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Nukleus

Nukleus

Titel: Nukleus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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Livestream ein, den Oliver ihr gezeigt hatte. Die Aufnahmen von Sascha, der die Kinderklinik der Virchow-Klinik mit einem biologi schen Kampfstoff zu verseuchen drohte. Was kann ich tun, verdammt?
    Julian.
    Ich muss Julian anrufen. Ich sage ihm, was hier passiert ist und was gerade in Berlin passiert.
    Dann fiel ihr ein weiterer Name ein: Abdallah.
    Erst Abdallah, dann Julian, entschied sie. Bloß dass sie die Handynummer des Kommissars nicht mehr hatte. Sie war in ihrem Smartphone gespeichert, das sie gestern bei dem Araber im Schnellimbiss … Halt, Moment! Er hatte ihr seine Nummer doch auf die Innenseite eines Kaugummipapiers gekritzelt. Vielleicht steckt der Zettel noch irgendwo in meiner Umhängetasche. Aber wo war die verdammte Tasche? Im London Eye hatte sie sie noch gehabt. Im Boot … was war im Boot gewesen? Sie sah sich um. Das da hinten, das verformte Lederding, das konnte sie sein.
    »Kommt endlich mal jemand her, verdammt nochmal?«, rief sie noch einmal, gerade als einer der Ärzte sich neben ihr über Annika beugte. »Da links, der Hinterkopf, da ist was eingedrungen, wahrscheinlich ein Splitter von der Granate!«
    »Wir kümmern uns um sie«, versicherte ihr der Arzt.
    Ella nahm ihre ganze Kraft zusammen, stand auf und ging zu dem, was von ihrer Handtasche übrig war. Sie schaute hinein. Der Lippenstift hatte sich in kleinen roten Partikeln über den gesamten Inhalt verteilt, klebte an der verbeulten Deo-Spraydose, dem Puderdöschen und dem zersprungenen Spiegel. Das Parfumflakon war gesplittert. Alles pappte nass aneinander. Das Lederetui mit Pass, Arztausweis und Kreditkarten war ramponiert, aber der Inhalt hatte die Detonation fast unversehrt überstanden. Auf dem Boden der Tasche kringelte sich ein Kondom. Wieso habe ich ein Kondom in meiner Tasche? Wie lange liegt das schon drin? Sie schob es beiseite und entdeckte etwas Silbriges, das an dem Gummi klebte, ein zusammengeknülltes Klümpchen.
    Sie fummelte das Kondom mit dem Klümpchen heraus. Mecca Gum. Mit beiden Händen versuchte sie, das feuchte Klümpchen glatt zu streichen, es wieder in ein Stück Papier zu verwandeln. Ihre Finger zitterten. Das Papier riss, ein Fetzen blieb an ihrem Daumen kleben. Etwas stand auf dem Fetzen, ein Teil von einer Ziffer, aber die Schrift war verlaufen. 7. Nein, 9. Sie versuchte, sich zu erinnern, während der Zettel sich Stück für Stück unter ihren fliegenden Fingern auflöste. 9 … 8 … 3 … Sie rief sich das Display ihres Handys in Erinnerung, die Ziffern, die sie bei ihren Gesprächen mit Abdallah darauf gesehen hatte. 0172 … nein, 0174 983 …
    Hastig holte sie ihr Handy aus der Jackentasche und schaltete es ein. Die Akkuanzeige flackerte warnend. Nur zwei Gespräche noch, bitte! Ella sah, dass einer der Ärzte und eine Schwester Annika versorgten, der andere kümmerte sich jetzt um Cassidy. Sie tippte die Nummer ein, an die sie sich erinnerte, und drückte die Anruftaste. Erst schien es, als habe sie kein Netz, aber dann wurde die Verbindung aufgebaut. Hoffentlich habe ich mich richtig erinnert. Hoffentlich ist nicht besetzt. Hoffentlich kriege ich nicht die Mailbox. Hoffentlich ist Abdallah …
    Sie hörte ein Freizeichen. Fast im selben Moment wurde ihr Anruf am anderen Ende entgegengenommen. »Ja?« Das Wort ging fast verloren in einem akustischen Schneegestöber elektronischer Entladungen.
    »Kommissar Abdallah?«, rief Ella.
    »Nein. Wer spricht da?«
    »Doktor Ella Bach. Geben Sie mir Kommissar Abdallah. Das ist doch sein Handy, oder?«
    »Kommissar Abdallah ist im Moment unabkömmlich. Worum geht es?«
    »Geben Sie mir Abdallah, verdammt!«, schrie Ella. »Es geht um Leben und Tod!«
    Am anderen Ende entstand eine Pause, etwas knackte, dann sagte eine leise Stimme ein paar unverständliche Worte, ehe eine andere sich mit »Abdallah« meldete.
    Ella hätte beinahe losgeheult vor Erleichterung. »Abdallah … Herr Kommissar … hier ist Ella Bach in London. Ich weiß, wo der nächste Anschlag stattfinden soll und auch, wer ihn durchführen …«
    »Wer?«, fragte Abdallah sofort. »Wo?«
    »Alexander Meyer. Sascha. Der Rettungsassistent. In der Kinderklinik in der Virchow-Klinik.«
    »Wann?«
    »Jetzt! In diesem Moment! Er hat irgendwo in der Säuglingsstation biologische Kampfstoffe oder Gas. Er hat sie da versteckt und wird sie …«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Dafür ist jetzt keine Zeit! Kümmern Sie sich darum? Und behalten Sie Ihre beiden Kollegen im Auge, die, von denen ich

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