Null Bock auf Mr Cock (German Edition)
warum um Himmels Willen er überhaupt hier ist, in Deutschland, dem ach so schlechten und verdorbenen Land, warum er nicht sein Säckle packt und zurückkehrt in die heile Welt, in sein geliebtes Iran.
Und ihn stecke man gleich mit hinein in den Sack, schnüre den Sack fest zu, und sende ihn mit einem one-way-ticket zurück in die Heimat. No way return , auf Nimmerwiedersehen.
Man verabschiedet sich höflich, melde Dich doch, wenn Du willst, sagt er zum Abschied. Natürlich nie mehr gehört von ihm, und sei’s drum, ich bedauere es nicht.
Pathologe mit bizarren Geschichten
Der nächste Interessent ist ein Arzt, Mitte fünfzig.
Von mir nach seiner Fachrichtung gefragt, gibt er Pathologe an, ein leichter Schauer läuft mir über den Rücken. Muss es ausgerechnet ein Pathologe sein, frage ich mich, gibt es doch so viele schöne und interessante Spezialgebiete.
Und schon stelle ich mir in Gedanken vor, wie der Arzt mit irrem Blick die Totenruhe stört, indem er Leichen aufschlitzt, und langsam beginnt, diese zu zerfleddern und aufzuschnippeln, um dann triumphierend die einzelnen Organe freizulegen.
Aber vielleicht macht ein Pathologe heutzutage nur noch selten Obduktionen, versuche ich mich zu beruhigen, und verbringt vielmehr die meiste Zeit am Mikroskop, wo er mittels Schnittpräparaten histologische Untersuchungen anstellt.
Und so normalisiert sich mein Puls langsam wieder, und einer Zusammenkunft kann nichts mehr im Wege stehen.
Als Treffpunkt haben wir den Dürener Bahnhof vereinbart, da ich gerade in dieser Stadt arbeite. Jedoch lässt allein schon das Ambiente des Dürener Bahnhofs vermuten, dass man hier nicht der großen Liebe seines Lebens begegnet.
Denn beim Anblick des Bahnhofs werden keine romantischen Gefühle wach, sondern ich muss viel eher unwillkürlich an den Film „Spiel mir das Lied vom Tod“ denken.
Nichtsdestotrotz möchte ich pünktlich sein, schon fast eine Viertelstunde früher als vereinbart bin ich am Treffpunkt – und zwar geschminkt und aufgebrezelt, wie es sich gehört. Ein hübsches Kleid, mit Stiefeln und Strumpfhosen, passend für ein Date an einem eiskalten Winterabend.
Noch mal versichere ich mich am Fahrplan bezüglich der Ankunftszeit des Pathologen aus Düsseldorf, dann betrete ich den Zeitungskiosk, um meine Augen bei den Titelbildern verweilen zu lassen. Von hinten ruft eine drängende Stimme „Wir schließen“, worauf ich fluchtartig den Kiosk verlasse.
Immer noch zu früh, zeigt der Blick auf meine Uhr, ich studiere ein Fahndungsplakat mit Terrorverdächtigen, das war’s schon, mehr gibt’s in diesem tristen Bahnhof nicht zu sehen.
Und noch immer ist er nicht da. Da, auf einmal taucht er vor mir auf, wie aus dem nichts, er hat mich auch sogleich erblickt. Ansonsten wäre ich heimlich irgendwohin verschwunden oder hätte mich gleich ganz in Luft aufgelöst. Denn er sieht gut zehn Jahre älter aus als auf dem Glücksschiff-Foto, alles grau in grau, wobei sich das grau nicht nur auf die Haarfarbe, sondern auf seinen Gesamteindruck bezieht.
Mit seiner Aktentasche in der Hand sieht er aus, als käme er nicht zu einem Rendezvous, sondern direkt zu einem wichtigen Geschäftsessen. Schon der erste Eindruck sagt mir, die Chemie stimmt nicht, das wird wieder nix. Aber der Abend muss ja irgendwie weitergehen, the show must go on . Ich kann schlecht sagen, sorry , ich glaube, Du bist nicht der Richtige, Auf Wiedersehen, Du graue Eminenz.
Also schlage ich vor, nach Verlassen des Bahnhofs die nächste Straße rechts zu gehen. Hier gibt es Lokale, sage ich, nachdem der Herr bekundet hat, er habe Hunger. Nahrungsaufnahme statt Romantik.
Aber erst braucht er noch Geld, von der Postbank. Postbank, dachte ich mir schon. Aber er kann auch bei der Dresdner Bank dort drüben kostenfrei Geld abheben. Erleichtert ist er erst, als er das Geld in Händen hält. Rasch zählt er die Scheine nochmals nach, schließlich kann man Banken nicht blind vertrauen.
Zielstrebig steuern wir alsdann auf ein Restaurant, einen Jugoslawen, zu, er nimmt sogleich die Speisekarte in Angriff. Die Preise sind nicht billig, stellt er kritisch fest. Aha, ein Knauser, denke ich, denn die Preise sind tatsächlich alles in allem moderat. Wir bestellen Wein, Wein muss her, die Stimmung steigt.
Da kein gegenseitiges Interesse besteht, interessieren mehr die Glücksschiff-Erlebnisse des Gegenübers.
Eine Psychologin, so flüstert er mir vertraulich über den Tisch zu, habe er über
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