Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)
er, nachdem er sie gelesen hatte. »In seinem Golfclub kennt ihn kein Mensch.«
»Sie haben sich mit dem Golfclub in Verbindung gesetzt?« Jeremy zog anerkennend die Augenbrauen hoch.
James nickte. »Und mit einem alten Freund, der Philpotts’ Namen durch verschiedene, nicht allgemein zugängliche Erfassungssysteme schickt. Im Internet ist er jedenfalls nicht zu finden, das haben Sheila und ich gestern Nacht überprüft. Aber das muss nichts heißen. Doch wenn auch mein Freund meldet, dass nirgendwo im Land ein Eden Philpotts registriert ist, dann ist davon auszugehen, dass er mit gefälschter Identität unterwegs ist.«
Jeremy zog an seiner Zigarre, blies kleine Rauchkringel in die Luft und blickte ihnen versonnen nach. Für einen Moment wirkte er so in Gedanken, dass er James nicht mehr zu bemerken schien. Dann beugte er sich nach vorn und sah James eindringlich an. »Wir haben ein Problem, James.«
So, wie Jeremy das sagte, war klar, dass er nicht Eden Philpotts meinte. James wartete ruhig darauf, dass er weiterredete.
Jeremy sah zur Decke und rang mit den Händen. Eine Geste, die so untypisch für Jeremy schien, dass sie beinahe theatralisch wirkte. »Gott, dieses Arschloch«, brach es aus ihm heraus. Die beiden Männer, die in der anderen Eckedes Raums saßen, schauten mit einer Mischung aus Amüsiertheit und distinguierter Empörung zu ihnen herüber. Jeremy sprach mit gedämpfter Stimme weiter. »Wenn er wenigstens ihren Geburtstag abgewartet hätte. Meinetwegen hätte dieser miese Kerl ihr Bankkonto abräumen können, das ist völlig unerheblich, ich selbst hätte ihm noch ein paar Scheine in die Hand gedrückt, damit er aus ihrem Leben verschwindet. Aber dass er ihr das kurz vor ihrem neunzigsten Geburtstag antut! Das ist so niedrig und gemein. Das wird sie nicht verkraften. Ich fürchte, sie wird zusammenbrechen, wenn sie dahinterkommt, dass er sie von Anfang an nur benutzt hat.«
»Nun, was sollen wir tun, wir können ihn nicht wieder herbeizaubern«, sagte James.
Jeremy lächelte in sich hinein. »Vielleicht doch, James, vielleicht doch. Ich habe einen Plan. Wir lassen Phyllis glauben, dass Eden etwas zugestoßen ist. Damit kann sie besser umgehen, als wenn sie erfährt, dass er sie betrogen hat.«
James sah Jeremy verwundert an. »Glauben Sie das wirklich?«
»Sie etwa nicht?«
James zuckte die Schultern. »Sie kennen sie besser als ich. Aber es scheint mir doch etwas – extrem.«
»So ist das mit der Liebe«, sagte Jeremy.
»Finden Sie?«
Jeremy lachte. »Wenn man jung und leidenschaftlich ist, jedenfalls. Für unsereins ist es ratsamer, sich den einfachen Genüssen des Lebens hinzugeben, statt falschen Illusionen nachzuhängen, finden Sie nicht? Jedes Alter hat seine Einsichten. Als junger Mensch glaubt man an die wahre Liebe, als alter Mensch fährt man besser damit, an den Duft einerHavanna, an die Kunst der Ärzte und an die Heilkraft von gutem Whisky zu glauben.«
»Missionieren Sie nicht mich, sondern Phyllis mit dieser Einsicht«, sagte James.
Jeremy seufzte. »Das ist das Problem. Phyllis ist im Herzen ein kleines, romantisches Mädchen geblieben. Wenn es um die Liebe geht, lebt sie in einer fantastischen Welt, fehlt ihr jegliches Gefühl für die Realität. James, tun Sie mir bitte den Gefallen und beunruhigen Sie weder Phyllis noch Sheila weiter mit Ihrer These von Eden als Heiratsschwindler, sosehr Sie damit vielleicht ins Schwarze treffen mögen.«
»Aber wie stellen Sie sich das weiter vor?«, wandte James ein. »Das geht doch auf Dauer nicht gut.«
Jeremy nahm einen letzten, tiefen Zug an seiner Zigarre und legte sie dann in den Aschenbecher. »Das ist mir klar. Aber es geht auch nicht um die Ewigkeit. Es geht einzig und allein um ihren Geburtstag. Ich will, dass es ein unvergesslicher Tag wird. Für Phyllis und für uns alle. Danach sehen wir weiter.«
»Niemand wird den Geburtstag genießen, wenn Eden verschwunden bleibt. Alle werden sich Sorgen machen, ganz besonders Phyllis.«
Jeremy erhob sich. »Nein, wird sie nicht. Dafür werde ich sorgen.«
James folgte ihm zur Tür. »Und wenn Eden Phyllis’ Geld und Schmuck hat mitgehen lassen, wie wollen Sie das erklären?«
Jeremy blieb stehen. »Das ist allerdings etwas, das ich nicht so ganz verstehe«, sagte er leise. »Phyllis sagt, es fehlt nichts. Und es stimmt. Der Schmuck ist im Tresor, ich habemich selbst davon überzeugt, ohne dass sie etwas davon mitbekommen hat, versteht sich. Auch ihre Kreditkarten sind
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