensch fühle ich mich von
diesem fettigen Zeug überall regelrecht verfolgt: Remoulade, Majonäse, gern
auch Barbecuesoße, die angebrannt rauchig schmeckt. Auf Fischbrötchen,
Baguette, selbst Salat...
Es ist im wörtlichsten Sinne abstoßend. Ich kann es nicht
beweisen, aber könnte es nicht sein, dass das Universum vom Ekel
auseinandergetrieben wird? Sitzt vielleicht ganz in der Mitte des Universums
irgendeine ganz schlimme Energie, vielleicht der Teufel, und tut überall
Remoulade drauf? Es ist zwar nicht wahrscheinlich, aber eine bessere Erklärung
haben auch die Astrophysiker nicht.
Vogelgrippe l. März 2000
Bei uns kommt jeden Morgen ein ganz bestimmter Hund vorbei,
ein Riesenköter, so eine Mischung aus Schäferhund und Zwergnilpferd. Aber seit
heute Morgen mache ich mir ernsthafte Sorgen. Heute kam er nicht. Als Anwohner
bemerkt man das sofort, denn normalerweise hinterlässt er eine Spur der
Verwüstung - in Häufchenform. Der Hund gehört einem älteren Herrn, der sich
standhaft weigert, die Haufen einzusammeln. Er verweist auf das Argument, es
handele sich um Natur. Wo er Recht hat, hat er Recht.
Verdauungsprobleme hat der Köter nicht, nach dem zu urteilen,
was er so an Masse produziert. Wie sollte der Alte das alles auch einsammeln?
Da müsste er ja eine Extratragetasche mitschleppen, denn das Tier ist im Grunde
eine einzige Verdauungsmaschine. Magen-Darm mit Pelz drum herum. Und heute kam
er nicht.
Da fragt man sich dann schon: »Was ist da los? Hat er vielleicht
auf dem Weg eine Rentnerin gerissen und musste sie erst nach Hause schleifen?
Oder ist er verhungert?« Soweit ich weiß, fressen solche Viecher am Tag
ungefähr eine Tonne Katzenfleisch. Vielleicht gibt es da gerade bei der
Katzenversorgung einen Engpass, man kriegt so etwas ja gar nicht
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