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Nukleus

Nukleus

Titel: Nukleus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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London.«
    Die Verbindung wurde unterbrochen. Ella ließ das Handy sinken, dann schob sie es wieder in die Handtasche. Sie sah sich hastig um, blickte in die Gesichter der Schaulustigen, der anderen Polizisten, aber sie entdeckte niemand, der gerade sein Handy wegsteckte oder sich unauffällig abwandte, nur ausdruckslose Mienen. Keiner, der sie anstarrte, nicht unter den Umstehenden und auch nicht an den Fenstern der Botschaft.
    »War DI Cassidy heute hier?«, fragte sie den Polizisten, und da er nicht antwortete, stellte sie die Frage auch den Männern in den Anzügen. »Und der Mann da«, sie deutete zu dem Rettungswagen mit den offenen Türen hinüber, »ist das Markus Wagenbach?«
    »Wir klären das gerade«, sagte einer der Männer, dessen kupferrote Haare sich in der Feuchtigkeit zu kleinen, dunklen Locken geringelt hatte. »Und wer sind Sie?«
    »Ich? Ich habe einen Termin mit Mr. Wagenbach«, antwortete Ella ausweichend.
    »Dürfte ich bitte einmal Ihren Ausweis sehen.«
    »Ich bin deutsche Staatsbürgerin, und ich möchte jetzt gern hineingehen, wenn ich darf.«
    »Sie dürfen überallhin gehen«, sagte der junge Mann mit den Ringellocken. » Wir würden nur gern vorher Ihren Pass sehen, und dann hätten wir vielleicht noch ein, zwei Fragen zu der Art Ihrer Beziehung zu Mr. Wagenbach.«
    »Darüber«, sagte Ella, »spreche ich nur mit DI Cassidy.«
    Die Männer in den Anzügen tauschten irritierte Blicke. Ein älterer Mann mit schmalen Augen wandte sich schulterzuckend ab und stieß dabei ein Zischen aus. Der junge Mann mit den roten Locken holte sein Handy heraus, tippte eine Nummer ein, die er von einem Zettel ablas und wartete. »DI Cassidy?«, sagte er, kehrte Ella den Rücken zu und redete leise in das Handy. Nach ein paar Sekunden nickte er, machte eine Kehrtwende und gesellte sich wieder zu Ella und den Männern in den Anzügen.
    »Was ist?«, fragte einer der Männer.
    »Tut mir leid, ich kann Sie nicht reinlassen.« Er sah Ella an. »Aber DI Cassidy hat Ihre Nummer und wird sich bei Ihnen melden.«
    »Was heißt das?«, fragte Ella.
    Der Mann mit den roten Locken schlug den Kragen seines Trenchcoats hoch; er fröstelte. »Das weiß ich leider nicht«, sagte er. »Warten Sie einfach auf seinen Anruf.«
    »Danke«, sagte Ella matt und wandte sich ab. Sie ging zur nächsten Straßenecke, und selbst, als sie bereits außer Sicht war, spürte sie noch die Blicke der Männer auf ihrem Rücken und Nacken. Sie hielt sich für einen Moment an einer schwarz lackierten Zaunsprosse fest, weil ihr schwindelig wurde.
    Was war mit Wagenbach geschehen? Was hat er gewusst, Anni? Du kanntest ihn doch! Als das Flimmern vor ihren Augen nachließ, rieb Ella sich den Regen aus den Augen – es war doch Regen? es schmeckte so salzig – und dachte: Es tut mir leid, Mr. Wagenbach. Es tut mir schrecklich leid.

3 4
    Allison Trout. Benjamin Trout. Cameron Trout. Carl Trout. Denise Trout. Derek Trout. Eric Trout. Francis Trout.
    Kein Elliot Trout im Londoner Telefonbuch, natürlich nicht. Es war ein falscher Name, und am Nachmittag hatte Ella nur noch eine weitere Spur – eine Schauspielerin, die auch einen falschen Namen benutzte, und die DVDs mit ihren Filmen. Der Name der Produktionsfirma stand ganz unten auf der Rückseite von Sir Francis and the Sea of Cum: Lubricity Films, London, Southwark. In diesem Fall war es kein Problem, Adresse und Telefonnummer in den gelben Seiten zu finden, allerdings meldete sich nur eine Mail Box mit einer Frauenstimme.
    »Hi, Sie sind verbunden mit der Bailey Media Group«, sagte die Frauenstimme. »Unsere Büros sind zurzeit nicht besetzt. Interessieren Sie sich für eine Rolle in einer unserer Film- und Video-Produktionen, senden Sie uns bitte eine aussagekräftige Fotomappe oder eine Demoaufnahme. Castings finden jeden Freitag zwischen 14 und 18 Uhr statt. Zurzeit bereiten wir keine neuen Filme vor. Wir danken für Ihren Anruf. Bye.«
    Nach dem dritten Anruf kannte Ella den Text auswendig, und statt nochmal anzurufen, nahm sie die U-Bahn zur Waterloo Station, und die ganze Zeit hatte sie dasselbe Gefühl wie am Morgen, als sie vor der Botschaft die Blicke der Polizisten im Rücken gespürt hatte. Sie sah die Kameras auf den Bahnsteigen und in den Gängen der U-Bahn-Stationen, und sie entdeckte sie jetzt auch in den Zügen, und in der Waterloo Station waren sie gar nicht mehr zu übersehen. Die Bahnhöfe wurden besonders überwacht, hatte Annika ihr mal erzählt. Rund fünfzehntausend

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