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Nukleus

Nukleus

Titel: Nukleus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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Inspector Cassidy, Metropolitan Police. War nicht ganz leicht, Sie zu finden.«

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    Patrick Cassidy hämmerte mit der Faust gegen die Tür eines geschlossenen Pubs, so lange, bis jemand öffnete. Der Wirt, ein vierschrötiger Mann mit verschwitzten grauen Locken und zornig geröteten Gesicht, hatte ungefähr dreißig Flüche auf den Lippen, brachte aber keinen davon heraus, denn der Detective Inspector stopfte ihm den Mund mit der mindestens ebenso streitlustig hoch gereckten Polizeimarke. »Neue Öffnungszeiten!«, verkündete Cassidy, drückte die Tür ganz auf und führte Ella an dem Wirt vorbei in die dunkle Kneipe, einen kleinen, schlecht gelüfteten Raum, in dem es nach einem erloschenen Kaminfeuer roch.
    Es gab einen langen metallbeschlagenen Tresen und drei große Holztische in der Mitte, dazu mehrere kleinere an den unverputzten Steinwänden. In den Ecken rankten sich Ketten roter Glühbirnen wie elektrischer Efeu zu der vom Rauch zahlloser Zigaretten geschwärzten Decke, aber ihr Licht reichte kaum bis zu dem mit Sägemehl bedeckten Boden. Neben dem Tresen mit seinen Zapfhähnen und einer altertümlichen Nickel-Registrierkasse stand eine leise summende Jukebox, darüber hing dekorativ ein grobmaschiges Fischernetz. Der Kamin in der Ecke strahlte immer noch Wärme aus.
    »Bring uns zwei Gläser und eine Flasche Paddy, und zwar rapido! «, befahl DI Cassidy.
    »Ich würde jetzt gern in ein Hotel gehen«, sagte Ella. Inzwischen schmerzte jede Bewegung, nicht mal ihre Gedanken kamen und gingen schmerzlos. Cassidy führte sie an einen der kleinen Tische neben der Jukebox. »Setzen Sie sich da hin, wir bringen Sie erst mal wieder in Form«, sagte er. »Bis dahin können Sie ruhig eine Weile den Mund halten.«
    »Ich trinke nicht mit einem Schläger«, sagte sie.
    Er hielt sie am Ellbogen, als die Beine kurz unter ihr nachgaben. »Sie sollen sich hinsetzen.«
    Sie gehorchte widerstrebend und schob sich auf die harte Bank. Er setzte sich ihr gegenüber. Im Halbdunkel an ihrem Tisch glänzten seine weit geöffneten Augen eisblau wie die eines Huskys. Sie saßen so nah beieinander, dass Ella der Geruch seiner Lederjacke in die Nase stieg, dazu eine schwache Ausdünstung von Schweiß, die auch sein Eau de Toilette – Zedern und Moschus – nicht ganz überlagern konnte. Von der stickigen, verbrauchten Luft in dem Pub wurde ihr schwindlig.
    Cassidy beugte sich vor, griff nach ihrem Kinn und drehte ihren Kopf sacht zur Seite. »Lassen Sie mal sehen.« Er begutachtete eine pochende Stelle an ihrem Hals, drückte ihren Kopf sacht nach hinten, um die Schramme an der Stirn in Augenschein zu nehmen, und ließ sie dann wieder los. »Sieht schlimmer aus, als es ist«, sagte er.
    »Gut, dass Sie Arzt sind«, sagte Ella.
    Der Wirt erschien und stellte eine Flasche Whiskey auf den Tisch, außerdem zwei Gläser und eine Karaffe mit Wasser. Dabei sagte er: »Immer ein Vergnügen, der Polizei zu Diensten zu sein.«
    Cassidy drehte nur langsam den Kopf seitwärts, machte sich nicht einmal die Mühe, aufzuschauen. Bei der Bewegung spannte sich die Lederjacke über seinen breiten Schultern, als könnte sie jeden Moment platzen, und unter seiner linken Achsel wurde ein Revolver Kaliber .38 in einem Lederholster sichtbar. Sein Gesicht – leicht gerötet, entweder wegen zu hohen Blutdrucks oder weil er zu viel trank – nahm die Starrheit eines lauernden Tiers an.
    Der Wirt schnaubte, fuhr sich mit dem Handrücken über das Kinn und kehrte hinter den Tresen zurück, wo er so tat, als hätte er da noch jede Menge aufzuräumen. Cassidy wandte das Gesicht wieder Ella zu. In seinem blonden Haar schimmerten ein paar silberne Strähnen, die verrieten, dass er älter war, als sein jugendliches Auftreten vermuten ließ. Er schenkte in beide Gläser einen Doppelten ein und ließ die Flasche offen. »Wasser?«, fragte er.
    Wie konntest du dich nur in so einen verlieben, Anni? War das der Mallorca-Virus, El Arenal, Ballermann, hast du ihn dir schön gesoffen?
    »Wasser?«, fragte Cassidy noch einmal. Als sie nicht antwortete, füllte er ein Glas mit Wasser auf und drückte es ihr in die Hand. »Trinken Sie, dann geht es Ihnen gleich besser.«
    »Es ginge mir besser, wenn Sie aufgetaucht wären, bevor die mich heute Nacht beinahe umgebracht hätten«, sagte Ella. »Sie sind mir doch bestimmt schon eine ganze Weile gefolgt.«
    »Ich bin denen gefolgt, nicht Ihnen«, erklärte Cassidy.
    »Dann wissen Sie, wer die sind?«
    »Ich habe eine bestimmte

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