Null & Nichtig (Daniel & Juliet - eine Liebesgeschichte (Teil 2)) (German Edition)
angerufen und sich beschwert, dass Sie die Hausregeln nicht befolgen. Er hat mich angewiesen, Ihnen eine Verwarnung auszustellen.«
Ich zuckte mit den Schultern. Ich wusste selbst, wogegen ich verstoßen hatte und wenn er meinte, meine wenigen Sekunden Mitgefühl mit Mr. Timothy seien Grund genug für eine Verwarnung, dann war mir das auch recht. Er hätte mich sowieso nicht verstanden, das Konzept von Anteilnahme und menschlicher Wärme schien ihm ja vollkommen fremd zu sein.
»Ich werde Ihnen nur eine mündliche Verwarnung geben, das hat keine weiteren Folgen. Ihr Verstoß war ja nun wirklich nichts Ernsthaftes.«
In der Mittagspause wurde ich dann in Daniels Büro zitiert. Ich hasste ihn dafür, dass er unsere privaten Probleme mit dem Dienstlichen verquickte, mir keine Chance ließ, mich ihm zu entziehen.
Darum beschloss ich, seinen Termin einfach zu ignorieren und begab mich stattdessen in unsere große Betriebskantine. Hier saßen Angestellte aus allen Abteilungen zusammen beim Mittagessen, es gab sechs verschiedene Gerichte für die Mitarbeiter aus allen Teilen der Welt. Vegetarisches Essen wurde genauso serviert wie koscheres.
Ich setzte mich mit einer Gemüsesuppe zu zwei Haustechnikern, inzwischen kannte ich ein paar Leute aus den anderen Bereichen unseres Hotels. Wir redeten über einen Streit zwischen meinem Schichtleiter Sascha und dem Cheftechniker, der sich offenbar geweigert hatte, eine Klimaanlage ein viertes Mal anzuschauen, nachdem die Gäste sich permanent darüber beschwerten, wie laut das Gerät war. Naturgemäß waren wir völlig entgegengesetzter Meinung, wer im Recht war. Am Empfang mussten wir stets höflich und zuvorkommend auf die Beschwerden unserer Gäste reagieren, während die Techniker ihre Arbeitszeit nicht mit nutzlosen Scheinreparaturen vergeuden wollten.
Als es um uns herum still wurde, drehte ich mich ahnungsvoll um. Daniel stand in der Kantine und blickte mich mit funkelnden Augen an. »Miss Walles, haben Sie unseren Termin vergessen?«
Die gesamte Belegschaft sah zwischen mir und Daniel hin und her. Ich wurde rot, so viel Aufmerksamkeit war mir unangenehm. Dann schüttelte ich den Kopf, stand wortlos auf und verließ den Raum. Daniel folgte mir in den angrenzenden Korridor. »Was ist los mit dir? Warum bist du nicht in meinem Büro erschienen?« Er klang vorwurfsvoll.
»Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich nichts mehr mit dir zu tun haben möchte.«
»Aber du vergisst, dass du immer noch für mich arbeitest. Solange du hier angestellt bist, erwarte ich, dass du meine Anordnungen ausführst.«
Ich schnappte erschrocken nach Luft. »Du vermischt unser Privatleben mit der Arbeit. Dazu hast du kein Recht und darum werde ich dir auch nicht gehorchen, und wenn du mir hundert Befehle erteilst! Kauf dir einen Hund, wenn du jemanden brauchst, der blind auf dich hört.«
Sein Gesicht blieb ausdruckslos, trotz meiner barschen Worte. »Du bist diejenige, die Beruf und Privates durcheinanderbringt, Juliet. Woher willst du wissen, warum ich dich in mein Büro bestellt habe?«
»Was wolltest du mir denn so Wichtiges sagen?«, fragte ich, ohne darauf einzugehen.
»Ich habe weitere Dokumente zum Übersetzen für dich. Und ich wollte dir ein Angebot machen.« Er sah mich durchdringend an. »Wollen wir uns vielleicht irgendwo hinsetzen? Ich möchte nicht mir dir hier im Stehen erörtern.«
Als ich sah, dass auf dem engen Flur eine Gruppe von Zimmermädchen auf uns zukam und uns neugierig tuschelnd begutachtete, nickte ich schließlich und folgte ihm dann in eine private Lounge, die um diese Zeit fast leer war. Er wies auf einen Sessel. »Setz dich. Willst du etwas essen oder trinken? Ich habe dich beim Mittagessen unterbrochen, also such dir was aus.«
So saßen wir uns gegenüber, vor mir standen ein großes Glas Milchkaffee und ein Schälchen Tiramisu. Neuerdings konnte ich mir solche Sünden öfter leisten, mein hartes Training machte mich hungrig. Daniel nippte an seinem Espresso.
»Also, was ist das für ein Angebot?«, wollte ich wissen.
»Ich möchte nicht, dass du weiterhin am Empfangsschalter stehst. Ich möchte dir stattdessen anbieten, direkt für mein Büro zu arbeiten.«
Ich sah geschockt in sein unbewegtes Gesicht. »Hat das etwas mit der Verwarnung zu tun, die ich heute deinetwegen erhalten habe?«
Sein Blick verdüsterte sich. »Nein, natürlich nicht. Solche Kleinigkeiten interessieren mich eigentlich nicht, aber deine Zuneigung war einfach zu
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