Null Bock auf Mr Cock (German Edition)
erfahren.
Aber gleich auf den ersten Blick wird klar, dass die Aufmachung dieser Studie viel eher pseudowissenschaftlichen Charakter hat und lediglich einfache Gemüter zu beeindrucken vermag.
So besteht der Psychotest aus einer Aneinanderreihung aller möglicher Tabellen und Diagramme - und irgendwo innerhalb dieser Tabellen finde ich mich selbst wieder.
So wird aufgezeigt, wo sich die eigene Persönlichkeit im Vergleich zu anderen Frauen befindet – und ob man bei diversen Eigenschaften und Charaktermerkmalen im Durchschnitt liegt, oder aber darüber oder darunter.
Zunächst wird mir erklärt, dass ich vor allem vom Instinkt und vom rationalen Sachverstand gesteuert werde, das Herz bleibt dabei leider öfters auf der Strecke - sorry , Ihr Glücksschiff-Psychologen, diese Information hätten mir auch Freundinnen beim Kaffeeklatsch am Nachmittag geben können.
Weiter werde unterrichtet, dass meine männliche Seite sehr schwach ausgeprägt ist. Deshalb würde ich einen starken Mann bevorzugen, der sagt, wo’s langgeht und die Linie vorgibt - solche Männer gebe es allerdings sehr selten, da die Männer meist auch eine durchaus ausgeprägte weibliche Seite hätten.
Aus diesem Grunde müsste ich für eine stärkere männliche Seite sorgen und bspw. mehr Zielstrebigkeit und Entschlossenheit an den Tag legen - um die männliche Seite in mir zu fördern und zu entwickeln.
Ja, glaub ich’s, ich will aber eine Frau bleiben und nicht zu einem halben Mann mutieren.
Soll ich mir vielleicht gar einen Bart ankleben, eine tiefe Stimme imitieren und mir eine Krawatte anlegen? Will mir jemand allen Ernstes klarmachen, dass sich meine Chancen auf einen Mann dadurch erhöhen würden?
Was ich will, ist ein männlicher Kerl und kein Weichei - und nicht ich will ein Mannsweib werden.
Wie mir aber erklärt wird, gibt es nur noch wenige dieser wirklich starken Männer - ich hab’s schon immer geahnt - und dies ist vielleicht auch der Grund dafür, dass ich noch keinen Partner gefunden habe.
Lieber aber bleibe ich bis zum jüngsten Tage Single, so schwöre ich mir - ehe ich mir männliche Eigenschaften und Wesenszüge zulege, nur um bei den Männern besser anzukommen.
Weiter erfährt man in dem Gutachten noch andere Dinge über sich, die man aber eh schon weiß: zum Beispiel, dass ich extrovertiert und unkonventionell bin etc. Alles nichts Neues und nichts Bahnbrechendes.
Ferner werde ich gerügt, dass mein Wunsch nach einem geregelten Tagesablauf wenig ausgeprägt sei und dass ich außerdem zu wenig häuslich sei - deshalb müsse ich unbedingt häuslicher werden und meinen Tagesablauf besser regeln.
Dabei ist doch gemeinhin bekannt, dass Menschen ab einem gewissen Alter sich nicht mehr ändern und sich nicht mehr verändern lassen - dies sollte auch schon bis zu den Glücksschiff-Psychologen durchgedrungen sein.
Menschen lassen sich nicht formen - ihr Charakter und ihre Angewohnheiten, gerade auch die schlechten, sind schon so gefestigt, dass sie sich meist nicht mehr korrigieren lassen. Geradezu wie ein alter, sturer Esel, der macht, was er will.
Einzige Konsequenz dieses Gutachtens ist, dass einem all die Unzulänglichkeiten und Fehler, die man hat und derer man sich durchaus bewusst ist, nur einmal mehr schmerzlich vor Augen geführt werden.
Die Idee, dass zu meinem Persönlichkeitsprofil passende Partner für mich ausgesucht werden, beeindruckt mich zunächst aber ungemein und reizt mich außerordentlich.
Ich stelle mir das so vor: Während ich mich gemütlich im Sessel zurücklehne, checkt ein vertrauenswürdiger Fachmann von „Glücksschiff“ meine Daten und Eigenschaften ab und präsentiert mir nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip meinen Traumpartner und mein alter Ego. Besser und einfacher kann’s nicht gehen. Die Glücksschiff-Menschen werden es schon richten, so vertraue ich.
Nach der Anmeldung
Kaum dass ich mich angemeldet habe, kommt auch schon eine Kontaktanfrage in meinen virtuellen Briefkasten geflogen.
Und was mir da der Postbote überreicht, kann sich getrost sehen lassen. Ein Jurist ist’s, ledig, in meinem Alter, keine Altlasten, nettes Profil, allerdings erst mal ohne Foto. Alles scheint perfekt. Ein ganz kapitaler Fisch, den ich da an der Angel habe. Vor lauter Eifer bekomme ich einen ganz wässrigen Mund. Ja, der ist’s, der könnte es sein, denke ich. Glücksfälle, die gibt’s halt im Leben.
Und schon male ich mir in Gedanken das Ende der Einsamkeit und den Beginn
Weitere Kostenlose Bücher