Nuke City

Kommandofahrzeug von Eagle Security eng und überfüllt gewesen war, erwiesen sich die Lastwagen von Knight Errant als geräumig und effizient, was durch das offenkundige Wohlbefinden der sechs anwesenden Personen belegt wurde. Er sah Computerkonsolen mit großen berührungsempfindlichen Bildschirmen, die sowohl als Überwachungs- als auch als Trideo- und Daten-Monitore dienten. Eine lange Reihe von ihnen zeigte die Umgebung der versammelten Citymaster und die nähere Nachbarschaft, darunter auch verschiedene Ansichten vom Kaufhaus der Bruderschaft. Ein weiterer zeigte einen Lastwagen voller Soldaten, düstere, wartende Gestalten in schwarzen Körperpanzern. Aus ihrer Bewaffnung schloß Kyle, daß sie nicht mehr lange warten würden.
    »Sieht so aus, als sei ich gerade noch rechtzeitig gekommen«, sagte Kyle.
    Mit einer Ausnahme schien keiner der Anwesenden seine Bemerkung besonders lustig zu finden.
    »Sie schulden mir fünfzig, Vathoss«, sagte Anne Ravenheart lächelnd, indem sie sich in ihrem Konsolensessel Kyle zuwandte. Sie trug bereits ihren schwarzen Körperpanzer. Ein taktischer Helm hing an der Seite des Sessels. Hinter ihr verzog Sergeant Vathoss das Gesicht.
    »Ich habe meinen Kredstab in meiner anderen Hose gelassen«, sagte er säuerlich.
    »Null Problemo«, erwiderte sie mit einem Schul terblick auf ihn. Dann wandte sie sich wieder an Kyle. »Sergeant Vathoss und Lieutenant Gersten kennst du bereits«, sagte sie. Vathoss reagierte nicht auf die Nennung seines Namens, sondern fuhr fort, die Datenkonsole zu bearbeiten, vor der er saß. Gersten, der im hinteren Teil des Wagens saß und offenbar nichts weiter zu tun hatte, als sich unter dem Kragen seines Körperpanzers zu kratzen, nickte Kyle zu.
    »Das da« - sie deutete auf die hochgewachsene Japanerin auf der anderen Seite der Kabine - »ist Sergeant Sakai.« Die Frau reagierte ebenfalls nicht auf die Nennung ihres Namens, doch das überraschte Kyle nicht. Drei superschnelle Glasfaserkabel wuchsen aus ihrem Halsansatz und waren in ihren Sessel eingestöpselt, der wiederum direkt mit ihrer Konsole verbunden war. Was er von ihren Augen sehen konnte, war auf etwas gerichtet, das für alle anderen unsichtbar war. Sie war der Taktikoffizier und mit der Koordination und Überwachung der Bewegungen von Einheiten und Personen betraut, sobald ein Unternehmen anlief. Ihrem intensiven Gesichtsausdruck und den sichtbaren Aktivitäten an ihrer Konsole nach zu urteilen, wurden gerade die letzten Vorbereitungen getroffen.
    »Und schließlich«, sagte Ravenheart, indem sie in Richtung des älteren und zumindest teilweise amerindianischen Mannes nickte, der direkt hinter ihr stand, »möchte ich dir Roger Soaring Owl vorstellen, den geschäftsführenden Leiter von Knight Errant.«
    Soaring Owl, der trotz seines Körperpanzers eher wie ein Buchhalter aussah, nickte Kyle zu. »Ich will Ihnen nicht verschweigen, daß ich diese Wette um ein Haar ebenfalls verloren hätte«, sagte er in schleppendem Tonfall. »Glücklicherweise habe ich meine Meinung dann doch noch geändert.«
    Kyle trat vor und streckte zögernd die Hand aus. Der kleinere Mann schüttelte sie ausgiebig. Kyle wußte nicht viel über Roger Soaring Owl, aber klar war, daß dieser Mann nur Damien Knight, seinerseits geschäftsführender Leiter von Ares Macrotechnology, verantwortlich war. Die Tatsache, daß dieser Mann hier war, noch dazu in voller Ausrüstung, ängstigte Kyle ein wenig. Er hatte nicht gehört, daß Soaring Owl ein Adrenalin-Junkie war oder zu der Sorte Manager gehörte, die gern selbst mit anpackt, und das bedeutete, daß dieses Unternehmen sehr wichtig für Ares war.
    »Sie gehen übrigens nicht mit«, sagte Soaring Owl in das kurze Schweigen hinein, nachdem sie sich die Hände geschüttelt hatten. Kyle sah Ravenheart lächeln und sich wieder zu ihrer Konsole umdrehen.
    »Wohin gehe ich nicht mit?« fragte Kyle.
    »In den Einsatz.«
    »Ich war der Ansicht, daß Sie jede Hilfe annehmen, die Sie bekommen können.«
    Sergeant Sakais Stimme unterbrach sie. »Astralteams melden, Aufmarschpunkt eins erreicht.«
    »Danke«, sagte Ravenheart, während Soaring Owl zu Kyle sagte: »Wir wissen Ihr Angebot zu schätzen, aber wir sind komplett.« Er lächelte dünn. »Wir machen das nicht zum erstenmal.«
    »Ich auch nicht«, sagte Kyle.
    »Ja, der Eagle-Einsatz. Wir haben alles aufgezeichnet, falls Sie sich die Aktion gerne noch mal ansehen würden. Viele Männer und Frauen sind dort völlig grundlos