Null & Nichtig (Daniel & Juliet - eine Liebesgeschichte (Teil 2)) (German Edition)
mehr ich darüber nachdachte, was ich ihm antworten sollte, umso weniger Lust verspürte ich, darauf einzugehen.
»Sicher habe ich noch andere Freunde. Aber in den letzten Wochen ging alles drunter und drüber, da habe ich noch keine richtige Gelegenheit gehabt, sie anzurufen.«
Ich spürte seinen kuriosen Blick auf mir ruhen. »Du willst, dass ich dir von meinen Problemen erzähle, aber selbst weichst du mir aus. Versteckst du etwas vor mir?«
Ich schüttelte heftig mit dem Kopf, legte nun endgültig mein Besteck auf den Teller. »Nein, es gibt einfach nichts zu berichten. Nichts, was irgendwie von Bedeutung für mein Leben hier in Boston wäre.«
Meine abwehrende Haltung hielt ihn nicht davon ab, mir weiter zuzusetzen. »Nichts, was für dein Leben hier wichtig ist? Hast du darum Thailand fluchtartig verlassen und dich von allem getrennt, was mit deinem Leben dort zu tun hatte?«
Ich war erschüttert über die Tatsache, dass er meine Vergangenheit ausgekundschaftet hatte. Ohne mein Wissen, ohne meine Einwilligung.
»Stone, halte dich daraus«, warnte ich ihn, »Wir haben anscheinend beide unsere Geheimnisse. Behalte du deine und lass mir meine. Dann können wir beide gut miteinander klarkommen.«
Übergangslos rückte ich meinen Stuhl zurück und stand auf. »Können wir jetzt endlich zurück? Ich habe noch jede Menge anderer Fragen zu klären.«
Verdrossen tippte ich den Rest meiner Arbeitszeit auf dem Computer herum, konnte mich aber nicht mehr konzentrieren. Wieso spionierte Daniel mir hinterher? Und was ging ihn meine Vergangenheit an? Mir war bewusst, dass ich dasselbe mit ihm auch gemacht hatte, aber schließlich hatte er mich als PR-Beraterin angestellt, da gehörte es praktisch zu meinem Job, seine ganze Lebensgeschichte auszuleuchten.
Schließlich entschied ich mich, die sensiblen Themen vorerst nicht weiter zu betrachten, unsere Auseinandersetzung zeigte deutlich, wie emotional aufgeladen die Geschichten für Daniel waren. Wenn ich unsere gerade erst beginnende Beziehung nicht gefährden wollte, musste ich dies soweit wie möglich ausklammern oder wenigstens auf einen günstigeren Zeitpunkt warten.
Stattdessen beschloss ich, mich zunächst einem unverfänglichen Aspekt zu widmen. Die anstößigen Videos schienen Daniels Beliebtheit ja auch nicht gerade zu steigern, und wir waren uns einig, dass es sich bei dem Schauspieler nicht um Daniel handelte, wir stimmten auch überein, dass die Verbreitung dieser Obszönitäten nicht in Daniels Interesse war. Nur dass Daniel die Aufklärung dieses Skandals ganz unten auf seiner Prioritätenliste angesiedelt hatte, während mich die ständigen Hinweise darauf mehr als alles andere aufregten.
Ich überlegte, wie ich beweisen sollte, dass Daniel und der Schauspieler nicht ein und dieselbe Person waren. Am einfachsten wäre ein visueller Vergleich, aber dazu musste ich erst mal den Schauspieler finden, der in den Pornos die Hauptrolle gespielt hatte.
Kurzentschlossen suchte ich auf meinem Handy nach Vanessas Nummer. Sie war eine alte Schulfreundin aus Montecino, die jetzt in einer Künstleragentur in Hollywood arbeitete. Wir hatten über die Jahre hinweg lockeren Kontakt miteinander gehalten und aus ihren Erzählungen wusste ich, dass die Agentur hunderte Schauspieler unter Vertrag hatte. Angesichts der riesigen Filmbranche schien es zwar fast aussichtslos, einen unbekannten Darsteller einzig aufgrund einiger Merkmale zu finden, aber zumindest war es einen Versuch wert.
Nach einer überschwänglichen Begrüßung erklärte ich ihr mein Anliegen in ein paar Sätzen. Doch anders als erhofft, erntete ich Sprachlosigkeit am anderen Ende der Leitung. Nach eine Weile erklang Vanessas Stimme: »Du willst also herausfinden, wer der Darsteller in einigen verwaschenen Internetpornos ist, kennst aber weder seinen Künstlernamen noch sein Gesicht?«, vergewisserte sie sich.
»Ja, aber dafür habe ich seine Beschreibung. Er ist ein circa dreißigjähriger Weißer, dunkle, kurz geschnittene Haare, groß, muskulös und mit einem Schmetterlingstattoo auf der Schulter.« Schon beim Sprechen wurde mir klar, dass das unmöglich ausreichte. Es musste tausende Männer geben, auf die diese Beschreibung zutraf. »Und er hat einen kleinen Penis«, fügte ich deshalb noch hinzu.
Vanessa schwieg einen Moment, doch ich hörte sie auf einer Tastatur tippen. »Bist du dir sicher, dass das Tattoo nicht aufgeklebt ist?«, fragte sie unvermittelt.
Ich bestätigte.
»Also, ich kann
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